Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 171† Polling, Liebfrauenkirche (abgegangen) 1586

Beschreibung

Gebetsinschrift, Stiftervermerk und Bauinschrift auf einer Glocke (?). Inschrift auf der mittleren von drei Glocken (vgl. die vorhergehende und die folgende Nummer). Vermutlich anläßlich des Abbruches der Liebfrauenkirche 1805 abgegangen. Die mittlere Glocke zeigte auf einer Seite ein Bild des Gekreuzigten und der sich an das Kreuz lehnenden Maria Magdalena mit Inschrift (I). Auf der anderen Seite waren die Initialen des Herzog Ernst von Bayern in Kapitalis-Buchstaben (II) angebracht, darüber vielleicht eine Inschrift, die an den Erbauer des Turmes erinnerte (III).

Text und Beschreibung nach Gailler, Vindelicia Sacra.

  1. I.

    Salva nos

  2. II.

    E(rnst) H(erzog) I(n) B(aiern)

  3. III.

    Reverendus in Christo Pater, ac D(ominus) D(ominus) Jacobus Pollingae Praepositus turrim hanc erigi curavit anno Domini MDLXXXVI

Übersetzung:

Errette uns. (I) Der in Christus verehrungswürdige Vater und Herr Herr Jakob, Propst von Polling, hat diesen Turm im Jahre des Herrn 1586 errichten lassen. (III)

Kommentar

Herzog Ernst von Bayern war Kurfürst von Köln, Bischof von Freising und Bischof von Hildesheim, Lüttich und Münster. Es ist anzunehmen, daß er Stifter dieser und einer weiteren Glocke des Pollinger Geläuts (vgl. die folgende Nummer) war. Ob Ernst diese Stiftung in seiner Funktion als Freisinger Diözesanbischof vornahm oder ob er das Geläut zusammen mit seinen Brüdern (vgl. die vorige Nummer) wegen der besonderen Verbundenheit des Hauses Wittelsbach mit dem Pollinger Kloster stiftete, kann nicht mehr festgestellt werden.

Jakob Schwarz war von 1571 bis 1591 Propst. Seine Grabplatte ist erhalten1).

Äußerst ungewöhnlich ist die Anbringung der Bauinschrift des Turms auf der Glocke. Gailler, der die Inschriften auf den Glocken als einziger überliefert, führt sie so an. Da nach heutigem Wissensstand kein einziger paralleler Fall einer solchen Anbringung in Deutschland bekannt ist, kann wohl nicht ausgeschlossen werden, daß im Werk Gaillers die vermutlich am Turm angebrachte Bauinschrift (III) unter die Überlieferung der Glockeninschriften geraten ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 185.

Nachweise

  1. Gailler, Vindelicia Sacra 257–258.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 171† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0017108.