Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 145 Kleingörschen, Kirche 1559

Beschreibung

Glocke mit sehr flacher Haube und flachem Steg auf der Platte. An der Schulter eine schmale, von zwei Stegen eingefaßte Schriftzeile mit Bibelzitat und Jahresangabe aus erhabenen Buchstaben (A). Darunter ein breiter Fries aus einem vielfach wiederholten, symmetrischen Rankenornament mit Blüten (H.: 11,2 cm). Unter der Jahresangabe ein großes, dreifach gerahmtes Medaillon (D.: 15,5 cm) mit umlaufendem Gießervermerk aus erhabenen Buchstaben (B), der im Scheitel des Medaillons einsetzt. Im Binnenfeld ein Vollwappen. Am Wolm drei Stege; der äußere Rand abgestuft. Einzelne Buchstaben in A fehlerhaft gegossen.

Maße: H.: ca. 70 cm; D.: 95,5 cm; Bu.: 2,0–2,2 cm (A), 1 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Franz Jäger) [1/4]

  1. A

    SIT NOMEN DOMINI BE[N]EDICTVMa) EX HOC NVNC ET VSQVE IN SECVLVM1) ANNO DO(MINI)b) · M · D · LIX ·

  2. B

    WOLF HIGERc) CZV FREIBERGKd) GOS MICH

Übersetzung:

A Der Name des Herrn sei gesegnet von nun an bis in Ewigkeit. Im Jahre des Herrn 1559.

Wappen:
Hilliger2)

Kommentar

Die regelmäßig gebildeten Buchstaben zeichnet eine Linksschrägenbetonung aus; Haar- und Schattenstriche sind aber nur wenig differenziert. Die Bögen von C und D sowie O und Q sind einem Kreissegment bzw. der Kreisform angenähert. Das M hat geneigte Hasten; sein Mittelteil ist meist bis auf die Grundlinie hinabgeführt. Die z. T. strichförmigen, z. T. eher dreieckigen Sporen sind mitunter schon der Serifenform angenähert. Die Buchstaben nehmen i. d. R. die ganze Zeilenhöhe ein. Als Worttrenner dienen Rauten.

Der Bronzegießer Wolf (oder Wolfgang) Hilliger (1511–1576) übernahm 1544 die väterliche Werkstatt im sächsischen Freiberg und führte sie zu hoher Blüte. Er goß Glocken, aber auch Geschütze sowie Grabplatten und Sepulkralskulpturen, viele davon im Auftrage mittel- und norddeutscher Fürsten. Seit 1557 regelmäßig zum Bürgermeister Freibergs gewählt, zählte er zu den wohlhabendsten Männern der Stadt. 1567 wurde er als kursächsischer Stückgießer bestallt.3) Die Glocke in Kleingörschen ist die einzige der Werkstatt Hilliger im Bearbeitungsgebiet. Das abgebildete Wappen führte die Familie seit 1521.4) Ähnliche Medaillons mit Gießernamen und -wappen finden sich auch auf dem Langen Feld oder auf den Schildzapfen von Geschützen, die Wolf Hilliger gegossen hat.5)

Das Bibelzitat hatte schon im 15. Jh. Verbreitung gefunden und blieb auch nach der Reformation in Gebrauch.6)

Textkritischer Apparat

  1. BENEDICTVM] Anstelle des dritten Buchstabens ein übergroßes Spatium.
  2. DOMINI] Kein Kürzungszeichen. dom Sommer.
  3. HIGER] Für HILGER. So auch bei Sommer und in BKD Prov. Sachsen 8. Vielleicht Nexus litterarum von I und L.
  4. FREIBERGK] Freybergk Sommer.

Anmerkungen

  1. Ps 112,2.
  2. Siebmacher V, 6, Taf. 91; V, 8, Taf. 27. Der Name hier nach Thieme/Becker geschrieben; bei Siebmacher „Hilger“.
  3. Schmidt 1865, S. 346–352; Knebel 1903, S. 22–29; Hübner 1906, S. 15–18; Walter 1913, S. 770–772; Thieme/Bekker 17, 1924, S. 100.
  4. Thieme/Becker 17, 1924, S. 99.
  5. Müller 1968, S. 63 f., Abb. 30, 70, 88 f., 105, 108, 122, 170. Vgl. auch Gerlach 1881.
  6. Vgl. Nr. 110.

Nachweise

  1. Sommer 1874, S. 122.
  2. BKD Prov. Sachsen 8, S. 52.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 145 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0014504.