Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)
Nr. 19 Weißenfels, St. Mariae 2. Drittel 14. Jh.
Beschreibung
Abendmahlskelch aus vergoldetem Silber. Auf dem runden Fuß ehemals ein aufgenieteter Kruzifixus, von dem nur zwei Nieten und eine Hand erhalten sind. Nodus mit sechs runden Rotuli, darauf sechs, auf der gravierten Fläche ausgesparte Buchstaben eines Nomen sacrum. Am Stilus über und unter dem Nodus getriebene Rankenfriese mit Blüten; flache Kuppa. Der Kelch ist wohl erst nach 1903 in den Besitz der Marienkirche gekommen.1)
Maße: H.: 12,3 cm; D.: 9,6 cm (Kuppa), 9,9 cm (Fuß); Bu.: 0,8 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
I//H//E//S//V//S
Anmerkungen
- In dem von Ottomar Lorenz verfaßten Verzeichnis der liturgischen Gefäße der Marienkirche nicht erwähnt (Lorenz 1903, S. 61–66). Dagegen geht die Verfasserin des betreffenden Artikels im Katalog Magdeburg 2001 (Kathrin Ellwardt) offenbar davon aus, daß Kelch und Patene alter Kirchenbesitz sind.
- Danach in das erste Viertel des 14. Jh. datiert (Katalog Magdeburg 2001, S. 215).
- Fritz 1982, S. 207.
- Kohlhaussen 1968, S. 118 f. (Abb. 204, 206), 121 (Abb. 209). Ein den Nürnbergern vergleichbarer Kelch unbekannter Herkunft bei Fritz 1982 (Abb. 171, S. 207) auf 1320/30 datiert. Ein anderer, in Frauenprießnitz (Thüringen) aufbewahrter Kelch mit vergleichbarem Nodus und vergleichbaren Buchstabenformen wurde unter Vorbehalt in die 2. Hälfte des 14. Jh. datiert (DI 39, Lkr. Jena, Nr. 16).
Nachweise
- Köhler, Inventar 1994, Nr. XIII (Kelch), XIX (Patene).
- Katalog Magdeburg 2001, S. 215–217 (Nr. 34).
Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 19 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0001906.
Kommentar
Das unziale E weist einen kräftig schwellenden Bogen und einen Abschlußstrich auf. Das unziale H hat einen vergleichsweise niedrigen schwellenden Bogen, der wie der Bogen des E nach außen zugespitzt ist. Alle Buchstaben zieren geschwungene und schwellende Sporen. Der Nodus am Schaft des I ist zu einem Balken umgeformt.
Diese Schriftform hat sich seit dem zweiten Drittel des 14. Jh. verbreitet; Detailformen des Kelches (die Rankenfriese am Stilus, der niedrige Fuß mit einfach gekehltem Rand) weisen hingegen auf eine frühere Entstehung hin.2) In Bezug auf ein ähnliches Gefäß schreibt Johann Michael Fritz: „Der Knauf des Kelches vertritt mit seinen kräftigen runden Zapfen einen im früheren 14. Jh. üblichen Typus.“3) Bei der zeitlichen Einordnung werden hier vor allem um 1330/40 (und später) gefertigte Vergleichsstücke aus Nürnberg berücksichtigt, die an der gemeinsamen Grenze beider Datierungsansätze liegen.4)