Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 241† Schkortleben, Kirche † 1617

Beschreibung

Epitaph für die im Kindesalter verstorbenen Brüder Heinrich und Friedrich Hermann von Biesenroth, Anfang der achtziger Jahre des 20. Jh. zerstört.1) Über einem Unterhang mit Inschriftkartusche, darauf ein Bibelzitat (D), und zwei Vollwappen stehen zwei hochrechteckige reliefierte Platten mit den ganzfigürlichen Bildnissen der Verstorbenen: Kleinkinder von unterschiedlicher Körpergröße in Rundbogennischen. Die Finger ihrer Hände vor der Brust ineinandergelegt und Blumensträuße unter die Hände geschoben. Die Nischen mit Kämpfern und beschlagwerkverziertem Grund. In den Zwickeln Facettierung. Auf jeder Platte eine umlaufende, durch Linien abgesetzte Schriftzeile mit Sterbevermerk (B, C). Hoher, volutengefaßter Auszug mit großer Inschriftkartusche, darin eine Gedächtnisinschrift mit Grabbezeugung (A). Beide Kartuschen mit Rollwerkverzierung; sämtliche Inschriften eingetieft. Die der Beschreibung zugrundeliegenden Fotografien zeigen das Epitaph in einem guten Zustand. Die Inschriften sind aber nicht vollständig lesbar.

Nach Fotografien.

Maße: H.: ca. 250 cm; B.: ca. 150 cm; Bu.: ca. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Erika Freund, Schkortleben [1/2]

  1. A

    HIE LIEGEN 2 FEINE BLVMELEI(N)a) /DAS SIND LEIBLICHE 2 BRVDERLEIN /HEINRICH VND FRIDRICH HERMANLEIN /WELCHE DER ZIERD VND SCHONHEID FEIN /BALD FEINE ZEICHEN VON SICH GABEN /SIND ABER RISCHb) GEFALLEN ABEc) /IEDOCH IN GOTTES PARADIS EIN /GARWOHL SIE NVN GEPFLANTZET SEIN /DO SIE IHR ZIERD V(N)D LIEBLIGKEIT /BEHALTEN IN ALLE EWIGKEIT

  2. B

    [A](NN)Od) 1617 DE(N) [17] FEBR(VARII)e) IST DES / EDLEN V(ND) E(HRENVESTEN)f) HERMAN VO(N) BIESENROHTS VFSCHORTLE/[EB]N SOHNLEI[N] [- - -] / HERM[A]N IN GOTTENTSCHLAFE(N) SEINES ALTERS 37 WOCHE(N)

  3. C

    A(NN)O 1617 DE(N) 1 DECEMB(RIS)g) IST DES / EDLEN V(ND)E(HRENVESTEN)f) HE[RMAN] VO(N) [- - -] / [- - -] IN GOT[T] /[E]NTSCHLAFFE(N) SEINES ALTERS 7 TAGE VND 6 STVNDE(N)h)

  4. D

    MARC 10 / LASSET DIE KINDERi) / ZV MIR KOMMEN VND /WEHRET IHNEN NICHT / DEN SOLCHER IST / DAS REICHGOTTESj)2)

Versmaß: Zehn deutsche Reimverse (A).

Wappen:
Biesenroth3)Helldorf4)

Kommentar

Die Schrift zeichnet sich durch eine regelmäßige Buchstabenbildung aus. Der erste Buchstabe jeder Zeile in A sowie jedes Namens und der Worte Gott und Paradies ist überhöht. Der untere Bogen des offenen B ist wesentlich größer als der obere. E hat einen auf ein Dreieck reduzierten Mittelbalken. Der am unteren ansetzende obere Schrägbalken des K ist auswärts gebogen, der untere hingegen ist – wie die am Bogen ansetzende Cauda des R – geschwungen und unter die Grundlinie geführt. Das M hat einen kurzen Mittelteil und gerade Hasten. Z weist einen linksschrägen und geschwungenen unteren Balken auf. Derselbe Buchstabe wurde zugleich als Zeichen für die 2 verwendet. Ob die Sporen als Serifen ausgebildet wurden, ist auf den Fotografien nicht klar erkennbar. Als Kürzungszeichen sind zumeist Striche über die Worte gesetzt. Der Werkstattzusammenhang des hier vorgestellten Epitaphs mit einem 1614 gefertigten, in Burgwerben befindlichen Epitaph ist, nach Ikonographie, Stil und Paläographie zu urteilen, naheliegend,5) aber wegen des Verlustes wohl nicht mehr eindeutig belegbar. Eine vergleichbare, aber reichere Roll- und Beschlagwerkdekoration von gleicher künstlerischer und handwerklicher Qualität hat ein undatiertes Epitaph in Röcken. Seine Buchstabenformen, einschließlich des auffälligen B, sind in hohem Maße ähnlich. Es gehört wohl auch zu jenen einander verwandten Grabmälern, die wahrscheinlich alle in ein und derselben, im zweiten Jahrzehnt des 17. Jh. nachweisbaren Werkstatt geschaffen wurden.6)

Das Epitaph ist den Kindern Hermanns von Biesenroth auf Schkortleben und seiner Gemahlin Anna Sabina von Helldorff gewidmet.7)

Textkritischer Apparat

  1. BLVMELEIN] Lesung und Auflösung der Kürzung unsicher.
  2. RISCH] Nebenform zu „rasch“.
  3. ABE] Sic! Hier wohl der Text entstellt. Das letzte Wort müßte dem Reim entsprechend mit EN enden.
  4. ANNO] Ergänzung und Auflösung analog Inschrift C.
  5. FEBRVARII] Kürzung wohl durch Doppelpunkt.
  6. EHRENVESTEN] Kürzung wohl durch Doppelpunkt; nach Nr. 245 ergänzt.
  7. DECEMBRIS] Kein Kürzungszeichen erkennbar.
  8. STVNDEN] Kürzung durch Punkt.
  9. KINDER] Lesung des letzten Buchstabens unsicher.
  10. GOTTES] Mittelteil und unterer Bogen des S auf den Rahmen der Kartusche geschrieben.

Anmerkungen

  1. Die Kirche wurde 1975 aufgegeben (Denkmale 1983, S. 514) und nach Teileinsturz 2001 abgerissen.
  2. Mk 10,14.
  3. Siebmacher III, 2, Taf. 112; VI, 6, Taf. 11. Hier linksgewendet.
  4. Siebmacher II, 3, Taf. 35; II, 4, 2, Taf. 3; III, 1, Taf. 12; III, 2, 1, Taf. 212; VI, 11, Taf. 16. Hier linksgewendet.
  5. Vgl. Nr. 236.
  6. Vgl. Nr. 236, 253, 254.
  7. Vgl. König 1, 1727, S. 61 f. Der bei Michaelis 1933, o. S. erwähnte, am 16. Mai 1593 getaufte Heinrich von Biesenroth ist sicherlich nicht mit dem hier genannten, als Kleinkind verstorbenen Heinrich identisch.

Nachweise

  1. Fotografien im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, Halle, und im Besitz von Erika Freund, Schkortleben.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 241† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0024101.