Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 192 Hohenmölsen, St. Petri 1596

Beschreibung

Glocke aus der Kirche in Köttichau,1) jetzt in der nördlichen Portalvorhalle der Hohenmölsener Kirche abgestellt. Sechsteilige Krone, auf den Bügeln Masken, eingefaßt von Beschlagwerk und umspielt von Arabesken. Sehr flache Platte mit Steg. Ein zweiter Steg unterhalb der Platte. Auf der gerundeten Schulterkante ein Fries, gebildet aus einem mehrfach wiederholtem Rankenornament, das eine Maske, Vögel, Hirsch und Hindin einschließt (H.: 4 cm). Dann drei Stegpaare, zwei umlaufende Zeilen mit Jahresangabe, Gießervermerk und Bibelzitaten einfassend (A). Darunter ein Fries aus einem fünfmal wiederholten Motiv: zwei gegenläufige fette Ranken, die ein Vollwappen einschließen (H.: Fries: 7,4 cm; Wappen: 11,5 cm). Auf der Flanke unter der Jahreszahl ein Vollwappen, von einem Wilden Mann und einer Wilden Frau gehalten. Gegenüber ein Kruzifix mit Strahlennimbus (H.: 22 cm) und Titulus (B). Alle Inschriften erhaben. Am Wolm drei Stege, am äußeren Rand zwei.

Maße: H.: 76,8 cm; D.: 100 cm; Bu.: 2,3 cm (A), 0,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/3]

  1. A

    ANNO · M · D · XCVIa) · DA GOS MICH MELCHIOR MOERINCKb) ZV ERFFVRDTc) IM NAMEN GOTTES · V(ERBVM) · D(OMINI) · M(ANET) · I(N) · AE(TERNVM)d)2) / EHRE SEY GOTT IN DER HOHE · FRIEDE AVFF ERDEN · VND DEN MENSCHEN EIN WOLGEFALLENe)3)

  2. B

    I(HESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDAEORVM)4)

Übersetzung:

A (...) Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. (...)

B Jesus von Nazareth, König der Juden.

Wappen:
Möring5)Stadt Erfurt6)

Kommentar

Die altertümlichen Buchstabenformen entsprechen denen auf den älteren Glocken der Mörings.7) Die Worttrenner sind punktförmig. Das Formular der ersten Zeile der Inschrift A hat Melchior Möring offensichtlich gern verwendet; das lateinische Bibelzitat war als protestantische Devise ohnehin sehr gebräuchlich.8)

Im Bearbeitungsgebiet ist die Glocke nicht nur die meistverzierte Glocke der Möring-Werkstatt, sondern die meistverzierte Renaissance-Glocke überhaupt. Auf keiner anderen Glocke des bezeichneten Gebietes findet sich das (mutmaßliche) Wappen des Gießers (hier im unteren Fries) oder das Wappen der Stadt Erfurt (hier auf der Flanke). Es liegt nahe, daß die aufwendig geschmückte Glocke im Auftrag der Stadt Erfurt gegossen wurde. Der Grund für ihre Verbringung nach Köttichau ist unbekannt.

Textkritischer Apparat

  1. MDXCVI] MDXLVI Sommer 1867.
  2. MOERINCK] Möhringk Heydenreich; Möringk Sommer 1867, BKD Prov. Sachsen 3.
  3. ERFFVRDT] Erfurdt Heydenreich, Sommer 1867, BKD Prov. Sachsen 3.
  4. AETERNVM] Es folgen zwei gegeneinandergestürzte Lilien der für die Möring-Werkstatt üblichen Art als Zeichen für den Zeilenwechsel.
  5. WOLGEFALLEN] Es folgen zwei Paare gegeneinandergestürzter Lilien, die eine aufrechte Lilie einschließen.

Anmerkungen

  1. Köttichau wurde 1961–1963 in Vorbereitung des Braunkohleabbaus devastiert (freundliche Mitteilung von Herrn Andreas Ose, Zeitz).
  2. 1 Pt 1,25.
  3. Lk 2,14 (nach Luther).
  4. Nach Io 19,19
  5. Geteilter Schild, oben eine Glocke, unten gekreuzte Kanonenrohre. Als Oberwappen eine wachsende Frau in Frontalansicht, die einen Mörser vor sich hält. Auf einer Rudolstädter Glocke von 1635 das gleiche Wappenbild, als Oberwappen aber ein Helm mit Helmzier: Arm mit Zange oder Zirkel (Bergner 1896, S. 110; Taf. IV, Abb. 28).
  6. Geviert, mit dem Wappen der Stadt Erfurt als Herzschild und den Wappen der in Erfurter Besitz befindlichen Herrschaften Kapellendorf, Vieselbach, Vippach und Vargula (vgl. Siebmacher I, 4, Taf. 36). Als Helmzier ein sechsspeichiges Rad, mit Schellen behängt (nicht bei Siebmacher).
  7. Zur Möring-Werkstatt vgl. Nr. 186.
  8. Derselbe Text findet sich in Nr. 193. Zur Devise vgl. Nr. 118.

Nachweise

  1. Heydenreich 1840, S. 262 (ohne B).
  2. Sommer 1867, S. 318 (ohne B).
  3. BKD Prov. Sachsen 3, S. 28 (A unvollständig, ohne B).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 192 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0019208.