Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)
Nr. 254† Rottenbuch, Stiftskirche Mariae Geburt 1613/1613–1700
Beschreibung
Bildbeischriften unter Pröpstebildern. Im südlichen Querhaus an der südlichen Mauer, gegen das Dormitorium hin, bei dem St.-Johannis-Altar angebracht1). Es handelte sich um eine in größerem Maßstab ausgeführte Pröpsteserie, die mutmaßlich dem Schrein, der sich heute im Chor befindet, vergleichbar war2). Der Wortlaut der Beischriften ähnelt ebenso stark dem Text auf der Pröpstetafel im Chor, ist aber nicht genau identisch3).
Unterhalb der jeweiligen Bildnisse der Pröpste befanden sich kurze Angaben zu den dargestellten Personen, wie Jahr der Wahl, Amtszeit und Sterbedatum etc. Beim Altar St. Johannis waren zunächst die Gründer abgebildet, wobei die beigefügte Gedenkinschrift auch an Propst Georg Siesmair erinnerte, der die Bildnisse der Pröpste und die dazugehörigen Inschriften veranlaßt hatte (I). Anschließend folgten die Bildnisse mit den Inschriften der Pröpste bis Gilbert Gast, der von 1690 bis 1700 regierte (II). Sie wurden also nachträglich noch ergänzt.
Die Inschriften wurden im August des Jahres 1738 vor dem Beginn der Freskenarbeiten durch Matthäus Günther übertüncht und kurz zuvor von Joachim Hoffmair aufgezeichnet.
Text und Beschreibung nach AEM H Nr. 658.
Nachweise
- AEM H Nr. 658 p. 545–550; Mois, Stiftskirche 24 (nur I); DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 348f.
Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 254† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0025402.
I.
Anno 1074 Urbano Papa Secundo, et Henrico Imperatore hoc Monasterium in honorem Beatae Virginis fundatum est a Guelphone (quar)toa) Duce Bavariae, et Comite in Altdorf etc. ut autem memoria Praepositorum orationibus Fratrum esset commendatior, Georgius Secundus perspicatius depingi hoc curavit anno 1613 Praepositurae suae anno tertio.
Übersetzung:
Nachdem im Jahre 1074 unter Papst Urban II.1) und Kaiser Heinrich2) dieses Kloster zu Ehren der Heiligen Jungfrau von Welf IV., Herzog von Bayern und Graf in Altdorf usw. gegründet worden ist, hat Georg II., damit die Brüder in ihren Gebeten auch der Pröpste gedenken möchten, dies sehr vorausschauend im Jahre 1613, dem dritten Jahr seiner Amtszeit als Propst, malen lassen.
Kommentar
Das Gründungsdatum 1074 des Klosters Rottenbuch ergibt sich aus einer Eintragung im Traditionsbuch des Klosters3). Als Klostergründer gilt Welf IV., Herzog von Bayern (1070–1077 und 1096–1101, als Herzog von Bayern Welf I.). Propst Georg II. Siesmair (1611–1619, gest. 1628) war der Auftraggeber der gemalten Pröpstereihe.
Textkritischer Apparat
Anmerkungen
II. Pröpste
Udalricus primus Praepositus a Fundatore deputatus, ab Urbano Papa Secundo confirmatus, ab Ottone Frisingensi Episcopo Archidiaconus constitutus, bene rexit annis 46 obiit anno 1126. Schweicker de Miendlberg dedit Aurbach.
Übersetzung:
Ulrich, als erster Propst vom Gründer eingesetzt, von Papst Urban II. bestätigt, von Otto, Bischof von Freising, zum Archidiakon ernannt, regierte vorzüglich 46 Jahre, er starb im Jahre 1126. Schweicker von Mindlberg übergab Auerbach.
Kommentar
Propst Ulrich I. wurde vom Gründer Welf IV. (I.) und seiner Gemahlin Judith um 1080 eingesetzt. Im Jahre 1090 nahm Papst Urban II. (1088–1099) das junge Kloster unter seinen besonderen Schutz1). Die Angabe, daß bereits Propst Ulrich I. von Bischof Otto I. von Freising zum Erzdiakon ernannt wurde, ist nicht korrekt, da Otto erst 1138 Bischof von Freising wurde. Erst Propst Rudolph wurde zum Archidiakon ernannt2). Über die Schweicker von Mindelberg ist nichts Näheres bekannt; durch einen Legaten Schwickers von Mindelberg soll der Pfarr- und Kirchenschatz ‚Auerbach’ an das Kloster Rottenbuch gekommen sein3).
Anmerkungen
Rudolphus bonae vitae plures Nobiles in talem amorem Monasterii commovit, ut multi illorum praedia et alia bona Monasterio tradiderint. regnavit 18 annis defunctus est anno 1144
Übersetzung:
Rudolf bewegte mehrere Adlige durch sein gutes Leben zu so großer Liebe zum Kloster, daß viele von ihnen Landgüter und andere Güter dem Kloster übergaben. Er regierte 18 Jahre und ist im Jahre 1144 gestorben.
Kommentar
In der Pröpsteliste bei Mois ist vor Rudolph noch ein Propst Heinrich aufgeführt, der urkundlich 1140 erwähnt ist1). Otto I., Bischof von Freising (1138–1158), übertrug Propst Rudolph die Würde eines Archidiakons des Bistums Freising, welche auf alle seine kanonisch gewählten Nachfolger zugleich mit dem Ehrentitel „Geborener Archidiakon“ überging. Propst Rudolph war der erste Archidiakon (Erzdiakon) für das Freisinger Diözesangebiet im Ammergau und Werdenfelser Land bis Mittenwald. Das Amt gab besondere Vollmachten hinsichtlich der seelsorglichen Aufsicht2).
Anmerkungen
Otto confirmationem Secundam ab Eugenio tertio obtinuit. Monasterio utilis fuit et pius amator Fratrum. Vita excessit 1179 regnavit 36 annis.
Übersetzung:
Otto erhielt eine zweite Bestätigung von Eugen III.1). Dem Kloster ist er nützlich gewesen und war ein frommer Förderer der Brüder. Er regierte 36 Jahre. 1179 schied er aus dem Leben.
Kommentar
Propst Otto, Graf von Neuburg-Falkenstein, starb nach der Pröpsteliste bei Mois 1182 oder 11832).
Anmerkungen
Fridericus cum Fratribus onera curae familiaris distribuit . providus fuit administrando 29 annis. moritur 1208.
Übersetzung:
Friedrich teilte die Lasten des Hauswesens mit den Brüdern. Vorsorgend war er beim Verwalten während 29 Jahren. Er starb 1208.
Arno canonice eligitur praefuit 9 annis morte saevida raptus est anno 1217.
Übersetzung:
Arno, nach kanonischem Recht gewählt, stand dem Kloster neun Jahre vor. Er ist durch den grausamen Tod im Jahre 1217 hinweggerafft worden.
Ludovicus canonice electus. dum Pastoris officium 3 annis egisset appositus est Patribus anno 1220.
Übersetzung:
Ludwig, nach kanonischem Recht erwählt, ist, als er das Amt des Hirten drei Jahre ausgeübt hatte, im Jahre 1220 zu den Vätern gelegt worden.
Witticho Pater optimus. Ilchberg et Pöbingen Monasterio defendit . migravit felix ad Dominum anno 1246. regiminis vero sui 26.
Übersetzung:
Witticho, bester Vater, verteidigte Ilchberg1) und Böbing für das Kloster. Er wanderte fröhlich zum Herrn im Jahre 1246, im 26. Jahr seiner Prälatur.
Anmerkungen
Conradus sub isto Praeposito Conradus Secundus Rex et Dux Sueviae suscepit Monasterium et bona illius omnia in suam protectionem anno 1260 regnavit 14 annis.
Übersetzung:
Konrad, unter ihm nahm Konrad II., König und Herzog von Schwaben, im Jahre 1260, das Kloster und alle seine Güter in seinen Schutz. Er regierte 14 Jahre.
Kommentar
Da Propst Konrad I. zuletzt 1266 urkundlich genannt ist, ein Nachfolger, Ludwig II., aber schon 1267 belegt ist, nimmt Mois als Sterbejahr 1266 oder 1267 an1).
König Konrad IV. (Herzog von Schwaben 1235–1254; König 1237–1254) stellte im Jahre 1240 tatsächlich eine Urkunde für Rottenbuch aus, in der er über Grenzstreitigkeiten zwischen Rottenbuch und Steingaden entschied. Als Propst wird jedoch noch der Vorgänger Konrads, Propst Witticho, genannt2).
Anmerkungen
Henricus primus. Fidelissimus rei domesticae sub quo Monasterium igne misere periit, quod restituere et pro viribus reaedificare curavit. gubernavit 3 annis. mortuus est 1263.
Übersetzung:
Heinrich I., in Wirtschaftsangelegenheiten der Verläßlichste, weil er, nachdem das Kloster durch Feuer erbärmlich zugrunde ging, dieses wieder herstellen und nach Kräften wieder aufbauen ließ. Er regierte drei Jahre und ist 1263 gestorben.
Kommentar
Heinrich I. mit dem Todesjahr 1263 ist in der Pröpsteliste bei Mois nicht aufgeführt1). Nach Mois war das Kloster noch unter dem Vorgänger, Propst Konrad I., durch einen Brand 1264 oder 1265 zerstört worden2).
Anmerkungen
Ludovicus Secundus Pöbingen et Ilchberg Monasterio conservavit. Fuit Fratrum amantissimus quibus et vinum legavit. praesedit 9 annis. mortuus 1274.
Übersetzung:
Ludwig II. bewahrte dem Kloster Böbing und Ilchberg. Er ist sehr liebenswürdig zu den Brüdern gewesen, denen er sogar Wein gewährte. Er stand dem Kloster neun Jahre vor. Er starb 1274.
Kommentar
Vor Propst Ludwig II. sind in der Pröpsteliste bei Mois Arno II. und der vorstehend erwähnte Konrad I. aufgeführt1). Propst Ludwig hat bestimmt, daß aus einem Weinberg, den er selbst in Lana hatte anlegen lassen, alljährlich die Mitbrüder eine Fuhre Wein erhalten sollten, damit ihnen also ein „Herren-Maß“ täglich während der Fastenzeit gereicht werden konnte2).
Anmerkungen
Wernherus nobilis Sanguine. rei domesticae neglegens dissipatis pluribus debita moriens reliquit multa. obiit 1281. Praepositurae suae 11 annis.
Übersetzung:
Wernherus, von adeliger Abstammung, vernachlässigte die Hauswirtschaft. Nachdem er vieles verschleudert hatte, hinterließ er sterbend viele Schulden. Er starb 1281. Seine Amtszeit dauerte elf Jahre.
Kommentar
In der Pröpsteliste bei Mois ist als mutmaßliches Todesjahr 1288 angegeben1).
Wernherus wird in dieser Kurzbiographie relativ negativ beurteilt, da sich während seiner Amtszeit offenbar viele Schulden anhäuften. Interessant ist, daß der Wortlaut bei demselben Propst auf der Pröpstetafel im Chor viel knapper und neutraler ist. Dort wurde offenbar der ursprüngliche Wortlaut, der mit diesem identisch gewesen sein dürfte, später getilgt und überschrieben.
Anmerkungen
Albertus aedificia aliqua Monasterio restituit. anno Domini 1289 naturae debitum solvit. suae Praepositurae anno quarto.
Übersetzung:
Albertus hat manche Gebäude für das Kloster wieder hergestellt. Er starb im Jahre des Herrn 1289, im vierten Jahr seiner Amtszeit als Propst.
Udalricus Secundus cui Capitulum adversabatur. sed ab Episcopo innocens repertus rebelles abegit. Deinde 18 annis Praelaturam gerens moritur 1307. sub Ipso Parochia Amergau cum pluribus aliis ad Monasterium a Campidonensi Monasterio devenit.
Übersetzung:
Ulrich II., dem sich das Kapitel widersetzte, aber vom Bischof als unschuldig befunden, wieder eingesetzt, vertrieb die Rebellen. Er starb schließlich, als er die Prälatur 18 Jahre innehatte, im Jahre 1307. Unter ihm gelangte die Pfarrei Ammergau mit vielem anderen vom Kemptener Kloster zum (Rottenbucher) Kloster.
Kommentar
Unter Propst Ulrich II. (1295–1307), aus dem Augsburger Geschlecht der Peutinger gelang nach der vorherigen Verfallszeit ein Neubeginn. Er vertrieb rebellische Religiosen aus der Klostergemeinde2). Von der Benediktinerabtei Kempten kaufte er 1297 die Patronatsrechte über die Kirche von Ammergau3).
Anmerkungen
Conradus Secundus, exacerbatus molestia incendii ignis enim in Cella alicuius Fratris oriens Monasterium totum absumpserat anno 1322. Ludovicus igitur Imperator Christianissimus Ipsum a Communibus gravaminibus aliisque rebus liberum fecit. deinde curarum plenus moritur 1325 regiminis 18.
Übersetzung:
Konrad II. war verbittert durch die Last eines Brandes, der in der Zelle eines Bruders entstand und im Jahre 1322 das ganze Kloster verzehrte. Folglich hat Ludwig, der christlichste Kaiser, das Kloster von öffentlichen Lasten und anderen Belastungen befreit. Danach ist er voll von Sorgen 1325, im 18. Jahr seiner Amtszeit, gestorben.
Kommentar
Propst Konrad II. Daigscher starb 13261). Während seiner Amtszeit befreite Kaiser Ludwig IV., der Bayer (1314–1347), das Kloster für drei Jahre von Steuern und Abgaben, nachdem das Kloster durch einen Brand zerstört worden war2).
Anmerkungen
Henricus Secundus quaedam post incendium pro necessitate reaedificavit. sedit in regimine 9 annis. obdormivit cum Patribus anno 1334.
Übersetzung:
Heinrich II. baute gewisse Gebäude nach dem Brand entsprechend der Notwendigkeit wieder auf. Er hatte eine Amtszeit von neun Jahren und entschlief zu den Vätern im Jahre 1334.
Kommentar
Nach Mois starb Heinrich II. erst im Jahre 13361).
Anmerkungen
Udalricus tertius Styrmler dictus, de re et nomine Pater Hospitalis et S. Catherinae Capellas cum Coemeterio, aliisque plurimis aedificavit. deinde in Monasterii negotiis Urbem adiens mortuus est 1348. optime fidelissimeque praefuit annis 14.
Übersetzung:
Ulrich III., genannt Stürmler, der Sache und dem Namen nach Vater. Er erbaute das Hospiz und die Kapelle der Hl. Katharina mit dem Friedhof und viele andere Gebäude. Er starb alsdann, als er in Klosterangelegenheiten 1348 nach Rom reiste. Er stand bestens und zuverlässigst dem Kloster 14 Jahre vor.
Kommentar
Vor Ulrich III. führt die Pröpsteliste bei Mois noch Propst Konrad III. auf, der urkundlich 1336 genannt ist und 1339 verstarb. Hiernach verstarb Ulrich III. „Sturmlin von Salgrim“ (= Saulgrub, Lkr. Garmisch-Partenkirchen), erst im Jahre 13501). Er erbaute im Kreuzgang die St. Katharinen- und die St. Sebastians-Kapelle, das Spital mit St. Veitskapelle und den anstoßenden Friedhof2).
Anmerkungen
Ludovicus tertius dum 5 annis regnasset, vita defunctus est anno Salutis nostrae 1353.
Übersetzung:
Ludwig III., nachdem er fünf Jahre regiert hatte, ist im Jahre 1353 unseres Heils aus dem Leben geschieden.
Kommentar
In der Pröpsteliste bei Mois ist dieser Propst nicht aufgeführt1).
Anmerkungen
Udalricus quartus, Daigscher. 6 annis Praelaturam gerens finem vitae dedit anno Domini 1359.
Übersetzung:
Ulrich IV. Daigscher, nachdem er sechs Jahre das Propstamt ausgeübt hatte, fand er das Ende seines Lebens im Jahre des Herrn 1359.
Kommentar
Für Ulrich IV. Daigscher gibt die Pröpsteliste bei Mois als Todesjahr 1361 an1).
Anmerkungen
Udalricus quintus suum hoc Coenobium 15 annis gubernavit, tum debitum naturae solvit anno 1374.
Übersetzung:
Ulrich V. leitete dieses Kloster 15 Jahre. Dann gab er im Jahre 1374 das der Natur geschuldete.
Kommentar
Ulrich V. Sturmlein war nach der Pröpsteliste bei Mois wohl mit Ulrich III. verwandt. Als Todesdatum wird dort 1376 angegeben1). Ulrich erweiterte den Klosterbesitz durch den Ankauf von Gütern im Ammergau2).
Anmerkungen
Conradus tertius, Deicher, unum tantum annum regens in Domino obdormivit 1375.
Übersetzung:
Konrad III. Deicher, nur ein Jahr regierend, entschlief im Herrn im Jahre 1375.
Kommentar
In der Pröpsteliste bei Mois wird Konrad Deicher als Konrad IV. Taygscher / Teikscher mit dem Todesjahr 1377 aufgeführt1). Ob eine Verwandtschaft zu Propst Ulrich Daigscher (II, 18) bestand, ist nicht geklärt.
Anmerkungen
Henricus tertius nomine Meichlinger, nobilis genere praefuit annis 28 et moritur 1403.
Übersetzung:
Heinrich III., mit Namen Meichlinger, aus adeligem Geschlecht, stand dem Kloster 28 Jahren vor und starb im Jahre 1403.
Kommentar
Propst Heinrich III. Meichlinger (Meilinger) wird in der Pröpsteliste bei Mois mit Todesjahr 1413 aufgeführt1). Seine Regierungszeit wird aber von Pörnbacher von 1378 bis 1410 angegeben. Unter ihm beschwerten sich die Bauern bei Herzog Johann II. (1375–1397). Sie fühlten sich benachteiligt, weil sie ihre Güter nur auf Basis der Freistift hatten, während in den benachbarten Gerichten Ammergau und Peiting Kaiser Ludwig der Bayer (1314–1347) das Erbrecht eingeführt hatte2).
Anmerkungen
Udalricus sextus Weichinger, bene rebus Monasterii intendit, sub quo milites Ducis Friderici Austriae subditos Monasterii incendiis et rapinis molestaverunt. Praelatum egit 9 annis terrae commendatus est anno 1412.
Übersetzung:
Ulrich VI. Weichinger achtete gut auf die Angelegenheiten des Klosters. Unter ihm belästigten die Soldaten des Herzogs Friedrich von Österreich die Untergebenen des Klosters durch Brandschatzungen und Räubereien. Er führte das Prälatenamt neun Jahre. Im Jahre 1412 ist er der Erde übergeben worden.
Kommentar
Propst Ulrich VI. Weichinger ist in der Pröpsteliste bei Mois nicht aufgeführt1). Friedrich IV. (geb. 1382/1383, gest. 1439), Herzog von Österreich und Graf von Tirol, wurde 1406 mit der Verwaltung Tirols beauftragt. 1413, also erst unter dem Nachfolger, Propst Johannes, haben über 1400 Tiroler die Hofmark Rottenbuch überfallen, viele Bauernanwesen ausgeraubt und angezündet2).
Anmerkungen
Joannes primus, Greulich, sub quo pistrinum cum Molendino edaci flamma periit. anno 1417 turris cum 6 campanis ruens equos et domum prostravit. utilis fuit Monasterio. piscinam in Wildstaig fecit, praefuit annis 7 . moritur anno 1419.
Übersetzung:
Unter Johannes I., Greulich, ist die Bäckerei mit der Mühle durch einen verzehrenden Brand zerstört worden. Im Jahre 1417 stürzte der Turm mit den sechs Glocken ein und vernichtete Pferde und ein Haus. Er war dem Kloster nützlich. Er erbaute in Wildsteig einen Fischteich. Er stand dem Kloster sieben Jahre vor. Er starb im Jahre 1419.
Kommentar
Für Propst Johannes I. Greulich wird in der Pröpsteliste bei Mois als Todesjahr 1421 angegeben1). Unter seiner Regentschaft trafen verschiedene Unglücksfälle das Kloster. 1413 plünderten österreichische Truppen des Herzogs Friedrich IV. von Österreich die Meierhöfe des Klosters (vgl. vorhergehende Nummer). 1417 stürzte der Glockenturm ein und im darauffolgenden Jahr äscherte eine Feuersbrunst die Bäckerei und die Mühle ein2).
Anmerkungen
Joannes Secundus Segenschmid fidelissimus Pater familias Refectorium ac Dormitorium cum habitatione Fratrum construxit. prudens regnavit annis 11. mortuus est anno 1430.
Übersetzung:
Johannes II. Segenschmid, errichtete als treuester Hausvater das Refektorium und Dormitorium zusammen mit einer Wohnstätte für die Brüder. Weise regierte er elf Jahre. Er ist im Jahre 1430 gestorben.
Kommentar
Für Propst Johannes II. Segenschmid von Augsburg gibt die Pröpsteliste bei Mois als Todesjahr 1431 an1).
Anmerkungen
Gregoriusa), vir ultra, quam dici potest, Monasterio utilis, chorum, turrim cum habitatione Praelati, cum pluribus aliis struxit. Praepositorum primus Baculo et Infula insignitus. 40. annis regens moritur 1470 universa plebe lugente.
Übersetzung:
Georg, ein Mann, über den gesagt werden kann, daß er dem Kloster nützlich war, indem er den Chor und den Turm mit der Prälatenwohnung neben vielen anderen Gebäuden errichtete. Er war der erste der Pröpste, der mit Stab und Inful ausgezeichnet wurde. Nach 40 Jahren Leitung des Klosters starb er 1470 durch das ganze Volk betrauert.
Kommentar
Das Konzil von Basel verlieh Propst Georg und allen seinen Nachfolgern am 26. November 1442 das Recht, bei kirchlichen Funktionen die Mitra zu tragen und den Prälatenring1). Am 19. Februar 1446 erhielt er für sich und alle Nachfolger noch das Privileg, den Pastoralstab zu gebrauchen2).
Das Grabmal von Propst Georg Neumair ist erhalten (vgl. Nr. 33). Er ließ den eingestürzten Turm wieder errichten (vgl. Nr. 32) und erbaute den Fohlenhof (vgl. Nr. 39).
Textkritischer Apparat
Anmerkungen
Petrus Teuscher Ecclesiam de novo aedificavit. piissimus fuit erga Fratres, ac mitis in Subditos hic anno sui regiminis octavo Christi vero 1478 humi commendatus est.
Übersetzung:
Petrus Teuscher hat die Kirche neu erbaut. Er war sehr liebevoll zu den Brüdern und gütig zu den Untergebenen. Hier ist er im achten Jahr seiner Zeit als Propst, aber im Jahre 1478 nach Christus der Erde übergeben worden.
Kommentar
Propst Petrus Teuscher (Taygscher, Teikscher) aus Augsburg vollendete das Gotteshaus der Chorherren und die Gotisierung der Pfarrkirche St. Ulrich1). In der Pröpsteliste bei Mois wird als Todesjahr 1480 angegeben2).
Ob eine Verwandtschaft mit den Vorgängern gleichen bzw. ähnlichen Nachnamens3) bestand, ist bislang ungeklärt.
Anmerkungen
Joannes tertius Messerschmid, Hospitale cum multis aliis struxit. Hic plenus dierum ac devotionis Praelaturam resignavit anno 1498. vita autem defunctus 1506.
Übersetzung:
Johannes III. Messerschmidt errichtete neben vielen anderen Gebäuden das Hospiz. Dieser verzichtete in der Fülle der Tage und der Hingabe auf das Prälatenamt im Jahre 1498. Aus dem Leben ist er geschieden 1506.
Kommentar
Propst Johannes III. Messerschmidt war der Restaurator des Hospitals. Er soll kein guter Haushälter gewesen sein, auch soll sich unter ihm die klösterliche Disziplin gelockert haben1). Er wurde deshalb zum Verzicht auf die Prälatur gedrängt, sodaß er 1497, nicht 14982) resignierte. Er starb wie angegeben im Jahre 1506. Eine Grabtafel ist kopial überliefert (vgl. Nr. 84†).
Anmerkungen
Hieronymus Hueber. Fratribus annuentibus electus, et ab Alberto Duce Bavariae ex Rhor vocatus. diligens erat observator Regulae Sancti Augustini. regnavit 17. annis. mortuus est 1515 anno.
Übersetzung:
Hieronymus Hueber ist von den zustimmenden Brüdern erwählt worden, und von Herzog Albert von Bayern aus Rohr berufen worden. Er hat sorgfältig die Regeln des Hl. Augustinus beachtet und ist nach 17 Jahren der Leitung im Jahre 1515 gestorben.
Kommentar
Propst Hieronymus Hueber wurde aus dem Kloster Rohr von Herzog Albrecht IV. (geb. 1447, gest. 1508) berufen1). Unter ihm konnte die klösterliche Disziplin wieder hergestellt werden2).
Anmerkungen
Urbanus Koberle. Procurator fuit 13 annis. deinde rite et canonice de gremio conventus est electus in Praelatum. fuit vir pius, singulari modestia praeditus. praefuit annis 23 mortuus est 1538.
Übersetzung:
Urbanus Köberle ist dreizehn Jahre Verwalter gewesen und danach auf rechte Weise und entsprechend dem kanonischen Recht aus der Mitte des Konvents heraus in das Prälatenamt gewählt worden. Er war ein frommer Mann, ausgezeichnet durch seine einzigartige Bescheidenheit. Er leitete das Kloster 23 Jahre. Er starb 1538.
Kommentar
Unter Propst Urban Köberle aus Kohlgrub (1515–1538)1) wehrten die Rottenbucher Hofmarksleute die aufständischen Bauern im Jahre 1525 ab, während das benachbarte Kloster Steingaden verwüstet wurde2). Propst Urban Köberle lehnte die Reformation ab, er war mit dem Vorkämpfer der Katholiken, Dr. Johannes Eck (1486–1543), befreundet3). Die Inschrift des Grabmals von Propst Köberle ist kopial überliefert (vgl. Nr. 120† und 121†).
Anmerkungen
Wilhelmus Vent procuratorem agens 22. annis in Praepositum eligebatur. multas piscinas et fodinas struxit. deinde duo illa Bovilia in Schweinberg, et extra Monasterium cum aliis. diligens Hortulanus, mortuus est anno 1558 regiminis sui vicesimo.
Übersetzung:
Wilhelm Vend hat 22 Jahre als Verwalter gewirkt, bis er in das Propstamt gewählt worden ist. Er hat viele Fischweiher und Gräben errichtet, danach die zwei Rinderställe in Schweinberg. Auch außerhalb des Klosters war er bei anderen Angelegenheiten ein gewissenhafter Gärtner. Er ist im Jahre 1558, im 20. Jahr seines Amtes gestorben.
Kommentar
Zu Propst Wilhelm Vend aus Wimpes (1538–1558)1) vgl. Nr. 139†.
Anmerkungen
Urbanus Schwaiger unanimi consensu Fratrum in Praepositum est electus. Monasterium gemino ambitu exornavit. Molam frumentariam in proxima convalle emit, et flammis absumptam reaedificavit. et plurima aedificia de novo exstruxit. regens 24 annis moritur 1582.
Übersetzung:
Urban Schwaiger, durch einstimmigen Beschluß der Brüder in das Propstamt gewählt, schmückte das Kloster durch einen zweifachen Umgang. Er kaufte im nächsten Tal eine Getreidemühle und stellte die von Flammen verzehrte Bibliothek wieder her und erbaute andere Gebäude. Er starb, nachdem er 24 Jahre regiert hatte, 1582.
Kommentar
Propst Urban II. Schwaiger von Geigersau, Hofmark Rottenbuch (1558–1582)1), errichtete eine größere Bibliothek und veranlaßte umfangreiche wirtschaftliche und bauliche Verbesserungen2).
Anmerkungen
Wolfgangus Perkhofer rei gestae nactusa) laudem immortalem, quem modestia vitae, innocentia morum Coenobiarcham subrogavit generalem. Praefuit annis 30. fautor aedium sacrarum acerrimus, moritur Sexagenario maior. 1612b)
Übersetzung:
Wolfgang Perkhofer verdient unsterbliches Lob. Durch bescheidenes Leben und die Unschuld seiner Sitten steigerte er das Ansehen des Klosters, dem er 30 Jahre vorstand. Er war ein sehr eifriger Förderer kirchlicher Gebäude. Er starb als über Sechzigjähriger.
Kommentar
Propst Wolfgang Perkhofer aus Partenkirchen (1582–1611)1) war einer der bedeutendsten Bauherren des Klosters. Er errichtete die Rochuskirche mit dem Pestfriedhof, erweiterte die Stiftskirche und das Altenmünster. Er erreichte, daß die Wallfahrt auf dem Peißenberg Rottenbuch unterstellt wurde2). Im Altenmünster befand sich seine heute verlorene Grabtafel (vgl. Nr. 248† und 249†).
Textkritischer Apparat
Anmerkungen
Georgius Secundus Siessmayr cognomento. Pastor prius in Staindorff eligitur unanimi Fratrum consensu in Locum Defuncti, anno 1611. Novembris 7. resignavit vero Praelaturam anno Domini 1619. 13. Decembris.
Übersetzung:
Georg II., mit Beinamen Siesmair, früher Pfarrer in Steindorf1), wird mit einstimmigem Beschluß der Brüder an Stelle des Verstorbenen am 7. November 1611 gewählt. Er trat aber vom Prälatenamt im Jahre des Herrn 1619, am 13. Dezember, zurück.
Kommentar
Propst Georg II. Siesmair (Sießmair, Sießmayer; 1611–1619) ließ die Wallfahrtskirche auf dem Peißenberg errichten (vgl. Nr. 266). Siesmair trat 1619 zurück, er starb 16282).
Anmerkungen
Joannes Chrysostomus Sutora) ex Monasterio Pollinga) die 22. Decembris anno 1619 ad Praelaturam postulatus, cui cum Septem annis praefuisset, eandem 16. Decembris 1626 resignavit: obiit 13. Januarii 1666.
Übersetzung:
Johannes Chrysostomus Sutor, aus dem Kloster Polling, wurde am 22. Tag des Dezember im Jahre 1619 in das Propstamt berufen, dem er während sieben Jahren vorstand. Er trat von diesem Amt am 16. Dezember 1626 zurück. Er starb am 13. Januar 1666.
Kommentar
Propst Chrysostomus Sutor (Schuster; 1619–1626) wurde vom Kloster Polling nach Rottenbuch berufen. Er wurde 1626 aufgrund seiner schlechten Wirtschaftsführung zum Rücktritt genötigt und lebte, nachdem er kurz nach Polling zurückgekehrt war, noch bis 1666 auf dem Hohenpeißenberg1).
Textkritischer Apparat
Anmerkungen
Michael Fischer canonice electus die 14. Januarij 1627 in Praepositum, rebelles Terretorii Subditos sedavit. mire providus in rebus tam Spiritualibus, quam oeconomicis. Monasterium aere alieno graviter oppressum, et anno 1632, itemque 1646. et 1648. vastatum [rapin]isa) militum integre restituit. obiit piissime 26. Martii 1[663.]a)
Übersetzung:
Michael Fischer, nach kanonischem Recht am 14. Januar 1627 in das Amt des Propstes gewählt, beruhigte die aufrührerischen Untergebenen des Territoriums. Wunderbar vorsorgend, sowohl in geistlichen als auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten, hat er das von Schulden schwer bedrückte Kloster und in den Jahren 1632, sowie 1646 und 1648, nachdem es durch die Räubereien der Soldaten verwüstet worden war, gänzlich wieder hergestellt. Er starb sehr fromm am 26. März 1663.
Kommentar
Mit Propst Michael Fischer aus Polling (1627–1663) gelang ein Neuanfang. Trotz der Plünderungen in den Wirren des 30jährigen Krieges und den Schrecken der Pest konnte er die wirtschaftliche Situation des Klosters stabilisieren1).
Textkritischer Apparat
Anmerkungen
Augustinus Oberst canonice electus 26. Aprilis 1663. oeconomiae et disciplinae regulari sedulo invigilans Religiosorum numerum prope duplicavit. plura exstruxit nova aedificia. multa coemit praedia, ac copiosam Suppelectilem Sacram. Praefuit 28 annis. pie obiit 22. octobris 1690.
Übersetzung:
Augustin Oberst, gemäß kanonischem Recht erwählt am 26. April 1663, verdoppelte beinahe die Zahl der Klosterangehörigen, indem er sich mit Fleiß um die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die klösterlichen Regeln sorgte. Er erbaute viele neue Gebäude, kaufte viele Güter hinzu und erwarb einen umfangreichen Reliquienschatz. Er stand dem Kloster 28 Jahre vor. Er starb fromm am 22. Oktober 1690.
Kommentar
Propst Augustin Oberst aus Landsberg (1663–1690)1) konnte den Konvent auf 40 Mitglieder erweitern und vergrößerte das Kloster mit einem Neubau mit Studiersaal, Noviziat, Krankenzimmern und Apotheke. Das zu seiner Zeit schuldenfreie Rottenbuch konnte verschiedene Güter zukaufen2).
Anmerkungen
Gilbertus Gast, canonice electus 26. Novembris 1690. praeclarus Deiparae cultor. amator Fratrum, egenorum fautor eximius multa a fundamentis erexit aedificia, re domestica bene gesta 10. fere annis praefuit. pie obiit 3. Augusti 1700.
Übersetzung:
Gilbert Gast, nach kanonischem Recht am 26. November 1690 erwählt, war ein berühmter Verehrer der Gottesmutter, Freund der Brüder, herausragender Gönner der Armen. Er errichtete viele Gebäude von Grund auf. Er stand dem heimischen Kloster, dessen Hauswirtschaft er gut führte, beinahe zehn Jahre vor. Er starb fromm am 3. August 1700.
Kommentar
Unter Propst Gilbert Gast aus Kaufbeuren (1690–1700)1) wurde die Reichsritterschaft Osterzell erworben, wodurch die Pröpste Reichsfürsten wurden2).
Anmerkungen
Die von Hoffmair überlieferten Inschriften zu den einzelnen Pröpsten enden mit der für Propst Gilbert Gast. Bis zum Beginn der Umgestaltung des Gotteshauses im Jahre 1737 wirkte nur noch Patritius Oswald als Propst (1700–1740)4). Dagegen wurden die Inschriften auf der Pröpstetafel, die sich heute im Chor der Stiftskirche befindet, bis zum letzten Propst Herkulan Schwaiger weitergeführt.
Anmerkungen