Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 115 Treben, Kirche 1. Drittel 16. Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Sakramentsnische mit reliefiertem Rahmen und Blendgiebel an der Nordseite der romanischen Ostapsis der Kirche. Breite flache Einfassung mit umlaufendem Wulst; auf dem oberen Rahmenschenkel eine Inschrift aus erhabenen Buchstaben auf eingetiefter Schriftzeile. Über dem Rahmen ein unregelmäßiger Zackenfries. Auf den Schrägen des schmaleren Giebels ein Klötzchenfries, auf der Giebelspitze ein gleicharmiges Kreuz. Im Giebelfeld drei Rosetten.

Maße: H.: 105 cm; B.: 62 cm; Bu.: 6,5–7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. habitacioa) (christi)b)

Übersetzung:

Wohnung Christi.

Kommentar

Schaft- und Bogenstärken schwanken stark. Durch eine große Ausschlagtiefe und eine starke Anschrägung der Buchstabenkonturen hat das Schriftreflief eine kräftige plastische Ausformung erhalten. Das a ist beinahe einstöckig ausgebildet.

Seit dem 12. Jh. ist auch die Kürzung xi für xpi (= Christi) gebräuchlich.1) Die ungewöhnliche Inschrift nimmt wohl das Wort des Evangelisten Johannes auf: „Verbum caro factum est et habitavit in nobis“ (Io 1,14). Sie bringt zum Ausdruck, daß in Gestalt der konsekrierten Hostien, zu deren Aufbewahrung eine Sakramentsnische vorrangig diente,2) Christus leibhaftig gegenwärtig ist oder – in der Sprache des Neuen Testaments – unter uns wohnt. Trotz der ungewöhnlichen Formulierung ist die Inschrift doch nur ein Beispiel von vielen, die die Vorstellung von der leiblichen Gegenwart Christi in der Eucharistie bzw. am Aufbewahrungsort der Hostien zum Ausdruck bringen. So ist z. B. die Anfang des 15. Jh. gefertigte Sakramentsnische der Elisabethkirche in Marburg von (inschriftlich fixierten) Zitaten umrahmt, die diesen Gedanken festhalten und mit dem Ausruf des Apostels Jakobus bekräftigen: „vere dominus est in loco iste“.3)

Textkritischer Apparat

  1. habitacio] bonifacio BKD Prov. Sachsen 8, Küstermann.
  2. christi] Befund: x mit überschriebenem Punkt (= i) für die griechischen Majuskelbuchstaben Chi und Jota. Danach ein dreiblättriges Kleeblatt.

Anmerkungen

  1. Traube 1907, S. 160.
  2. Vgl. a. RGG 6, 1962, Sp. 597 f.; LdK 6, 1994, S. 344.
  3. Vgl. Wesenberg 1937, 27 f.; zur Datierung: Dehio 1982, S. 596. Die Quelle des Jakobus zugeschriebenen Zitats war bislang nicht zu ermitteln. Zwei der Marburger Inschriften, darunter das vermeintliche Jakobus-Zitat, stehen auch an einer noch im 14. Jh. entstandenen Sakramentsnische in der Klosterkirche zu Haina in Hessen (Wesenberg 1937, S. 24 f.; zur Datierung: Dehio 1982, S. 381).

Nachweise

  1. Puttrich 1837, Taf. 9.
  2. BKD Prov. Sachsen 8, S. 234.
  3. Küstermann 1889, S. 396.
  4. Fuchs 1910, S. 114.
  5. Kalliefe 1911, S. 53.
  6. Irmisch 1930, S. 137.
  7. Kundt, Kirche 1957. S. 85 (unvollständig).
Addenda & Corrigenda (Stand: 04. Februar 2014):

In Anmerkung b) des textkritischen Apparates wurde Befund: ergänzt.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 115 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0011506.