Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 37 Merseburg, Kulturhistorisches Museum 1. Hälfte 15. Jh. (?)

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Glocke aus Pobles, 1913 nach Merseburg überführt.1) Der Plattenrand durch Steg überhöht. An der Schulter zwei Stegpaare, eine erhabene Inschrift einfassend. Ein weiteres Stegpaar am Wolm. Auf der Flanke ein kleines erhabenes Wappen (H.: 2,5 cm).

Maße: H.: 49 cm; D.: 63 cm; Bu.: 3–5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

  1. · po · pe · nim · ioS · xo · pioa)

Wappen:
(unbekannt)2)

Kommentar

Bis auf einige Ausnahmen beträgt die Buchstabenhöhe 5–5,5 cm. Zu den Ausnahmen gehören das zweite bis vierte o, die nur 3 cm groß sind und auf der Zeilenmitte stehen, sowie der mit Zierstrichen geschlossene Versal, der nur 3,2 cm groß ist und auch auf der Zeilenmitte steht. Die verschiedenartigen Worttrenner, meist variierte Kreuzformen von 2 bis 4,5 cm Größe, sind erheblich flacher als die Buchstaben. Gleichmäßige Buchstaben- und Zeichenabstände.

Die klare Ausprägung der Schrift hat immer wieder zu Leseversuchen herausgefordert, die allerdings nur bei recht willkürlicher Lesung einzelner Buchstaben zu Ergebnissen führten. Doch sind die Buchstaben m. E. so gleichmäßig gebildet, daß kein Deutungsspielraum bleibt. Auch die Interpretation des e als c3) oder r4) scheint in Anbetracht der eindeutigen Abknickung des oberen Schaftendes nach rechts und der Ausformung des e-Balkens als schrägrechter Strich ausgeschlossen. Die drei einzelnen gleichgroßen Schäfte mit umbrochenen Enden könnten vielleicht auch als l gelesen werden. Eine unterschiedliche Lesung des Schriftzeichens als i und l, wie sie fast alle älteren Autoren versuchten, ist fragwürdig, aber nicht auszuschließen. Auch ist die Lesung des kleinen, auf der Zeilenmitte stehenden o als hochgestellte Dativ- oder Ablativendung sehr unsicher und wurde von den meisten Autoren keineswegs einheitlich gehandhabt. Der jüngste Leseversuch von Fritz Hugo Schlippe,5) den der Autor nach eigenem Bekunden ohne Autopsie wagt, stützt sich wesentlich auf eine Umdeutung der klar lesbaren Silbe nim zu min und ist deshalb ebenfalls spekulativ wie die erste Deutung von J. Sauer,6) die ebenso auf einer Umdeutung der Silbe nim und außerdem auf einer Fehllesung des x beruht. So gilt noch immer das Fazit Ernst Schuberts und Peter Ramms: „Die Inschrift ist nicht zu deuten.“7)

Der Gießer der Glocke aus Pobles fertigte zweifellos auch die Glocke in Zöllschen (Landkreis Merseburg-Querfurt), die die gleichen Buchstabenformen, die gleichen Worttrenner und das gleiche Wappen aufweist.8) Datiert wurde die Glocke aus Pobles nach DI 11 (Merseburg).

Textkritischer Apparat

  1. x° pl° · po · pe · nim · ios BKD Prov. Sachsen 8; · po · pr · nim · l° s · x° · pl° DI 11 (mit Vorbehalt); · x° · pl° · po · pc · min · ios Schlippe.

Anmerkungen

  1. Denkmalpflege 1913/14, S. 53; Gerhardt 1942, S. 70.
  2. Drei Pfähle.
  3. Gerhardt 1942, S. 71; Schlippe 1974, S. 96.
  4. DI 11 (Merseburg), Nr. 38.
  5. „Ch(rist)o pl(or)o po(puli) p(ec)c(ata) min(uat) Jo(hanne)s“ (Schlippe 1974, S. 96).
  6. „pro pio populo praedico nomine Jo(hanni)s“ (Gerhardt 1942, S. 71).
  7. DI 11 (Merseburg), Nr. 38.
  8. BKD Prov. Sachsen 8, S. 245; Gerhardt 1942, S. 71; Schlippe 1974, S. 95, 97 f.

Nachweise

  1. DI 11 (Merseburg), Nr. 38.
  2. BKD Prov. Sachsen 8, S. 211.
  3. Gerhardt 1933, S. 43 (ohne Lesung, aber mit detailgetreuer Abzeichnung).
  4. Gerhardt 1942, S. 70 f.
  5. Schlippe 1974, S. 95–97.
Addenda & Corrigenda (Stand: 13. Mai 2014):

In Kommentar und Anmerkungsapparat der Druckfassung wurden die Anmerkungen 6) und 7) vertauscht. Im Kommentar wurden zudem beide als 6) und die folgende (letzte) Anmerkung als 7) gezählt. In der Onlinefassung erscheinen die Anmerkungen von 6) bis 8) in der richtigen Reihenfolge und Zählung.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 37 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0003707.