Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 98 Weißenfels, St. Mariae 1515

Beschreibung

Gemälde-Epitaph des Martin Hundt mit Darstellung des gegeißelten Christus (Ecce Homo) und der in Verehrung Christi knienden Familie des Verstorbenen (im unteren Teil des Bildes): Martin Hundt und Söhne auf der linken, seine Gemahlin und Töchter auf der rechten Seite, dazwischen zwei Wappen. Auf einem schmalen Brett, dessen ursprüngliche Anbringung am Tafelbild nicht mehr rekonstruierbar ist, der Sterbevermerk und ein Segenswunsch aufgemalt. Die Oberfläche des Inschriftträgers vermutlich abgelaugt und die Buchstaben zumindest teilweise aufgefrischt. Beide Tafeln wohl 1926 einzeln in einen architektonisch ausgestalteten Rahmen eingesetzt;1) das Gemälde jetzt wieder herausgenommen.

Maße: H.: 18,5 cm; B.: 112 cm; Bu.: 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. Nacha) Cristb) gebvrt · 1515 · Iar am tage Sanctic) Mathied) Im Jare Seyns alders / ist vorscheiden der Erszame) Mertenf) hvndt burgermeysterg) dem got genade / lxxx · iiih)

Datum: 1515 Februar 24.

Wappen:
Hundt2)(unbekannt)3)

Kommentar

Neben dem (überwiegenden) Schaft-r findet sich auch das Bogen-r. Die Gemeinen sind oft mit Zierstrichen ausgeschmückt. Die einzeln am rechten Rand stehende Altersangabe in römischen Ziffern wurde wohl nachträglich hinzugesetzt. Die Versalien I, M und S könnten schon unter dem Einfluß der Fraktur gebildet worden sein.4)

Die Formen der Gemeinen und Versalien (vergleiche C und E sowie M mit N) entsprechen weitgehend den Buchstabenformen einer vermutlich 1525 entstandenen Leipziger Epitaphinschrift. Sie befindet sich auf einem schmalen Schriftfeld am unteren Ende einer Tafel mit Marienkrönung und Stifterdarstellung.5) In gleicher Weise wie dieses, jüngst einem sächsischen, an Cranach geschulten Meister zugeschriebene Leipziger Werk wird auch das Weißenfelser beschaffen gewesen sein. Die qualitätvollen Epitaphien stammen zweifellos aus derselben, vielleicht in Leipzig ansässigen Werkstatt.6)

Merten oder Martin Hundt war zwischen 1495 und 1499 Stadtrichter und Bürgermeister.7) Mehrere seiner Söhne bekleideten offenbar geistliche Ämter. Unter ihnen war sicherlich auch Balthasar Hundt, der 1493 in Leipzig Baccalarius wurde, seit 1509 als Domherr in Merseburg bezeugt ist und 1534 starb.8) Er errichtete eine Meßstiftung an der Marienkirche in Weißenfels.9)

Textkritischer Apparat

  1. Nach] Kapitales spiegelverkehrtes N.
  2. Crist] Christi Büsching, Lorenz.
  3. Sancti] Der letzte Buchstabe, eine i longa, sehr dicht an das t herangerückt und mit einer spitz auslaufenden Unterlänge versehen, so daß beide Buchstaben dem h im folgenden Wort ähneln.
  4. Mathie] Matthie Lorenz.
  5. Erszam] ersam Lorenz.
  6. Merten] werter Lorenz.
  7. burgermeyster] bürgemeister Lorenz.
  8. lxxx · iii] Die Altersangabe bei Büsching an das Ende der ersten Zeile gesetzt.

Anmerkungen

  1. Der nüchterne klassizistische Architekturrahmen entspricht dem des (laut Inschrift) 1926 aufgerichteten provisorischen Altargemäldes, das jetzt auf der Empore abgestellt ist. An dessen Stelle jetzt wieder der barocke Altaraufsatz.
  2. Silbern-gold geteilt: oben ein blaugrauer Hund, unten eine schwarze Marke (Schaft mit vorderer erhöhter Fußstrebe, schrägrechter Mittelkreuzstrebe, vorderer Mittelabstrebe und hinterer Oberkopfabstrebe).
  3. Rot mit schwarzem (?) linken Fuß.
  4. Vgl. Einleitung, S. LIII.
  5. Magirius 1995, S. 450 f. (Nr. 46); Katalog Leipzig 1997, S. 70 f. (Nr. 16).
  6. Das Weißenfelser Epitaph wurde schon von Büsching 1819, S. 359 Lucas Cranach d. Ä., von Köhler, Inventar 1994, Nr. LIX aber (mit Vorbehalt) dem Umkreis des süddeutschen Malers Hans Schäufelein zugewiesen.
  7. Thielitz, Bürgermeister, o. S. Nach Thielitz starb Merten Hundt am 8. Oktober. Nach Thierbach 1986, o. S. war M. Hundt 1496 und 1499 Bürgermeister.
  8. DI 11 (Merseburg), Nr. 42, 50, 74; Matrikel Leipzig 1, S. 391; Matrikel Leipzig 2, S. 342.
  9. Büttner, Teil 2, S. 118.

Nachweise

  1. Büsching 1819, S. 359 f.
  2. Lorenz 1903, S. 54 (unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 98 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0009801.