Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 90 Pettstädt, St. Annae um 1510

Beschreibung

Geschnitztes und gefaßtes Altarretabel mit zwei Standflügeln und einem schwenkbaren Flügelpaar. Bei geschlossenem Mittelschrein zeigen die bemalten Standflügel den Erzengel Michael (rechts) und einen heiligen Bischof in der Ordenskleidung der Benediktiner (links), die an der Außenseite bemalten schwenkbaren Flügel die Heiligen Ursula (links) und Margareta (rechts). Nach der Wandlung erscheinen Maria mit Kind flankiert von Katharina (links) und Barbara (rechts) im Mittelschrein sowie je sechs Heilige (Apostel?) in zwei Registern auf den Flügelinnenseiten. An Füßen und Haupt der Maria je ein Engelpaar; das untere Laute schlagend, das obere die Krone Mariens haltend. Über jedem Register der Flügel und dem Mittelschrein Rankenschleier. Auf dem trassierten Goldgrund des Mittelschreins sind die Häupter der Heiligen mit zweifach eingefaßten Nimben hinterlegt. Auf der wesentlich breiteren, mit senkrechten Wellenlinien dekorierten äußeren Einfassung sind zwei Heiligennamen und die ersten Worte eines Gebets in Konturschrift eingearbeitet. Bemalte Predella mit dem Schweißtuch der hl. Veronika; flacher, geschwungener Aufsatz mit ornamentaler Bemalung und kleinem Kruzifix.

Maße: H.: 176 cm (ohne Aufsatz); B.: 240,4 cm; Bu.: 2,8 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. S(ANCTA) · KATERINAa) // · AVE MARIAb) // S(ANC)[T](A)c)BAR[B]ERAd)

Übersetzung:

Die heilige Katharina. Sei gegrüßt, Maria. Die heilige Barbara.

Kommentar

Die markanten Buchstabenformen zeigen einen für diese Zeit typischen Variantenreichtum: Das spitze A hat einen mal beidseitig, mal einseitig nach links oder rechts überkragenden Deckbalken und einen gebrochenen Mittelbalken. Das zweibogige E und das S weisen keilförmige, kräftig verbreiterte Bogenendungen auf. Die Haste des I und der Schrägbalken des N sind nach der linken Seite ausgebuchtet; die untere Schräghaste des K ist gebogen. Das byzantinische M hat ein keilförmiges Anhängsel am Balken. Unterschiedliche R-Formen zeichnen sich (bei MARIA) durch eine stark geschwungene, kurze Cauda oder (bei BARBERA) durch eine am Bogen ansetzende, leicht gebogene Cauda aus. Vor und nach dem ersten Namen, vor dem zweiten und nach dem dritten erscheinen florale Ornamente. Als Worttrenner ist vor KATERINA und vor AVE eine Raute gesetzt.

Das Altarretabel, das um 1510 datiert wird, ist möglicherweise zur gleichen Zeit wie der Chor entstanden.1) Seine künstlerische Herkunft ist noch ungeklärt; vielleicht ist es dem Meister des Altarretabels von Albersroda (Landkreis Merseburg-Querfurt) zuzuweisen.2)

Textkritischer Apparat

  1. KATERINA] Der Nexus litterarum von A und T ist nicht zweifelsfrei zu erkennen, da auch das zweite A in MARIA wie das erste A in KATERINA einen einseitig nach rechts auskragenden Deckbalken aufweist, in MARIA aber kein Nexus litterarum vorliegt.
  2. MARIA] Das erste A ohne Deckbalken, wenn dieser nicht durch den rechten Engel verdeckt wird.
  3. SANCTA] Der fragmentierte zweite Buchstabe wahrscheinlich ein rundes T mit stark eingerolltem unteren Bogenende.
  4. BARBERA] Sic! Das zweite B stark beschädigt.

Anmerkungen

  1. Der Chor bislang um 1520 datiert (Köhler/Seyfried 1994, S. 82; Dehio 1999, S. 655).
  2. BKD Prov. Sachsen 27, S. 189 f.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 90 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0009007.