Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 283† Goseck, St. Mariae et Michaelis 1628–1680, 3. Viertel 19. Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Aufgemalte goldfarbene Gedächtnisinschrift mit historischen Nachrichten (B) auf einer dreiteiligen großen Holztafel mit eklektizistischer Rahmendekoration, die während der Renovierung und Neuausstattung der Kirche im dritten Viertel des 19. Jh. angefertigt wurde und heute an der Südwand des Chores angebracht ist. Die Tafel bekrönen ein dreiteiliges Gebälk und drei Lünettengiebel mit geschnitzten Medaillons (Maria, Agnus Dei, Michael). Der Text von B wurde vom originalen Inschriftträger übernommen, der danach verlorenging.1) Zwei Inschriften der Entstehungszeit befinden sich am Gebälk über den Tafeln (A) und auf einer predellenartig abgesetzten Fläche unter denselben (C).

Maße: H.: ca. 250 cm; B.: ca. 300 cm; Bu.: 8 cm (A), 4 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C), humanistische Minuskel (B).

  1. A

    GOTT ZU EHREN. // DER LIEBEN NACHWELT // ZUMGEDAECHTNISS.

  2. B

    Anno 1041 den 25tena) Tag Marty bey Re=/gierung Kayser Heinrichs des Dritten ist die=/se Kirche, so der Weyland Durchlauchtige, hochge=/borene Fuerst und Herr, Herr Friedrich, Pfaltz=/grafe zu Sachsen, Burggrafe zu Zorbigk, Grafe zu / Brehna, Wettin und Gosigk, Herr zu Weissen=/burgk gebauet, von Burkhardo, Bischoffen zu Hal=/berstadt, in Beysein Alberty, Ertzbischoffen zu / Brehmen, Pfaltzb) Friedrich leiblichen Bruders, / Werners, Bischoffen zu Merseburgk, Eggers Bi=/schoffen zu Zeitz, Geronis und Dedonis, beyder / Grafen zu Wettin und vieler Tausend Personen / in honorem beatae Mariae Virginis et Mi=/chaelis Archangelic) eingeweyhet und das erste / Mahl GOTTESd) Dienst uff Paebstische Wei=/se darinnen Celebriret und gehalten worden, ist von // derselben Zeit bis auff dasz Jahr 1539, da der hoch=/loebliche Gottselig Fuerst, Hertzogk Heinrich zu / Sachssen, nach Absterben S(eine)r Fuerstl(ichen) Gn(aden)e) Herrn / Bruders Hertzogk Georgens die Religions Re=/formation vor die Hand genommen, und also gan=/zer 498 Jahre Oede und wuest gestanden auch fast / ganz ruiniret gewesen, bis Anno 1615 der Wohl=/edle, Gestrenge und Veste Herr Burkhardtf) von / Poellnitz daselbsten und auf Gosigk, Schwartzbach, / Gorbitz, Bernszdorff, Lindenkreytz und Renthen=/dorff, Churfuerstlich Saechss(ischer) vornehmer Geheimer / Rath und Cantzler zu Dreszden, als Besitzer des / Hauses Gosigk GOTTg) dem Allmaechtigen zu / Ehren und schuldiger Danckbarkeit vor vielfaeltig / ihm und den lieben Seinigen erwiesene Gut= und / Wohlthaten Sie wieder angefangen zu bauen, und // den 25t(e)na) Aprilis ejusdem Annih) beneben seinem / hertzlieben Weibe, Frauen Catharina gebohrnen / Hoymb und beyden lieben Soehnen Christian und / Hans Christophen den ersten Stein dazu geleget, / in den Stand, darinnen sie sich befindet gebracht, / und mit ansehnlichen Einkuenften versehen hat, ist / auch den 20t(e)ni) February Annoj) 1620 mit gewöhn=/lichen Christlichen Ceremonien wieder eingeweyhet / und von Herrn Bartholomaeo Stoeckigt, Pfarrern / zu Gosigk die erste reine Evangelische Predigt da=/rinnen gethan worden. Der getreue und barmherzige / GOTTg) erhalte uns derbey bis an den lieben jueng=/stenk) Tag und verleyhe uns und unsern Nachkom=/men Alles was uns an Leibe und Seelen Wohl=/fahrt gut ist umb seines geliebten Sohnes unsers Er=/loesersl) und Seligmachers Jesu Christi willen, Amen.

  3. C

    Hans Christoph von Pöllnitz // stiftete diese Tafel. Erneuert hat sie // Graf Julius von Zech-Burkersrode.

Kommentar

Kürzungen in B sind bis auf eine Ausnahme durch Punkte auf der Grundlinie gekennzeichnet. In dem von Johann Martin Schamelius 1732 mitgeteilten Text der Inschrift weisen einzelne Namen eine modernere Schreibweise auf (z. B. Goseck statt Gosigk, Zörbig statt Zorbigk), so daß die im 19. Jh. angefertigte Abschrift wohl als die bessere Überlieferung gelten darf. Inhaltlich entspricht Schamelius’ Text dem vorliegenden. Über die Entstehung der originalen Gedenktafel gibt nur Inschrift C Auskunft. Eine genauere Datierung als die oben angegebene ist nicht möglich, da nach dem Tode Bernhards von Pöllnitz 1628 sein Sohn Hans Christoph (1608–1657) und nach diesem ein Enkel gleichen Namens (1638–1680) auf Goseck saßen.2)

Der Verfasser der Inschrift hat offensichtlich das Weihedatum der Klosterkirche mit dem Gründungsdatum des Klosters verwechselt. Das noch im 12. Jh. abgefaßte und 1577 erstmals veröffentlichte Chronicon Gozecense3) bezeugt, daß im Jahre 1041, am 25. März, dem Tag Mariae Empfängnis, das Kloster gegründet und erst am 29. September 1053 die Klosterkirche geweiht worden ist. Abgesehen von diesem Irrtum, bestehen noch andere Differenzen zur Überlieferung der Chronik, so daß diese nicht als Vorlage für die Inschrift gedient haben kann. Die Chronik benennt im Gegensatz zur Inschrift nicht nur Friedrich als Stifter, sondern auch dessen Brüder Dedo und Adalbert, den Erzbischof von Bremen. Adalbert soll auch der Bischof gewesen sein, der die Kirche weihte.4)

Die inschriftlich genannten Personen sind alle historisch belegbar.5) Bischof Egger von Zeitz(-Naumburg) ist mit dem von 1045 bis 1079 amtierende Bischof Eberhard oder Eppo gleichzusetzen. Der angeblich anwesende Bischof Werner von Merseburg kann aber der Weihe von 1153 nicht beigewohnt haben, da er erst 1163 ordiniert worden ist (gestorben 1093). Er wird als Teilnehmer allerdings auch im Chronicon Gozecense genannt.

Das Klostergut gelangte nach der Schließung des Klosters 15406) und mehrmaligem Besitzerwechsel 1609 an Bernhard von Pöllnitz. Er sorgte dafür, daß das Dorf und das Klostergut zu Goseck, die nach Aufhebung des Klosters der Pfarrei Markröhlitz eingegliedert worden waren, 1614 einen eigenen Pfarrer erhielten und setzte 1615–1620 die Klosterkirche instand.7) Erster Pfarrer war der 1582 in Neustadt an der Orla geborene Bartholomäus Stöckigt (oder Stöckicht). Er amtierte in Goseck bis zu seinem Tode 1641.8)

Textkritischer Apparat

  1. 25ten] Die Buchstaben hochgestellt und unterstrichen.
  2. Pfaltz] Pfaltz=Graff Schamelius.
  3. in honorem beatae Mariae Virginis et Michaelis Archangeli] In einer der humanistischen Minuskel angenäherten Schrift geschrieben.
  4. GOTTES] Großschreibung in Frakturversalien.
  5. Gnaden] Kürzung durch Doppelpunkt.
  6. Burkhardt] Sic! Irrtum des Kopisten; richtig wäre Bernhard (vgl. Nr. 262).
  7. GOTT] Großschreibung in Frakturversalien.
  8. ejusdem Anni] In einer der humanistischen Minuskel angenäherten Schrift geschrieben.
  9. 20ten] Die Buchstaben hochgestellt und unterstrichen.
  10. Anno] In einer der humanistischen Minuskel angenäherten Schrift geschrieben.
  11. juengsten] Das e des Umlauts über den voranstehenden Vokal gestellt.
  12. Erloesers] Das e des Umlauts über den voranstehenden Vokal gestellt.

Anmerkungen

  1. Die originale Tafel befand sich im 18. Jh. hinter dem Altar (Schamelius 1732, S. 93 f.) und hing zuletzt an der Südwand des Chores. Sie soll in der zweiten Hälfte des 17. Jh. entstanden sein (Beck 1876, S. 172). Im Zuge der schrittweisen Renovierung und Neuausstattung der Kirche (vgl. Schmitt 1999, S. 36–39) wurde sie zwischen 1851 und 1876 im Auftrag des Gosecker Schloßherrn und Eigentümers der Kirche, Graf Julius von Zech-Burkersroda, durch die vorhandene Holztafel ersetzt (vgl. Beck 1876, S. 173).
  2. Sturm 1844, S. 58–62, 65; Pöllnitz 1893, Taf. 2. Vgl. a. Nr. 239, 262.
  3. Ahlfeld 1968, S. 4 f., 11.
  4. Ebd., S. 14 f., 17: „Facta est autem (...) per Albertum sancte metropolitane ecclesie Bremensis archiepiscopum, perque fratres eius Dedonem et Frithericum palatinos comites et regalium decretorum maximos principes.“ „(...) dedicatum est templum istud (...) a uenerabili Adelberto Bremensis ecclesie archiepiscopo presentibus episcopis uidelicet Burgchardo Halberstadensi, Winthero Marseburgensi, Eppone Cicensi, fratribus ac sorore sua.“
  5. Adalbert von Goseck, Erzbischof von Bremen 1043–1072; Burchard I., Bischof von Halberstadt 1036–1059; Friedrich II. von Goseck, Pfalzgraf von Sachsen, gestorben 1088; Dedo II., Markgraf der Ostmark 1034–1075; Gero, Graf von Brehna, gestorben nach 1089; Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen 1500–1539; Heinrich der Fromme, Herzog von Sachsen 1539–1541.
  6. Vgl. Nr. 149.
  7. Vgl. Nr. 239.
  8. Küchler 1822, S. 41–43; Sturm 1844, S. 59 f., 68. Karl Gottlob Dietmann hingegen schreibt, daß die Errichtung der Gosecker Pfarrei bereits 1609 erfolgt und der erste Pfarrer und Vorgänger Stöckichts Magister Nicolaus Syphart aus Gotha gewesen sei (Dietmann 2, 1753, S. 971 f.).

Nachweise

  1. Schamelius 1732, S. 93 f.
Addenda & Corrigenda (Stand: 21. Mai 2014):

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C), Minuskel (B).

Kommentar Der Verfasser der Inschrift […], daß im Jahre 1041, am 25. März, dem Tag Mariae Verkündigung, das Kloster gegründet […] worden ist. […] Der angeblich anwesende Bischof Werner von Merseburg kann aber der Weihe von 1053 nicht beigewohnt haben, da er erst 1063 ordiniert worden ist (gestorben 1093). (Kürzung d. Red.)

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 283† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0028309.