Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)
Nr. 230(†) Rottenbuch, Friedhof 1606
Beschreibung
Fragment der Wappengrabplatte für Thomas Klingenstein und seine Ehefrau Anna, geb. Mangold. An der südlichen Friedhofsmauer. Ursprünglich im Friedhof, der zwischen dem Altenmünster und der Stiftskirche lag. Das heute vorhandene Fragment wurde als Antrittstufe im Schulhaus von Rottenbuch verwendet1). Es zeigt die Reste eines Vollwappens in Kreismedaillon. Eine Abzeichnung aus dem Jahre 1838 bietet den damals noch vollständig erhaltenen Stein2). Die hochrechteckige Platte wies nach der Abzeichnung an den vier Ecken jeweils in eingetieften, querrechteckigen Feldern Teile eines Sinnspruchs auf (I). Im oberen Teil über dem Vollwappen in einem von vier Engelsköpfen beseiteten Rundmedaillon mit Perlrahmen, befand sich die Grabschrift für Thomas Klingenstein (II), unter dem Wappen die für seine Ehefrau Anna Mangold (III).
Text und Beschreibung nach HVO Ms. 555 Taf. V.
Schriftart(en): Kapitalis (I), Fraktur (II, III).
- I.
NASCIMVR / MISEREVIVIMVS / VARIEMORIMVR / INCERTEDIVDICAR/MVRa) / DISTRICTEb)
- II.
Anno d(o)m(in)i 1606 / Den 18tag monat maic) / Starb der Ehrnueste vnd wo[l]gelert Chom[a]ṣd) / Clingenstain der freyen Chünstene) Baccalaure(us) / Vnd Aus Bapst auch Kheuserlich begnadi/gvng Ortenlicherf) Notarius des Alhieaigeng) / Gottshaus Rottenpuech Sambt vnd sonde / Gewester Hoffmarchs Richter zue Ober/Meitingen 32 Jar Notarius consistorii / Juratus 43 jar vnd konvent Schuelma(ister) / 18 Jar seines Allters im 66 jar dem got / Genedig vnd Barmher[zig]h) Sein wellen A(men)
- III.
Anno d(om)inj 1599 den 13tag Monats Januari) / Starb di Ernthafft vnd Tugentsam Frau / Anna magoldin des vornant Thomaj) Chling(enstein) / den 33 Jar vemeltk) Ehelich Havsfraul) ires Alter / 63 Jar der Got auch gned(ig)m) / vnd Barmhertz(ig)m) sein welle
Übersetzung:
Wir werden elend geboren, wir leben in unterschiedlicher Weise, unser Sterben ist unsicher, wir werden streng gerichtet. (I)
Klingenstein3). |
Textkritischer Apparat
- Sic! Wahrscheinlich Abzeichnungsfehler von Adlgasser, HVO Ms. 555 Taf. V, denn auf fol. 63r gibt er diudicamur districte an; diudicamur iuste Mois, Kleine Schriften 258.
- TE-Ligatur auf Abzeichnung nicht sicher erkennbar; Nebenform von destricte.
- 18 fever Speer, Collectio I, p. 62 und Speer, Praepositi p. 176; 18. Januar Mois, Kleine Schriften 258 und HVO Ms. 555 fol. 63r.
- Verdorbene Stellen in der Abzeichnung; lies Thomas.
- der Frauen Chiemsee HVO Ms. 555 fol. 63r.
- Lesung unsicher, offenlicher HVO Ms. 555 fol. 63r–63v.
- allhier eigenen HVO Ms. 555 fol. 63r.
- Verdorbene Stelle in der Abzeichnung; Barmherzig HVO Ms. 555 fol. 63r.
- 13 fever Speer, Collectio I, p. 62 und Speer, Praepositi p. 176.
- obbenannten Thomas HVO Ms. 555 fol. 63v.
- bey 33 Jahre bravest HVO Ms. 555 fol. 63v.
- f in Abzeichnung in Form eines t.
- Kein Kürzungszeichen in der Abzeichnung.
Anmerkungen
- Mois, Kleine Schriften 260.
- HVO Ms. 555 Taf. V.
- Zwei gekreuzte Klingen, einen Mühlstein durchbohrend.
- Mois, Kleine Schriften 259.
- Vgl. Nr. 282 .
- Speer, Collectio I, p. 62; Speer, Praepositi p. 176. 1606. 18 Jener ist gestorben Thomas Klingenstein, Hofmarchs-Richter, Ober-Richter zu Ober=Meittingen, Notarius Publicus Caesar(eus) et Pontific(us) Notarius iuratus Consistorii, Convent-Schuell-Maister etc. und Anna Magoldin 13 Jener 1599.
- Obermeitingen, Lkr. Landsberg am Lech. Geschlossene Hofmark des Klosters Rottenbuch.
- Mois, Kleine Schriften 258; Mois, Stift und Hofmark 301.
Nachweise
- HVO Ms. 555 fol. 63r–63v und Taf. V (Nachzeichnung); Mois, Kleine Schriften 258–259.
Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 230(†) (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0023002.
Kommentar
Die Textüberlieferung der Nachzeichnung in HVO Ms. 555 ist leider an manchen Stellen schlecht, da der Zeichner manche Buchstaben nur andeutet und andere vielleicht aus Platzgründen oder wegen Leseproblemen auszulassen scheint.
Mois will ein zweites Denkmal für Thomas Klingenstein an der Westseite der heutigen Pfarrkirche, links am Portal gesehen haben4). Dieses Denkmal ist jedoch weder auffindbar noch irgendwo anders nachgewiesen. Die Angabe dürfte eine Verwechslung mit dem Grabmal des Hofmarkrichters Mathias Schwaiger von 1616 bzw. 1623 sein5). Der von Mois für das Denkmal gebotene Text entspricht genau der durch Prosper Speer gebotenen Überlieferung der Klingenstein Platte6). Speer hat jedoch bei den Denkmälern für Laien, die im Kloster Rottenbuch vorhanden waren, grundsätzlich eine eher kursorische, regestenartige Form der Überlieferung gewählt, – wie auch hier aus dem etc. etc. zu schließen ist. Es ist daher davon auszugehen, daß er sich mit dieser Überlieferung auf die oben gebotene Platte bezieht.
Thomas Klingenstein wurde 1540 als Müllerssohn in Peiting geboren. Er erwarb das Baccalaureat, wo, konnte nicht ermittelt werden. 1562 kam er als Baccalaureus und Notarius caesareus et pontificius nach Rottenbuch. Er wirkte 18 Jahre als Lehrer der Novizen und Kleriker, 32 Jahre als Archidiakonal-Notar und 43 Jahre als Hofmarksrichter in Obermeitingen7). 1568 heiratete er Anna, die Tochter des Lukas Mangold, der Oberkoch im Kloster Rottenbuch war8). Sie hatten einen Sohn Gabriel, der seinem Vater als Hofmarksrichter nachfolgte.