Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 221 Poserna, Kirche 1607

Beschreibung

Epitaph für den Pfarrer Oswald Bachstein, im Untergeschoß des Westturms aufgestellt. Hochrechteckige Reliefplatte aus Sandstein, eingefaßt von einem erhöhten Rahmen mit dem in der linken unteren Ecke beginnenden Sterbevermerk und der Grabbezeugung (A). Kleinere Beschädigungen, hauptsächlich im Bereich der unteren Rahmenleiste und an den Ecken. Im eingetieften Binnenfeld ein zweischichtiger Blendbogen, davor die ganzfigürliche Darstellung des Verstorbenen, eines bärtigen Mannes in Amtskleidung. Das Haupt leicht erhoben und etwas zur Seite gewendet, scheint er auf ein hinter seiner rechten Schulter aufragendes Kruzifix mit Kreuztitulus (B) zu blicken. Mit der linken Hand hält er ein Buch, die rechte hat er auf die Brust gelegt. Die Buchstaben von A erhaben auf eingetiefter Schriftzeile (H.: 7 cm), die von B mit schmaler Kerbe eingehauen.

Ergänzungen z. T. nach Dietmann.

Maße: H.: 195 cm; B.: 97 cm; Bu.: 3,8 cm (A), 1,8 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    A(NN)Oa) 1607. MART(II) 22. INTRA 12. ET. 1. NOCTIS HOR(AM) PIE ET PLACIDE OBII[T] / REVER (ENDVS)b) VIR D(OMI)N(VS) OSWALD(VS) BACHST[E .]c) / PA[S]TOR HVI(VS) LOCI, AET(ATIS)d) SVAE 65, MINISTERII VERO 40. CVI(VS) CORP(VS) HVC PON[I] / [C]VRARVNTe) HAERE[DES]f) [M]AESTI

  2. B

    I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)1)

Übersetzung:

A Im Jahre 1607, am 22. März, zwischen der zwölften und der ersten Stunde der Nacht starb fromm und friedlich der ehrwürdige Mann, Herr Oswald Bachstein, Pfarrer dieses Ortes, seines Alters 65 (und seines) Dienstes aber 40 (Jahr), dessen Körper die trauernden Erben hier beisetzen ließen.

B Jesus von Nazareth, König der Juden.

Kommentar

Auffällig ist die starke Schräglage der Buchstaben in Inschrift A. Haar- und Schattenstriche sind bei gleichzeitiger Linksschrägenverstärkung differenziert; die Buchstabenbögen haben eine entsprechende Verstärkung. Die Initialen des ersten und des zweiten Wortes sowie des Namens sind überhöht. Der Balken des A steht gelegentlich nach links über; das erste A und das erste M haben einen geschwungenen linken Schaft. Das M zeichnet sonst gerade Hasten und einen bis fast an die Grundlinie abgesenkten Mittelteil aus. Das R hat eine bis unter die Grundlinie ausschwingende Cauda. Neben verschiedenartigen Kürzungszeichen wurde am häufigsten der sogenannte us-Haken benutzt. Die Endung VS ist bis auf eine Ausnahme mit diesem auf der Grundlinie stehenden Zeichen gekürzt. Die Buchstaben sind regelmäßig gebildet und die Wortabstände gleichmäßig verteilt. Kürzungen sind überwiegend durch Punkte markiert. Der qualitätvollen Schriftausführung entspricht eine vergleichsweise anspruchsvolle plastische Gestaltung, die sich durch eine lebendige, lebensnahe Abbildung des Verstorbenen auszeichnet.

Oswald Bachstein stammt aus Crimmitschau in Sachsen und war von 1571 bis 1607 in Poserna als Pfarrer tätig. Sein Epitaph befand sich ursprünglich hinter dem Altar2) und wurde wahrscheinlich beim Neubau des Kirchenschiffs 18973) in den Westturm versetzt.

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Kürzung durch Strich über dem O.
  2. REVERENDVS] Kürzung durch Doppelpunkt.
  3. BACHSTE .] Das Zeilenende beschädigt; vom E der untere Balken erhalten. Danach ist nur noch für höchstens einen Buchstaben Platz, von dem ein kleines Fragment übrig blieb. Vermutlich Kürzung.
  4. AETATIS] Kürzung durch Doppelpunkt.
  5. CVRARVNT] Für CVRAVERVNT.
  6. HAEREDES] Fragmente des drittletzten und des letzten Buchstabens erhalten.

Anmerkungen

  1. Nach Io 19, 19.
  2. Dietmann 3, 1754, S. 1103 f.; Heydenreich 1840, S. 300.
  3. Dehio 1999, S. 667.

Nachweise

  1. Dietmann 3, 1754, S. 1103 f.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 221 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0022109.