Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 282† Hohenmölsen, St. Petri 1639–1674

Beschreibung

Größte Glocke der Kirche von 32 Zentnern Gewicht, schon vor 1840 gesprungen1) und heute verloren. Inschrift mit historischer Nachricht, Gießervermerk, Fürbitte, Lobpreisung und Namen. Schriftform und Art der Schriftausführung unbekannt.

Nach Büttner.

Maße: D.: 115 cm.2)

  1. Als im MDC XXXIX. JahrGroß Krieg in diesen Landen war,Melsena) muste aufgehen im RauchDas gantze Städtlein, die Glocken auch.Da ich im Feuer garb) zerfloßen, hat mich Georgc) Scheßler wieder goßen,d)Zu Leipzig in der berühmten Stadt,Als Gott wieder erwecket hatChristliche Hertzen, so nahmen in HutGemeinen Nutz und Kirchen=Gut.Gott woll den Ort in Gnaden behütenFerner füre) Krieg und Feindes Wüten.Soli DEO gloria.3) Dieser Zeit Pfarr(er)f) Mag(ister) Jacob Jahn. Bürgerm(eister) Ambrosius Rehm,g) Christian Bachmann damals Vorsteher und Kirch Väter Peter Kabisch und Johann Hoppe.h)

Übersetzung:

(...) Allein Gott die Ehre. (...)

Versmaß: Zwölf deutsche Reimverse (1. bis 12. Zeile).

Kommentar

Kürzungen sind durch Punkte auf der Grundlinie gekennzeichnet.

Als am 19. Februar 1639 schwedische Söldner die Stadt in Brand steckten, zerstörten sie auch die Stadtpfarrkirche St. Petri, die von der verarmten Gemeinde über Jahre hinweg nicht wieder hergestellt werden konnte. Eine große kirchliche Spendensammlung in mehreren kursächsischen Ämtern sollte 1645 wohl den Wiederaufbau einleiten, doch vergingen nochmals sieben Jahre, bis tatsächlich die Wiederherstellung begann. 1661 wurde der Innenausbau abgeschlossen und 1663 der Turm vollendet.4) In den Jahren zwischen 1645 und 1663 könnte wohl der aus Zwickau stammende und zwischen 1639 und 1675 als Glockengießer in Leipzig tätige Georg Scheßler5) den Auftrag erhalten haben, eine neue Glocke zu gießen. Der aus dem sächsischen Pegau stammende Jacob Jahn wurde 1625 in Leipzig immatrikuliert und 1638 an der dortigen Universität zum Magister promoviert. Von 1639 bis zu seiner Emeritierung 1674 war er Pfarrer in Hohenmölsen. Zwei Jahre später starb er als Senior der Ephorie Weißenfels.6) Der erwähnte Ambrosius Rehm ist sicherlich nicht mit dem mehr als vier Jahrzehnte zuvor amtierenden Bürgermeister identisch.7) Es könnte sich aber um einen Sohn oder gar einen Enkel desselben handeln. Über die anderen inschriftlich genannten Personen ist nichts bekannt.

Zur Datierung der Inschrift wurde der größtmögliche, zwischen dem Kirchenbrand und der Emeritierung des inschriftlich genannten Pfarrers liegende Zeitraum gewählt.

Textkritischer Apparat

  1. Melsen] Für Mölsen bzw. Hohenmölsen. Melzen Otto, Heydenreich.
  2. gar] ganz Otto, Heydenreich.
  3. Georg] George Otto.
  4. goßen] gegossen Otto, Heydenreich.
  5. für] vor Heydenreich.
  6. Pfarrer] Kein Kürzungszeichen.
  7. Rehm] Rehme Otto.
  8. Hoppe] Hopp Otto.

Anmerkungen

  1. Heydenreich 1840, S. 281 f.
  2. Nach BKD Prov. Sachsen 3, S. 24.
  3. Wahrscheinlich Rückübersetzung von 5 Mos 32,3 (Gott allein die Ehre).
  4. Heydenreich 1840, S. 279 f.
  5. Thieme/Becker 30, 1936, S. 38. Die älteste im Saalegebiet nachweisbare Glocke Georg Scheßlers soll 1630 für die Kirche in Gerstewitz gegossen worden sein (BKD Prov. Sachsen 3, S. 11).
  6. Matrikel Leipzig 4, S. 206; Dietmann 3, 1754, S. 1077. Nach Heydenreich 1840, S. 283 Amtsantritt 1638.
  7. Vgl. Nr. 185.

Nachweise

  1. Büttner, Teil 1, S. 231.
  2. Otto 1796, S. 233.
  3. Heydenreich 1840, S. 281 f. (in einer zeitgenössischen Gepflogenheiten angepaßten Schreibweise).
  4. BKD Prov. Sachsen 3, S. 24 (nur Verweis auf Heydenreich).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 282† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0028202.