Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 249 Wengelsdorf, Kirche 1624

Beschreibung

Nordportal der Kirche aus gelblichem Sandstein mit kräftig profiliertem Gewände und Spitzbogen, ursprünglich eingefaßt von einem Säulenpaar (?) auf Postamenten und einem hohen verkröpften Gebälk. Anstelle des Frieses eine Bauinschrift und ein Segenswunsch. Darauf ein Auszug mit reichem Knorpelwerk, der heute größtenteils bis zur Unkenntlichkeit verwittert ist. Die mutmaßlichen Säulen ebenfalls verloren; an ihrer Stelle heute zwei Putzpilaster. Die Beschlagwerkornamente der Bogenzwickel nur an der rechten Seite erhalten. Sämtliche Buchstaben mit schmaler Kerbe eingehauen.

Maße: Portal: H. (m. Auszug): 493 cm; B.: 310 cm; Schriftfeld: H.: 28,7 cm; B.: 207 cm; Bu.: 4 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/3]

  1. Anno 1624 Ist diese Kirche von dem WohlEdlen Gestrengen vndt Vesten Ha[ns] von / Biesenrodt von Neuen erbauet worde(n)a) Gott wolle ihm vndt allen so behulfflichen hierzu ers[c]hie/nen zeitliche vndt ewige belohnung gebenn vndt verleihen vmb JHESV CHRISTI willen Amennb)

Kommentar

Die Wortabstände sind ungleichmäßig und oft so gering, daß die Schrift einer Scriptura continua ähnlich wird. Dementsprechend schwanken auch die Buchstabenbreiten. Bei den Versalien zeigt sich eine Tendenz zur Verzierung und Auflösung der Buchstabenelemente. Außer dem Schaft-r wird das Bogen-r verwendet. Letzteres besteht aus zwei übereinandergesetzten gegenläufigen Bögen.

Der Kirchenbau soll allein aus Mitteln des Patronatsherrn Hans von Biesenroth finanziert worden sein, da die Gemeinde, durch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges verarmt, nicht über die nötigen Mittel verfügt habe.1) Ob die Kirche aber nur wiederhergestellt oder vollständig neu erbaut wurde, wie die lokale Überlieferung berichtet, bedarf noch eingehender Untersuchungen.2) Der Vorgängerbau, von dem möglicherweise Spolien übernommen wurden, soll sich in dem älteren, näher an der Saale gelegenen Ortskern von Wengelsdorf befunden haben, der aber wegen der ständigen Hochwassergefährdung aufgegeben wurde.3) Hans von Biesenroth auf Wengelsdorf (1582–1660) war evangelischer Domherr und Senior des Domkapitels zu Merseburg sowie „der Hochlöblichen Weissenfelßischen Ritterschafft Director“.4) Eine in den Chorboden eingelassene Metallplatte mit inschriftlicher Grabbezeugung erinnert an ihn als TEMPLI HUIUS FUNDATOR, als Stifter dieser Kirche. Seine Grabplatte (oder sein Epitaph) hat sich in der Gruft der Wengelsdorfer Kirche erhalten.

Textkritischer Apparat

  1. worden] Kürzung durch Querstrich über die Oberlänge des d.
  2. Amenn] Es folgt eine Zierschleife.

Anmerkungen

  1. Heydenreich 1840, S. 396.
  2. Nach BKD Prov. Sachsen 3, S. 83 der Chor spätgotisch, das Schiff um 1615/30 errichtet und der Turm 1673 vollendet. Ebenso Dehio 1976, S. 484 und Köhler/Seyfried 1994, S. 152. Die Kirche bei Dehio 1999, S. 867 als „nachgotisch“ bezeichnet. Auf dem Kirchhof habe es 1656 die ersten Bestattungen gegeben (Frank 1995, S. 3).
  3. Heydenreich 1840, S. 394; Thieme 1910, S. 51; Frank 1995, S. 2.
  4. König 1, 1727, S. 59, 61 f.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 249 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0024904.