Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 138a(†) München, Bayerisches Nationalmuseum 1556

Beschreibung

Fragmente einer Glocke, ehemals die größte Glocke in der Filialkirche St. Georg auf dem Auerberg, Gde. Bernbeuren. Zwei Reliefs von der Flanke der Glocke (Inv. Nr. 52/232 und 52/233): erstes Relief mit Wappenschild, darunter Schriftfeld mit Gießerinschrift (I), zweites Relief mit Kruzifixus mit Titulus (II), dahinter Doppeladler, am Kreuzfuß Pelikan, seine Jungen nährend, darunter Schriftband mit Inschrift (III). Hofmann überliefert einen weiteren Text, der mutmaßlich als Umschrift an der Schulter stand (IV). Oberhalb der erhaltenen Reliefs ist noch ein Kordelsteg, der wohl unterhalb der Umschrift verlief, erkennbar.

Die Glocke blieb nach Hofmann nach dem Zweiten Weltkrieg als Fragment auf dem Glockenfriedhof in Hamburg erhalten1). Nach Informationen aus dem Bayerischen Nationalmuseum befand sich das Fragment vorübergehend im Museum und wurde dann wieder an die Pfarrei Bernbeuren abgegeben. Zuvor wurden die beiden Reliefs ausgeschnitten und in die Sammlung aufgenommen2). Die Reste der Glocke wurden höchstwahrscheinlich für einen Neuguß eingeschmolzen3).

Maße: D. 103 cm4), erstes Relief H. ca. 22 cm, B. ca. 15.cm, zweites Relief H. ca. 21,5 cm, B. ca. 12 cm, Bu. 1 cm (I), 0,6 (II, III).

Schriftart(en): Fraktur (I), Kapitalis (II, III).

© Bayerisches Nationalmuseum München [1/1]

I.

  1. Gregory Löffler ∙ vnd seine ∙ zwen / Sün ∙ helias ∙ vnd ∙ hanns Criß=/=toff ∙ Gossen ∙ mich in Anno ∙ / 1 ∙ 5 ∙ 56a)

II.

  1. I ∙ N ∙ R ∙ I

III.

  1. HIS QVI DILIGVNT

Übersetzung:

Denen, die lieben.

IV. Nach Hofmann, Kirchenglocken.

  1. O rex gloriae Christe

Übersetzung:

O König der Herrlichkeit, Christus5).

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): 1 Cor 2,9. (III)

 
Wappen:
Bischof Otto Truchsess von Waldburg6).

Kommentar

Die Glocke war ein Werk des Innsbrucker Glockengießermeisters Gregor Löffler und seiner beiden Söhne, Elias und Hans Christoph7). Von ihnen stammt auch eine kleinere Glocke, die sich heute noch auf dem Turm von St. Georg am Auerberg befindet und die dieselben Reliefs aufweist (vgl. Nr. 138). Die Glockengießerinschrift ist ebenfalls identisch. Mutmaßlich verwendete Löffler den selben Model. Die gleiche Inschrift – nur mit anderer Jahreszahl – findet sich häufiger auf seinen Glocken, so beispielsweise auch in Vorderburg (Gde. Rettenberg, Lkr. Oberallgäu/Schw.)8).

Das Relief mit dem Kruzifixus vor dem Doppeladler und dem Pelikan ist das Emblem des Kardinals und Bischofs von Augsburg, Otto Truchsess von Waldburg. Sein Wappenschild ziert die Glocke9). Möglicherweise stiftete Bischof Otto die beiden Glocken für die Kirche am Auerberg, der damals im Gebiet des Augsburger Hochstiftes lag10).

Textkritischer Apparat

  1. Letzte Zeile zentriert.

Anmerkungen

  1. Schreiben Sigfrid Hofmanns vom 27.11.1952 an das Pfarramt Bernbeuren, Pfarrarchiv Bernbeuren; für diese Information gilt herzlicher Dank Herrn Meßner Werner Maier, Bernbeuren.
  2. Für den Hinweis, daß sich das Fragment im Bayerischen Nationalmuseum befinden könnte, gilt ebenfalls Dank Herrn Maier; für Auskünfte zum Verbleib der Glocke und der Reliefs gilt herzlicher Dank Frau Elke Albrecht-Messer M.A., Dokumentationsstelle des Bayerischen Nationalmuseums, München.
  3. Auf dem Auerberg befindet sich heute eine Glocke (östliche Glocke unten), die laut Auskunft einer Gedenkinschrift am Schlag offenbar nach der alten Glocke neu gegossen wurde: BIN ZERBROCHEN VOM 2. WELTKRIEG HEIMGEKOMMEN ∙ JOHANN HAHN LANDSHUT HAT MICH 1953 NEU GEGOSSEN (historisierende Gotische Majuskel). In die Form für den Neuguß wurden Abgüsse der Reliefs der alten Glocke integriert, sodaß sich heute dieselben Reliefs (in Kopie) auf der Glocke befinden. Ebenso orientierte man sich für die Umschrift an der alten Glocke. Die heutige Umschrift trägt allerdings einen längeren Text als den, den Hofmann angibt: ∙ O REX GLORIE CRISTE VENI CVM PACE ∙ MCCCCCXXXXXVI (Kapitalis). Möglicherweise hatte Hofmann nur einen Teil der Umschrift wiedergegeben. Vielleicht wurde aber auch die Umschrift anderweitig ergänzt.
  4. Den Durchmesser der Originalglocke gibt Hofmann, Kirchenglocken Nr. 5, 23, an.
  5. Zu O rex gloriae vgl. DI 62 (Weißenfels) Nr. 9 bzw. DI 64 (Querfurt) Nr. 7†.
  6. Bi 159.
  7. Zu Löffler vgl. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 166f; Gritsch, Glocken Peter Löfflers 77f.
  8. Vgl. hierzu Deutscher Glockenatlas Bayerisch-Schwaben Nr. 1777 und Abb. 109.
  9. Vgl. auch Welt im Umbruch 2, Kat. Nr. 481 und 611.
  10. Vgl. HAB Altbayern I, 22/23 (Rauhenlechsberg) Karte Nr. 1.

Nachweise

  1. Steichele, Bisthum Augsburg 4, 308; Hofmann, Kirchenglocken Nr. 5, 23.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 138a(†) (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0138a06.