Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 157 Poserna, Kirche 1571

Beschreibung

Epitaph für Hans von Posern, im Untergeschoß des Westturmes aufgestellt. Hochrechteckige reliefierte Sandsteinplatte, bekrönt von Gebälk und Giebel, mit zahlreichen, z. T. flächigen Verwitterungsschäden. Im eingetieften Binnenfeld ein Blendbogen mit spiegelverzierter Laibung, hohen Kämpfern und Sockeln. Davor eine ganzfigürliche Darstellung des Verstorbenen, nach spanischer Mode gekleidet, den Degengriff mit der linken und ein Paar Handschuhe mit der rechten Hand umfassend. Auf dem stark erhöhten Rahmen der Platte umlaufend ein Sterbevermerk und eine Fürbitte (A), an beiden Langseiten unterbrochen von je zwei übereinander gesetzten Vollwappen, fortgesetzt auf den Zwickeln des Blendbogens. Beiderseits der Helmzier des linken oberen Wappens Namensinitialen (B). Am Gebälk ein Bibelzitat (C) und am reliefierten Giebel die Büste Gottvaters, der mit der linken Hand die Weltkugel umfaßt und die rechte zur Segnung erhoben hat. Auf der nach vorn geneigten Standfläche zwischen den Füßen des Verstorbenen die Initialen des Bildhauers (D). Die Buchstaben des umlaufenden Teils der Inschrift A und der Inschrift C erhaben auf eingetieftem Schriftfeld; die übrigen Buchstaben von A und die der Inschrift D mit schmaler Kerbe eingehauen. B als Konturschrift gearbeitet.

Maße: H.: 251,5 cm; B.: 124 cm; Bu.: 4,8–5,5 cm (A), 2,5–2,8 cm (A, B, C), 3 cm (D).

Schriftart(en): Fraktur mit Formen der gotischen Minuskel (A, C), Kapitalis (B, D).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    Anno Dominj 1571 Jahr Den / Mondaga) na[c]h Osdern ist D[er] Gestrngeb) Edele v[nd] / [Veste]c) [- - -] hanns von posern [- - -] / Seliglichd) Endt Schlaffen Welchem Gotte) // Ein [frolic]hef) auf[er]//steung ferle[h]g)

  2. B

    H(ANNS) // V(ON) // B(OSERN)

  3. C

    In deine hende hab ich befolhlnh) meinen Geist du hast michti) / Erlosst herre du trewer gottj)1)

  4. D

    HK

Datum: 1571 April 16.

Wappen:
Posern2)Draschwitz3)
(unbekannt)4)Schleinitz5)

Kommentar

Die Frakturversalien sind als ausschwingende Schwellzüge mit Zierschleifen und -bögen ausgeführt, aber nur der erste Versal der Inschrift A ist aufwendiger ausgestaltet. Die Gemeinen (im umlaufenden Teil von A und in C) wurden in der Art der gotischen Minuskel gebildet. Ihre senkrechten Buchstabenteile sind mitunter gebogen (Bogen des a) oder geschwungen (linker Schaft des v), seltener noch geschwellt (Bogen des h). Der kurze, spitz zulaufende Balken des e und der Zierstrich, der dem Balken des t rechts angesetzt ist, enden in einem Punkt (bzw. einer Kreisfläche). Die Oberlängen des h zieren Schleifen.

Die Ausführung der Inschrift A ist ungleichmäßig. Hier ragen die Oberlängen (seltener die Unterlängen) der Gemeinen und die Versalien meist über die Schriftzeilenbegrenzung hinaus. Im zweiten Teil der Inschrift A sind alle Oberlängen mit Zierschleifen versehen. Die ersten beiden Buchstaben der Inschrift B weisen schwach keilförmig verbreiterte Schaftenden auf. Die Oberlängen der Gemeinen in der ersten Zeile der Inschrift C ragen über die Schriftfeldbegrenzung hinaus. Schaft- und Bogen-s werden hier beliebig verwendet. Die Schaftenden der Buchstaben der Inschrift D sind dreieckig abgeschlossen. Der Balken des H hat eine Ausbuchtung.

Das Epitaph gleicht in Aufbau, plastischer Durchbildung und Stil dem Epitaph des 1570 verstorbenen Melchior von Bothfeldt in Burgwerben, dessen große zeitliche Nähe und Herkunft aus der Werkstatt des Monogrammisten HK unverkennbar ist.6) Unterschiede zeigen sich nur an untergeordneten Details der Epitaph-Architektur und der Gewandung des Verstorbenen. Auf dem Grabmal in Poserna benutzt der Monogrammist HK aber eine ganz andere Schrift als in Burgwerben, die sich nur noch einmal, auf dem ältesten bislang bekannten Werk des Bildhauers, dem Epitaph des 1566 verstorbenen Friedrich von Biesenroth in Wengelsdorf, wiederfindet.7) Wenn die Verwendung dieser Schrift nicht auf den besonderen Wunsch des jeweiligen Auftraggebers zurückzuführen ist, dann entstammt sie vielleicht der Schultradition des Bildhauers. Für diese Annahme spricht, daß das Epitaph in Poserna durchaus vor dem in Burgwerben entstanden sein kann und sich damit noch als das zeitlich nächstliegende dem ältesten bekannten Werk des Monogrammisten HK anschließen würde. Ohne eindeutige quellenkundliche Zeugnisse kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Burgwerbener Epitaph erst längere Zeit nach dem Tod des Melchior von Bothfeld, also auch nach dem Grabmal in Poserna, gefertigt worden ist.8)

Das Epitaph und ein heute verlorenes Grabmal für die 1574 verstorbene Witwe des Hans von Posern, Catharina von Benndorff, befanden sich ursprünglich in einem „Erbbegräbniß“, das der Verstorbene 1562 an der Kirche hatte errichten lassen.9) Spätestens bei dem Neubau des Kirchenschiffs 189710) wird die Grabkapelle abgerissen und das Epitaph in das Untergeschoß des spätgotischen Turmes11) versetzt worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Mondag] Danach ein Wappen.
  2. Gestrnge] Sic! Danach ein Wappen.
  3. Veste] Mehrere Buchstabenfragmente, ergänzt nach Büttner.
  4. Seliglich] Einzelne Buchstaben nur noch im Sinnzusammenhang lesbar. Danach ein Wappen.
  5. Gott] Danach ein Wappen.
  6. froliche] Einzelne Buchstaben und Buchstabenfragmente, nur noch im Sinnzusammenhang lesbar.
  7. ferleh] Sic! Wohl für ferleih (= verleihe). Ergänzung unsicher.
  8. befolhln] Sic! Für befohlen.
  9. micht] Sic! Für mich.
  10. gott] Nach dem letzten Buchstaben ein florales Ornament.

Anmerkungen

  1. Paraphrase nach Ps 31,6.
  2. Siebmacher II, 3, Taf. 48.
  3. Als Helmzier hier Büffelhörner wie bei Nr. 169. Bei Siebmacher VI, 6, Taf. 24 aber ein hoher Hut, seitlich mit vier Straußenfedern, oben mit sechs Hahnenfedern besteckt.
  4. Gespaltener Schild; auf dem Helm ein topfähnliches Behältnis, darin sieben Hahnenfedern. Entspricht einem Wappen von DI 52 (Zeitz), Nr. 156, das mit Vorbehalt als Wappen derer von Planitz angesprochen wird.
  5. Siebmacher II, 3, Taf. 53; VI, 6, Taf. 98.
  6. Zum Werk des Monogrammisten HK vgl. Nr. 153.
  7. Vgl. Nr. 150.
  8. Zur Datierungsproblematik von Grabmälern vgl. Einleitung, S. XI.
  9. König 3, 1736, S. 888; Heydenreich 1840, S. 298; BKD Prov. Sachsen 3, S. 48. Bei Büttner aber 1572.
  10. Dehio 1999, S. 667.
  11. Vgl. Nr. 57.

Nachweise

  1. Büttner, Teil 1, S. 250 (Paraphrase von A).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 157 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0015704.