Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)
Nr. 297 Weilheim, Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt 1627
Beschreibung
Beischriften in der Altarhauskuppel. An der Ostseite der Oktogonkuppel Bild der Maria Immaculata, dann umlaufend sieben Erzengel1). Unter der jeweiligen Darstellung Schriftfeld mit Beischrift. Unter Maria Würdetitel, Initialen in roter Farbe, leicht vergrößert, MARIA ergebend (I). Unter den Darstellungen der sieben Erzengel Namensbeischriften (II). In der Attika der Kuppel Weiheinschrift (III). Alle Inschriften bei den Restaurierungen seit dem 18. Jahrhundert mehrfach übermalt, bis zur Restaurierung von 1946 durch gelbe Fassung überdeckt. Die heutige Beschriftung wohl insgesamt bei der letzten Restaurierung erneuert. Ursprünglicher Schriftbefund teilweise unklar.
Schriftart(en): Kapitalis.
Textkritischer Apparat
- Initialen jeweils etwas vergrößert, sowie in roter Farbe ausgeführt.
- Sic!
- die Stärke Gottes zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- das Gebet zu Gott zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- die Arznei Gottes zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- das Feuer Gottes zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- der Segen Gottes zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- Belkantnuß od(er) Lob Gottes zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- wer ist wie Gott? zusätzlich StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen.
- Kein Kürzungszeichen.
- Erstes S in rechten V-Schaft verschränkt; zweites S in I-Schaft verschränkt.
- E verkleinert in O eingeschrieben; M und V verschränkt.
- B.M.V. folgt nur mehr Schmidtner, Weilheims Stadtpfarrkirche
- Der folgende Inschriftenteil findet sich in keiner Kirchenbeschreibung. Text durch Renovierung wahrscheinlich verändert, vgl. unten.
- Sic! lies siet, eine altertümliche Form von sit, die häufig in Segens- und Weiheformeln auftritt (dankenswerter Hinweis von Herrn Dr. Uwe Dubielzig, München).
- B.M.V. Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 559; B.V.M. Mair, Archiv Stadtpfarrkirche; die Abkürzung ist möglicherweise zu P(ARTVS) V(IRGINIS) M(ATRIS) aufzulösen, ANNO fehlt (für anno a partu virginis matris; dankenswerter Hinweis von Herrn Dr. Uwe Dubielzig, München).
Anmerkungen
- Zu Darstellung und Ikonographie vgl. Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 556, 559.
- Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 554; DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 2, 564; Mauthe/Schmid, Mariae Himmelfahrt 7.
- Vgl. Nr. 235†. Die Würdetitel Marias gehen auf den mittelalterlichen Kirchenlehrer Bonaventura (um 1221–1274) zurück. Vgl. Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 559.
- Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 553.
- Vgl. LCI I, 675. Der Kult der Erzengel wurde durch die Entdeckung eines Freskos in der Kirche „Sette Angeli“ in Palermo angeregt und fand bald weite Verbreitung. Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 559; Mauthe, Kirchen Weilheim 9.
Nachweise
- StpfA Mair, Geschichtliche Aufzeichnungen; Schmidtner, Weilheims Stadtpfarrkirche 147; Zottmann, Kunst 23f., Fußnote 2; Corpus 1 (Weilheim-Schongau) 559; Mauthe/Schmid, Mariae Himmelfahrt 8; DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 564f. (mit Abb.).
Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 297 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0029707.
I. Ostseite des Oktogons
MEDIATRIXa) AVXILIATRIX REPA/RATRIX ILVMINATRIXb) ADVO=/=CATRIX ·
Übersetzung:
Mittlerin, Helferin, Heilerin, Erleuchterin, Fürsprecherin.
II. Beginnend rechts von Maria die folgenden sieben Seiten des Oktogons
GABRIELc) SALATHIELd) RAPHAELe) URIELf) BARACHIELg) JEHUDIELh) MICHAELi)
III. Inschrift am Kuppelansatz, beginnend im Osten (hinter dem Hochaltar)
DEO TER OPT(IMO)j) MAX(IMO) // MAGNAE MATRI // TER ADMIRABILI // AVGVSTISSIMAEk) // COELORVMl) REGINAE // PATRONAEm) MARIAE // HOCn) SACRVM SIE To) / P.V.Mp). MDCXXVII /
Übersetzung:
Dieses (Gotteshaus) sei Gott, dem dreifach Allmächtigen und Allgütigen, und der großen Mutter, der dreimal wunderbaren hoch erhabenen Himmelskönigin Maria als Patronin geweiht. Im 1627. Jahre der Jungfrauengeburt.
Kommentar
In den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts wurde die alte Weilheimer Stadtpfarrkirche abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Das Deckenbildprogramm der Kirche wurde von Johann Greither, dem Sohn von Elias Greither d. Ä., in den Jahren 1627/28 gemalt. Sie stellen ein frühes Beispiel raumgreifender Illusionsmalerei dar2). Unter der im Osten der Altarkuppel dargestellten Maria Immaculata befinden sich in Kapitalis die gleichen Beinamen, wie sie Hans Deglers Marienstatue in der ehemaligen Frauenkirche in Polling aufwies3).
Die Darstellung der sieben Erzengel, von denen nur drei biblisch belegt sind, ist höchst selten. Wie es zur Darstellung in Weilheim kam, ist nicht klar. Die Konzeption des Weilheimer Bildprogramms stammt vermutlich vom Stadtpfarrer Dr. Johannes Weiß (1621–25), der den Kirchenneubau veranlaßte, oder von seinem Nachfolger Sebastian Kranz (1625–31), auch die Einflussnahme durch Münchener Jesuiten scheint möglich4).
Unklar ist, ob der heutige Befund der Beischriften der Erzengel dem ursprünglichen entspricht. In der Aufzeichnung des Mesners Mathias Mair aus dem Jahre 1721 sind den Namen der Erzengel Epitheta beigefügt (vgl. Buchstabenfußnote c-i). Ob Mair hier den ursprünglichen Inschriftentext wiedergibt oder selbst den Namen die Erklärungen beifügt, ist unklar. Die Epitheta entsprechen jedoch den den Erzengeln in der bildlichen Darstellung beigegebenen Attributen5).
In der ältesten erhaltenen Aufzeichnung der Inschrift an der Attika, dem 1861 angefertigten Exzerpt aus den geschichtlichen Aufzeichnungen des Stadtpfarrmesners Mathias Mair aus dem Jahre 1721, fehlen die Worte HOC SACRVM SIE T. Die Bedeutung von P.V.M. ist unklar. Möglicherweise liegt eine Verstümmelung der ursprünglichen Inschrift vor. Die Version B.V.M. würde eine Auflösung in B(EATAE) V(IRGINIS) M(ARIAE) ermöglichen, was angesichts der Weihe der Kirche an die Himmelfahrt Mariens als schlüssig erscheint. Maria wird in der Inschrift jedoch bereits zuvor betitelt. Zu erwarten wäre an dieser Stelle eine nähere Angabe zum Jahr (lies evtl. A(nno) A P(artu) V(irginis) M(ariae)?).