Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)
Nr. 31† Weißenfels, St. Mariae 1423
Beschreibung
Inschrift mit Gebet, Anrufung, Namen und Datumsangabe auf der „großen“, 1601 gesprungenen und umgegossenen Glocke (Büttner). Schriftform und Art der Schriftausführung unbekannt. Der Text bei Schieferdecker in kapitalen Buchstaben wiedergegeben, die jedoch keine Rückschlüsse auf die Schriftform erlauben.
Nach Büttner.
O Rex gloriae veni cum pace. + Maria + Vitrici Ecclesiae, Matern Trambstein, Paul Ezenmarus, ipso die S(ancti) Bartholomaei Apostoli A(nno) MCCCCXXIII.a)
Übersetzung:
O König der Herrlichkeit, komme mit Frieden. Maria. Die Kirchenverwalter Matern Trambstein (und) Paul Ezenmarus am Tage des hl. Apostels Bartholomäus im Jahre 1423.
Datum: 1423 August 24.
Textkritischer Apparat
- O. REX. GLORIAE. VENI. CUM. PACE. + MARIA + VITRICI. ECCLESIAE. MATERN. TRAMBSTEIN. PAUL. EZENMARUS. IPSO. DIE. S. BARTHOLOMAEI. APOSTOLI. A. M. CCCC XX III. Schieferdecker. Die Inschrift bei Otto nur bis Maria in Großbuchstaben und dann wie bei Büttner wiedergegeben.
Anmerkungen
- Vgl. Nr. 9.
- Büttner, Teil 2, S. 90; danach Otto 1796, S. 52 f. Der Brief auch bei Schieferdecker abgedruckt.
- Ein Heinrich P. amtierte mindestens 1412 und 1423 (Thielitz, Bürgermeister, o. S.; Thierbach 1986, o. S.) und ein Otto P. 1480, 1482, 1484 und 1487 (vgl. Nr. 44).
- Schieferdecker 1703, S. 30 f.
Nachweise
- Büttner, Teil 2, S. 90.
- Schieferdecker 1703, S. 18 f.
- Otto 1796, S. 52 f.
Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 31† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0003105.
Kommentar
Die Inschrift der Glocke, die der Kirchenpatronin Maria geweiht war, begann mit einem im späten Mittelalter weit verbreiteten Gebet.1) Auf den Namen Mariae folgten die Namen der amtierenden Kirchenverwalter, über die nichts bekannt ist.
Über die Entstehung der Glocke könnte ein bei Büttner überlieferter Brief aus dem Jahre 1423 näheren Aufschluß geben. Wie aus dem Brief hervorgeht, hatte ein Herman Bodelentz im Auftrag der Altarleute (= Vitrici Ecclesiae) den Rat der Stadt Merseburg zu einer Glockenweihe, die an einem Marienfest, nämlich an dem Tag Mariae Himmelfahrt (15. August) geplant war, als Glockenpaten eingeladen. Die Glocke, schreibt Büttner weiter, soll aber beim ersten Läuten nach der Weihe gesprungen und „alsbald“ (nämlich am Bartholomäustag) neu gegossen worden sein.2) Gegen die Darstellung Büttners ist allerdings einzuwenden, daß der Zeitraum zwischen der Glockenweihe und dem inschriftlich bezeugten Tag des Gusses zu kurz war, als daß ein Neuguß ein und derselben Glocke möglich gewesen wäre. Entweder war die Glocke noch vor der Weihe gesprungen, so daß diese gar nicht stattgefunden hat, oder das mit der Glockeninschrift überlieferte Datum ist unrichtig. Aber auch die Frist zwischen der Abfassung des Einladungsbriefes, „Dornstag na sente Pettersdag / dez heyligenn zwelfpotten Kettenfyer“ (5. August), und dem Bartholomäustag reichte wohl nicht hin, um einen Neuguß vorbereiten zu können. Unter der Voraussetzung, daß die Einladung zur Glockenweihe der hier in Rede stehenden Glocke galt, ist der Widerspruch zwischen den überlieferten Daten bislang nicht aufzulösen.
Hermann Bodelentz gehörte sicherlich der angesehenen Weißenfelser Familie Poddelentz (oder Podelencz) an, die im 15. Jh. mehrfach Bürgermeister stellte.3)
Die Glocke wurde 1601 (von Melchior Möring in Erfurt), 1658, 1660 und 1684 (von Nikolaus Rausch in Zeitz) umgegossen und zuletzt mit einer Inschrift versehen, in der ihre Geschichte festgehalten war. Sie ist wie alle anderen Glocken der Marienkirche bei dem Stadtbrand 1718 zugrunde gegangen. Die Glockenspeise hatte beim Neuguß 1660 40 Zentner gewogen und wurde 1684 um „etliche Zentner“ angereichert.4)