Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 116 Teuchern, St. Georgii 1533

Beschreibung

Epitaph für Heinrich von Bünau, ursprünglich in der inneren Südwand der Kirche eingemauert, jetzt auf dem Kirchenboden abgelegt. Hochrechteckige Reliefplatte aus Sandstein, partiell beschädigt und mit Farbe dick überstrichen. Am Rand umlaufend Sterbevermerk und Fürbitte auf erhöhter Schriftzeile. Die Buchstaben mit schmaler Kerbe eingehauen und mit einer flachen Metallschicht grundiert, die aber nur vereinzelt erhalten ist. Im Binnenfeld ein vollgerüsteter bärtiger Mann unter einem aufgesetzten profilierten Blendbogen; in den Bogenzwickeln zwei Kugeln. Der Verstorbene hält in der linken Hand einen kurzen Stab (fragmentierter Streitkolben?) und stützt die rechte auf ein Schwert, das zwischen seine gespreizten Beine gestellt ist. Zwischen den Beinen ein Helm und ein Vollwappen.

Maße: H.: 179 cm; B.: 90,5 cm; Bu.: 7 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/3]

  1. [ANN]Oa) · M · D [·] XXXIII · AM · [T]AGE [·] SIMONIS · / IVDE · IST · INb) · GOT · VORSCHDENc) · DER · EDELE · ERNVEST · V[ND ·] GEST[RENG]E / HE[INRICH · VO]N · BVNA[V ·] / [ZV ·] TEVCHERN · DES · SELE · GOT · GNEDIG · SEY · AMEN ·

Datum: 1533 Oktober 28.

Wappen:
Bünau1)

Kommentar

Die schlanken Buchstaben sind etwas unregelmäßig ausgeführt und gelegentlich, besonders am Ende der ersten Zeile recht gedrängt. A hat einen Deckbalken. Der Bogen des C ist zu einer Haste mit einem nach rechts abgewinkelten oberen Ende umgeformt. Das D weist eine eingestellte kurze Haste auf, die den Bogen offen läßt. Es erscheint wie eine spiegelverkehrte Abbildung des G, dessen Cauda hier eingestellt ist. Das M hat einen hohen Mittelteil und schräge Hasten. Der Schaft des I (nicht bei I als Zahlzeichen!) und die Schräghaste des N weisen linksseitige Ausbuchtungen oder Nodi auf. Nur bei N sind Hasten und Schräghaste von unterschiedlicher Stärke. Das O ist mandelförmig. Die Buchstaben zieren Sporen in Form einer schwach keilförmigen Verbreiterung der Schaft-, Bogen- und Balkenenden. Als Worttrenner stehen Quadrangel.

Die Schriftform auf den Epitaphien von 1533, 1539, 1543 und 15472) ist einheitlich, was trotz unterschiedlicher Ikonographie auf dieselbe – allerdings provinzielle – Werkstatt schließen läßt. Sie hatte vermutlich in einem der nahegelegenen städtischen Zentren (Naumburg, Zeitz) ihren Sitz.3) Die künstlerische Ausführung läßt sich wegen der aufliegenden Farbschichten nur schwer beurteilen. Einen höheren gestalterischen Anspruch demonstriert die angedeutete Torsion der Relieffigur (Zurücksetzen des rechten Beines, Vorziehen des rechten Armes und Drehung des Schultergürtels und des Kopfes nach der linken Seite der Figur). Der Bildtypus der als freistehend gedachten Relieffigur ist bereits im hohen Mittelalter entstanden.4)

Der 1533 verstorbene Heinrich läßt sich vorläufig nicht in den Stammbaum derer von Bünau auf Teuchern einordnen. Es handelt sich mit Sicherheit nicht um den schon vor 1509 verstorbenen Heinrich,5) Onkel der Geschwister Heinrich, Heinrich, Günther und Rudolph,6) und wohl auch nicht um dessen mutmaßlichen gleichnamigen Bruder Heinrich, dessen Existenz in Zweifel steht.7) Schon hier zeigen sich Schwierigkeiten, bei lückenhafter Überlieferung die Lebensdaten und verwandtschaftlichen Beziehungen der männlichen Angehörigen derer von Bünau abzuklären, da diese schon seit dem 15. Jh. meist einen der drei genannten Vornamen trugen. Diese Sitte wurde durch einen Familienvertrag 1517 für alle Linien des Geschlechts verbindlich festgeschrieben.8) Teuchern war nachweislich seit 1347 in Besitz derer von Bünau.9)

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Kein Kürzungszeichen erkennbar.
  2. IN] Der Schrägschaft des N fast erloschen.
  3. VORSCHDEN] Sic! Wohl für VORSCHIDEN (so in Nr. 132). Nexus litterarum von HI oder ID möglich, aber nicht erkennbar.

Anmerkungen

  1. Siebmacher II, 3, Taf. 1, 7; III, 2, 2, 1, Taf. 27; III, 2, 2, 2, Taf. 23. Das Wappen war sowohl in vorliegender als auch in linksgewendeter Form gebräuchlich (vgl. Nr. 131, 132 und Siebmacher).
  2. Vgl. Nr. 127, 129, 131, 132.
  3. Zur Werkstatt vgl. a. Nr. 129.
  4. Vgl. Bauch 1976, S. 63–67, 238–248 und Körner 1997, S. 106–117 mit zahlreichen Bildbeispielen.
  5. Mansberg 2, 1904, S. 532. Nach Fischer schon 1506 als verstorben erwähnt (Fischer 4, 18, Stammtafeln v. Bünau 60 f.).
  6. Vgl. Nr. 127, 129, 131, 142.
  7. Diesen Bruder erschließt Fischer aus der Eintragung eines Heinrich von Bünau auf Teuchern in die Erfurter Universitätsmatrikel 1474 und 1476 (Matrikel Erfurt 1, S. 356, 364; Fischer 4, 18, Stammtafeln v. Bünau 60 f.). Beide Daten lassen sich aber auch mit dem vor 1509 verstorbenen Heinrich in Verbindung bringen.
  8. Gauhe 1740, Sp. 218 f.; König 2, 1729, S. 202–207, hierzu S. 206; vgl. a. Matzerath 1997.
  9. Mansberg 3, 1905, S. 452; Langenkamp 1942, S. 40. Belehnung um 1350 (Keyser 1941, S. 705; Schwineköper 1987, S. 461).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 116 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0011603.