Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 43 Langendorf, St. Mariae 1451–vor 1465

Beschreibung

Querrechteckige Wandnische mit monolithischer Einfassung in der Ostwand der ehemaligen Klosterkirche. Die genauen Abmessungen der jetzt zugemauerten und (noch) größtenteils überputzten Nische nicht bestimmbar. Auf dem Sturz der Wandnische eine zweizeilige, partiell verblaßte bzw. unlesbare Inschrift in schwarzer Farbe.1)

Maße: H. (Sturz): ca. 7 cm; L. (Sturz): ca. 61 cm; Bu.: 2,5–3,0 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Franz Jäger) [1/1]

  1. [k]u(n)egu(n)disa) [- - -]betb) eptischen · Er andreas [- - -]c) / [v]nd heinrich von konnericzd) geb[- - -]e)

Kommentar

Die schmucklose Schrift ist gleichmäßig; der Bogen des h läuft unter der Grundlinie spitz zu. Der E-Versal hat eine unziale Form. Die Form des Worttrenners (Punkt oder Quadrangel) kann nicht mehr zweifelsfrei bestimmt werden.

Die Schreibweise des Wortes Äbtissin (eptischen) entspricht regionaler Gepflogenheit, wie aus verschiedenen, zumeist aber jüngeren Quellen ersichtlich ist.2) Der Familienname der Äbtissin war nicht zu erschließen; ihr Vorname kunegundis (= Kunigunde) erscheint aber in Urkunden von 1454 und 1465. In der älteren Urkunde wird auch der damalige Propst des Langendorfer Klosters, Burkhardt von Konritz (= konnericz, Könneritz), erwähnt.3) Er ist zwischen 1450 und 1463 urkundlich nachweisbar und wurde in vorliegender Inschrift vielleicht nach seinem Bruder Andreas genannt. Burkhardt, Andreas und ein weiterer Bruder mit Namen Heinrich machten 1451 dem Kloster eine bedeutende Stiftung, damit „der Gottesdienst im Kloster (...) gemehrt, sowie ihrer, der Brüder, und ihres verstorbenen (Oheims) (...) Heinrich v. K. Gedächtnis begangen“ und ein Ewiges Licht unterhalten werde.4) Andreas wurde 1439 in Leipzig immatrikuliert und 1442 an derselben Universität zum Baccalarius promoviert. 1451 erstmals als Priester genannt, erscheint er seit 1468 als Domherr zu Naumburg und seit 1494 als Senior seines Kapitels. Außerdem war er Verwalter (Provisor) des Klosters in Langendorf; er starb 1496.5) Heinrich wird in den von Mansberg erstellten Regesten zur Familie von Könneritz 1468 letztmals genannt.6) Wenn die Inschrift in Zusammenhang mit der erwähnten Stiftung für das Kloster entstand,7) dann ist sie sehr wahrscheinlich nach dem Stiftungsjahr und vor dem Jahre 1465, in dem ein neuer Propst erscheint,8) angebracht worden. Der Datierungszeitraum umschließt auch die bislang nachgewiesene Amtszeit der Äbtissin Kunigunde und fast die gesamten letzten Lebensjahre Heinrichs v. K.

1451 hatten die drei Brüder noch einen Altar in der Dorfkirche zu Poserna gestiftet,9) der wohl wie die Langendorfer Stiftung in erheblichem Umfang aus dem Nachlaß ihres Onkels Heinrich ausgestattet wurde.

Textkritischer Apparat

  1. kunegundis] Über dem zweiten u ein Kürzungsstrich erkennbar. Die vollständige Lesung und Ergänzung ist Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz, zu verdanken.
  2. [- - -]bet] Unter den nicht lesbaren Buchstaben ist einer mit kurzer, geschwungener und spitz auslaufender Unterlänge (= y?).
  3. [- - -] Der erste Buchstabe hat einen geschlossenen Bogen und eine Oberlänge (b oder d).
  4. konnericz] Das obere Bogenende des c ist mit dem Deckbalken des z zusammengeführt. Nicht auszuschließen ist aber auch die Lesung konneritz.
  5. geb[- - -] Nach diesem beschädigten Wort (= gebruder?) hat vielleicht noch ein weiteres kurzes Wort gestanden.

Anmerkungen

  1. Daneben befindet sich eine zweite, ebenfalls zugemauerte und überputzte Wandnische, deren teilweise freiligende Einfassung keine Inschriften aufweist.
  2. Liber statutorum des Klosters Langendorf, Ende 15./Anfang 16. Jh.; Bericht herzoglich-sächsischer Visitatoren von 1531; Urkunde der sächsischen Landstände für das Kloster Langendorf, gegeben zu Leipzig 1537 (Gerhardt 1914, S. 15, 19, 21, 24); Briefe des Klarissenklosters zu Weißenfels aus dem Jahre 1539 (Lepsius 2, 1854, S. 270 f.).
  3. Obwohl Kunigunde 1465 „Priorissa“ genannt wird, handelt es sich sehr wahrscheinlich um dieselbe Person. Zu ihr und Burkhardt v. K. vgl. Gerhardt 1914, S. 5 (Anm. 3), 11; zur Schreibung des Namens Könneritz vgl. Kneschke 5, 1864, S. 204 f.
  4. Mansberg 1903, S. 148 f.
  5. Matrikel Leipzig 1, S. 128; Matrikel Leipzig 2, S. 129; Braun 1799, S. 18; Mansberg 1903, S. 148 f.; Irmisch 1930, S. 138 f. Die Grabplatte ist im Naumburger Dom erhalten (vgl. DI 6, Naumburg 1, Nr. 44).
  6. Mansberg 1903, S. 149.
  7. Vielleicht ist in dieser Nische Altargerät aufbewahrt worden, das Teil der gottesdienstlichen Stiftung (= Meßstiftung) gewesen war.
  8. Gerhardt 1914, S. 5 (Anm. 3).
  9. Meßdienst und Einkünfte des Altars standen Andreas von Könneritz zu (Mansberg 1, 1903, S. 148 f.; Irmisch 1930, S. 138 f.).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 43 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0004305.