Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 193 Unternessa, St. Othmari 1596

Beschreibung

Glocke mit sechsteiliger Krone (Schlagton d’);1) an jedem Kronenbügel zwei parallele Stege. Die Platte von einem Steg eingefaßt. An der Schulter Jahresangabe, Gießervermerk, Bibelzitat und Namen (A) zwischen drei Stegpaaren. Darüber, auf der Schulterrundung, ein Rankenfries mit Hirschen und Hunden, der wahrscheinlich mit derselben Model gefertigt wurde wie ein entsprechender Fries an der drei Jahre älteren Glocke in Großkorbetha. Die ornamentalen Details des unter der Inschrift angebrachten Rankenfrieses sind wegen Verschmutzung nur schwer zu bestimmen. Die Flanke ziert ein Kruzifix mit einem nach links gedrehten Corpus und Kreuztitulus (B). Das Lendentuch Christi ist zwischen die Beine gezogen, ein langer Zipfel desselben kunstvoll verwirbelt. Dem gesenkten langgelockten Haupt ist ein scheibenartiger Strahlennimbus hinterlegt. Gebein und Schädel kennzeichnen den kleinen Kreuzeshügel als Kalvarienberg. Am Wolm drei Stege von unterschiedlicher Stärke; am äußeren Rand zwei, weit auseinander gerückt. Erhabene Schrift.

Maße: H. (m. Kr.): ca. 93 cm; D.: 99,5 cm; Bu.: 2,3 cm (A), 0,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    ANNO · M · D · XCVI · GOS MICH MELCHIOR MOERINCK ZV ERFFVRDTa) IM NAMEN GOTTES · VERBVM · DOMINI · M(ANET) · I(N) · AE(TERNVM)b)2) · / DIE ZEIDT WARN ERc) IOEL WINTER PFARHER · IACOB HELLER ALTARMAN · ANTONIVS ZORN · HANS ZORNd)

  2. B

    I(HESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDAEORVM)3)

Übersetzung:

A (...) Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. (...)

B Jesus von Nazareth, König der Juden.

Kommentar

Schriftform und Ornamentik entsprechen weitgehend der 1593 gegossenen Glocke in Großkorbetha. In Inschrift A stehen punktförmige Worttrenner, in B rautenförmige. Das gleiche Kruzifix findet sich auf einer 1597 von Melchior Möring gegossenen Glocke in Lengenfeld unterm Stein (Thüringen).4) Die erste Zeile der Inschrift A entspricht fast genau der ersten Inschriftzeile auf der in demselben Jahr gegossenen Glocke in Hohenmölsen.5)

Joel Winter wurde 1554 in Leipzig immatrikuliert und wirkte von 1560 bis 1570 als Schulrektor in Teuchern und danach bis zu seinem Tode 1607 als Pfarrer in Unternessa.6) Von den übrigen, in der Inschrift genannten Personen ist nichts bekannt.

Textkritischer Apparat

  1. ERFFVRDT] Erfurdt Sommer 1867, BKD Prov. Sachsen 3.
  2. AETERNVM] Der folgende Doppelpunkt wohl das Kürzungszeichen.
  3. ER] Sic! Für HERR.
  4. ZORN] Es folgen zwei gestürzte Lilien. Anstelle der Lilienornamente las BKD Prov. Sachsen 3 (schon mit Vorbehalt) ss (= seniores ). Anno MDXCVI goß mich Melchior Moeringk von Erfurt im Nahmen Gottes. Verbum DEI manet in aeternum. Die Zeit waren Er Jöel Winter Pfarrherr, Jacob Heller A(l)tarmann, Antonius Zorn, Hanß Zorn. Büttner.

Anmerkungen

  1. Glockenerfassung 1917, o. S.
  2. 1 Pt 1,25. Zur Bedeutung vgl. Nr. 118.
  3. Nach Io 19,19.
  4. Schilling 1988, S. 336 (Abb. 616).
  5. Vgl. Nr. 192. Zur Möring-Werkstatt vgl. Nr. 186.
  6. Matrikel Leipzig 1, S. 699; Dietmann 3, 1754, S. 1097; Heydenreich 1840, S. 374.

Nachweise

  1. Büttner, Teil 1, S. 287 (nur A).
  2. Sommer 1867, S. 333 (nur die erste Zeile von A).
  3. BKD Prov. Sachsen 3, S. 41 (nur A).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 193 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0019306.