Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 129 Teuchern, St. Georgii 1543

Beschreibung

Epitaph für einen Herrn von Bünau (?), ursprünglich in der inneren Südwand der Kirche eingemauert, jetzt auf dem Kirchenboden abgelegt. Hochrechteckige Reliefplatte aus Sandstein; ihre Oberfläche im unteren Drittel partiell bis zur Formlosigkeit verwittert. Umlaufend eine erhöhte Schriftzeile mit Sterbevermerk und Fürbitte; die eingetieften Buchstaben teilweise noch mit einer dünnen Metallschicht grundiert. In dem von dicken Farbschichten bedeckten Binnenfeld ist der Verstorbene als älterer bärtiger Mann in Rüstung dargestellt. Er kniet in Verehrung vor dem in der linken oberen Ecke erscheinenden Kruzifix. Mit seiner rechten Hand hält er ein stehendes Schwert, mit seiner linken einen auf der Schulter ruhenden Stab (fragmentierter Streitkolben?). Vor seinen Knien rechts ein Helm, links ein Wappen. Das Kruzifix verbindet ein mehrfach geknicktes, unbeschriftetes Spruchband mit Gottvater, der in der rechten oberen Ecke des Binnenfeldes in einer stark stilisierten Wolke erscheint.

Maße: H.: 183 cm; B.: 96 cm; Bu.: 6,5–7 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Franz Jäger) [1/1]

  1. AN(N)O · M · D · XLIII · AM · FREITAG · IN · / PFINGSTEN · IST · DER · G[E]STRENG · VN[D · VE]STa) · [- - -] / [- - -] / [- - -][· VORSC]HIDENb) · DEM · GOT · GNADE · AMEN ·

Datum: 1543 Mai 11.

Wappen:
(unkenntlich)1)

Kommentar

Es zeigen sich leichte Veränderungen der Schrift gegenüber Nr. 116, die in den Grundformen und im Duktus aber gleich geblieben ist. Das A weist (bis auf das erste) einen nur linksseitig überkragenden Deckbalken auf; eine linksseitige Ausbuchtung des Schaftes findet sich nur noch am I (ausgenommen die Jahreszahl). Das C gleicht nicht dem in Nr. 116, sondern hat die übliche runde Form. Kürzungsstrich mit Ausbuchtung; als Worttrenner Quadrangel.

Trotz der veränderten Ikonographie ist das vorliegende Epitaph durch den plastischen Stil und die Schriftform als Erzeugnis derselben Werkstatt ausgewiesen wie die Epitaphien von 1533 und 1539 in Teuchern.2) Die schuppige, teils auch wellenförmige Art der Wolkenbildung verbindet es mit dem jüngeren Epitaph von 1547, das einer Frau von Bünau gewidmet ist. Die wellenförmige Wolkenbildung und die gedrängte, etwas ungeschickte Komposition, wie sie das Auferstehungsrelief des Epitaphs von 1547 zeigt, scheinen Eigenarten des 1553 in Naumburg tätigen Monogrammisten HS zu sein3) – sofern die eher provinzielle Qualität und der Erhaltungszustand der Epitaphien überhaupt solche Schlußfolgerungen erlauben. Ließen sich die beiden letztgenannten Epitaphien dem Monogrammisten HS zuweisen, dann läge der Schluß nahe, daß alle Epitaphien in Teuchern bis auf das jüngste aus seiner Werkstatt kommen.

Das jüngste, 1556 entstandene Epitaph greift aber noch einmal das vorliegende Motiv auf, das vermutlich auf den verbreiteten spätmittelalterlichen Bildtypus der Ewigen Anbetung zurückzuführen ist.4) Nur erscheint der Verstorbene auf diesem Epitaph mit Gebetsgestus, während der Verstorbene des vorliegenden Epitaphs Standeszeichen in den Händen hält. Das Kruzifix findet sich auch schon auf vielen mittelalterlichen Beispielen der Ewigen Anbetung.

Der Verstorbene ist vielleicht mit Heinrich von Bünau auf Thierbach zu identifizieren, dem Bruder von Heinrich, Günther und Rudolph,5) der seit 1530 auf Thierbach nachweisbar ist und am 24. Februar 1544 als verstorben erwähnt wird. 1519 hatte er sich an der Leipziger Universität immatrikuliert.6)

Textkritischer Apparat

  1. VEST] Ergänzung unsicher, doch scheint selbst die kürzeste Schreibung der sonst üblichen Form des Epithetons ERNVEST (vgl. Nr. 116, 142) keinen Platz gehabt zu haben.
  2. VORSCHIDEN] Der obere Bogen des S und das obere Bogenende des C erhalten. Ergänzt nach Nr. 132.

Anmerkungen

  1. Bünau?
  2. Vgl. Nr. 116, 127.
  3. Vgl. DI 7 (Naumburg 2), Nr. 235.
  4. RdK 6, Sp. 572–574; Arens 1972, S. 333, 336.
  5. Vgl. Nr. 127.
  6. Mansberg 2, 1904, S. 556, 569; Fischer 4, 18, Stammtafel v. Bünau 60 f.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 129 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0012907.