Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 144† Zorbau, St. Mariae 1558

Beschreibung

Glocke (Schlagton g), einst die größte der Kirche, 1942 zur Kriegsverwendung abgeliefert.1) Zwischen zwei Stegpaaren an der Schulter ein Bibelzitat, ein Gießervermerk als Glockenrede und eine Jahresangabe aus erhabenen Buchstaben bzw. Zahlen (A). Darüber ein Fries aus überschneidenden Rundbögen mit aufwärtsgerichteten, kleeblattförmigen Endungen; darunter ein großer Lilienfries. Auf zwei gegenüberliegenden Abschnitten der Flanke die gleiche Kreuzigungsgruppe mit Kreuztitulus (B) und – darunter – die gleiche weibliche Allegorie. Verzierung mit Stegen: zwei auf der Haube, vier dicht nebeneinander gesetzte am Wolm und zwei in großem Abstand gesetzte am äußeren Rand.

Nach Fotografien, ergänzt nach Kalliefe.

Maße: D.: 106 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt [1/1]

  1. A

    GOTTES WORT [BLEIBET EWIC]Ka)2) ECKHARTb) KVCHGENc) [GOS MIC]H · 1558 ·

  2. B

    I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)3)

Übersetzung:

B Jesus von Nazareth, König der Juden.

Kommentar

Die z. T. recht breit proportionierten Buchstaben haben keilförmig verbreiterte Schaft-, Bogen- und Balkenendungen. Das G ist eingerollt, das obere Bogenende gerade geführt. Die Schrägschäfte des K sind nach rechts durchgebogen. Das R hat eine stark nach rechts durchgebogene, am unteren Ende geschwungene Cauda.

Die Inschrift bietet die deutsche Version einer verbreiteten protestantischen Devise, die im Bearbeitungsgebiet erstmals zwei Jahrzehnte früher als lateinisches Zitat erscheint.4)

Die Glocke ist eines der frühen Werke des Erfurter Glocken- und Stückgießers Eckhard Kucher (oder Kuchgen), der seit 1552 (oder 1557) nachweisbar und wohl vor (oder bald nach) 1602 verstorben ist. Er lieferte Glocken weit über den Thüringer Raum hinaus, im Norden z. B. bis nach Magdeburg.5)

Textkritischer Apparat

  1. EWICK] ewig Büttner, Otto, Heydenreich.
  2. ECKHART] Erhard Büttner, Otto, Heydenreich; Eckart Sommer, BKD Prov. Sachsen 3.
  3. KVCHGEN] Der letzte Buchstabe spiegelverkehrt.

Anmerkungen

  1. Glockenerfassung 1917, o. S.; Ablieferungsliste Hamburg 1942, o. S.
  2. Paraphrase nach Jes 40, 8.
  3. Nach Io 19,19.
  4. Vgl. Nr. 118.
  5. Bergner 1896, S. 99 f.; Schubart 1896, S. 86; Walter 1913, S. 806 f.; Thieme/Becker 22, 1928, S. 41; Rein 1934, S. 166; Jungwirth 1940, S. 10 f. Die Angaben der Autoren sind z. T. widersprüchlich.

Nachweise

  1. Fotografien im Glockenarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, Halle.
  2. Büttner, Teil 1, S. 243 (unvollständig).
  3. Otto 1796, S. 317 (unvollständig).
  4. Heydenreich 1840, S. 416.
  5. Sommer 1867, S. 326.
  6. BKD Prov. Sachsen 3, S. 86 f.
  7. Kalliefe 1909, S. 68.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 144† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0014407.