Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 19 St. Marien vor 1490

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Ohne Marken und Beschauzeichen. Sechseckiger Fuß mit konkav geschwungenen Seiten über perlschnurverzierter Zarge. Die sechsseitigen Schaftstücke mit schlichtem gravierten Kreuzornament, am Nodus oben und unten Maßwerkornament, dazwischen rautenförmige Rotuli, auf die sich die leicht erhaben herausgearbeiteten Buchstaben des Nomen sacrum (A) vor schraffiertem Hintergrund verteilen. Schlichte, weit ausgestellte trichterförmige Kuppa. Unter dem Fuß eingeritzt ein Name (B) und zwei weitere Inschriften aus dem 18. Jahrhundert sowie eine vermutlich später hinzugefügte Inventarnummer.1)

Maße: H. 15 cm; Dm. 11,3 cm (Fuß), 10,2 cm (Kuppa); Bu. 0,6 cm (A), 0,3 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), Minuskeln mit Versal (B).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/7]

  1. A

    I // H // E // S // V // S

  2. B

    Calckma(n)

Kommentar

Bei der Inschrift A handelt es sich um eine voll ausgebildete gotische Majuskel mit Bogenschwellungen und großen Sporen. Die Inschrift B ist in einer Gebrauchsschrift eingeritzt, bei der kein Wert auf die Ausführung gelegt wurde.

Hermann Kalkmann, auf den sich die Inschrift B beziehen dürfte, stammte aus einer Lemgoer Kaufmannsfamilie und ist von 1473 bis 1490 als Kaplan von St. Marien nachzuweisen.2) Für den Marienaltar stiftete er mehrfach Renten. Ob er auch den mit seinem Namen bezeichneten Kelch stiftete, ist sehr fraglich, denn als Stifter hätte er die Möglichkeit gehabt, seinen Namen in repräsentativerer Weise auf dem Kelch zu verewigen. Daher ist nicht auszuschließen, daß die Inschrift nur den Zweck hatte, die Zugehörigkeit des Kelchs zum Altar Kalkmanns, dem Marienaltar, zu kennzeichnen.

Der Kelch wird in den BKD Lemgo ohne Angabe von Gründen auf die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert.3) Dies erscheint angesichts der Form jedoch einigermaßen früh, da im 14. Jahrhundert nur sehr vereinzelt Kelche mit sechseckigem Fuß auftreten, während sie verstärkt im 15. Jahrhundert vorkommen.4) Da der Name des Kaplans Kalkmann unter dem Fuß nicht unbedingt in Zusammenhang mit der Anfertigung des Kelches stehen muß, kann der Kelch nur allgemein auf das 15. Jahrhundert bis zum Ende der Wirkungszeit Kalkmanns datiert werden.

Anmerkungen

  1. JOHAN HERMANN BUNTE und JH BUNTE. Johann Hermann Bunte wurde 1717 als Lektor an die Lemgoer Stadtschule berufen (Puhstkuchen, Beyträge, S. 152). In dieser Funktion war er vermutlich gleichzeitig Kantor an St. Marien. Zur Mitte hin eingeritzt XXVII.
  2. Vgl. Gerlach, Denkwürdigkeiten, S. 12, u. ders. Archidiakonat, S. 314 u. 322.
  3. BKD Lemgo, S. 320.
  4. Braun, Altargerät, S. 113f.

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 319f. mit Abb. 348.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 19 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0001902.