Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 111† Steingaden, Stiftskirche Johannes d. Täufer 1527

Beschreibung

Preisgedichte auf Welf VI. und seinen Sohn Welf VII., die Gründer des Klosters Steingaden. In der Kirche. Unter Bildern von Welf VI. und seinem Sohn Welf VII. waren Preisgedichte angebracht1). Die Bilder und Verse sollen aus der Zeit nach der Zerstörung des Klosters im Bauernkrieg stammen2).

Text nach Clm 1462.

  1. I.

    Welfo der Sechst ein theurer fürst,den allein nach Ehren hat dürst.von jugend auf durch sein ganz lebenWas er der Ritterschaft ergeben.5viel schwere Krieg er gfiehret hatmit kaiserlicher Majestat.Conrada) dem dritten, und dargleichmit dem Margraf aus oestereich, darumb, das ihm sein Erbschaft gar10 im Haus Ze Bayrn gnomen War.Baldb) Zog er in das globte Land,gar statlich nach gmachten Anstand.und als er wieder Kam heraus, bautc) er diß wirdig Gotteshaus.15Durch sein Auctoritet vorabWurdd) Herzog Friderich der SchwabDen Mann sonst Barbarossa nennet,zum Roemischen Kayser erkennet.Drumb Ihm der Kayser Schanckht Ze Hand20Mathilden Herschaft in Welschland,die er seim Sohn bald übergab:Thaete) sich zur Rueh; schaft von ihm aball Weltlich Haendl, dienet gottvorthin andaechtig, ohne Spoth.25bis leztlich ihn der Todt auch nahmaus disem jamerthal; da kamSein Leib hieher, wurde begraben,wie wir noch heuntigstags ihn habenSamt seinem Sohn, Gott woell Ihm geben, 30und uns Zugleich das ewig Leben.Amenf)

  2. II.

    Welfo der Sibent hoch ermelt, von andren billig wird gezehltWohl unter edler Helden Zahl,Sein Lob und Ehr ist überall, 5noch auf den heuntgen Tag bekantin teutschen Reich, und Welschenland.mit seines vatters volck, und Machthatg) er viel Ritter That verbracht.bey seinem voettern Friderich10dem Kayser from und Tugentrich;dem that er treulichen Beystandim Krieg vor Crema, und Mayland.Als Ihm aber sein Vatter fruminh) Welschen Landen umb und umb15sein gwalt, und Furstenthumb aufgebenthat er nach Frid dermaßen strebenin seiner Regierung, Desgleichder Zeit nit war im ganzen reich,mit Sanftmüthigkeit über das20Er Kayser julius gleich was.Pfalzgrafen Hug von Tibingen eraufi) seines Herrn Vatters begehrmit Kriegsmacht gwaltig uberzoch,bis er bracht ihn unter das joch.25da schickt er ihm mit Ernst behaendgen Welschen Neuburg ins Elend.Leztlich starb er vor Rom der Statan einer Kranckheit, das man hathieher gefuehret sein gepein.30Gott woell Uns allen gnaedig sein.Amenf)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

In Steingaden gab es einen ausgeprägten Stifterkult, besonders um den Klostergründer Welf VI. und seinen Sohn Welf VII. Davon zeugen das im selben Jahre angefertigte Grabdenkmal (Nr. 110†) oder auch die etwas später angelegte sog. Welfengenealogie (Nr. 234).

Welf VI. hat nach der Ächtung seines Bruders Heinrich des Stolzen die Vergabe des Herzogtums Bayern an den Markgrafen Leopold IV. von Österreich durch König Konrad III. im Jahre 1138 nicht anerkannt und nach dem Tod seines Bruders im Jahre 1139 den Kampf gegen die Staufer fortgeführt (I, Z. 5–10). Im Jahre 1147 gründete er das Kloster Steingaden (I, Z. 14). 1152 unterstützte er die Wahl von Friedrich von Hohenstaufen zum deutschen König, welcher ihm eine Anzahl von Reichslehen in Italien sowie die Mathildischen Güter verlieh (I, Z. 15–20). Nach dem Tod seines Sohnes im Jahre 1167 zog er sich zurück (I, Z. 22–24) und verkaufte im Jahre 1172 seine italienischen Lehen an Kaiser Friedrich Barbarossa, den er im Jahre 1179 gegen Zahlung einer größeren Geldsumme auch zum Erben seiner schwäbisch-bayerischen Besitzungen einsetzte. Welf VI. starb 11913).

Welf VII., der Sohn Welfs VI., diente im Heer Kaiser Friedrich Barbarossas (II, Z. 9–12). In den Jahren 1164 bis 1166 kämpfte er in der sog. Tübinger Fehde zwischen dem Pfalzgraf Hugo II. von Tübingen und den Welfen mit wechselndem Erfolg. Kaiser Friedrich Barbarossa beendete im März 1166 den Streit durch ein Gerichtsverfahren, durch das sich der Pfalzgraf Hugo seinem Gegner zur Haft auf der Feste Neuburg in Rätien4) ausliefern mußte (II, Z. 21–26). 1167 starb Welf VII. an der Pest in Siena3).

Textkritischer Apparat

  1. 1140 davor am Rand.
  2. 1146 davor am Rand.
  3. 1147 davor am Rand.
  4. 1152 davor am Rand.
  5. 1165 davor am Rand.
  6. In der Handschrift zentriert.
  7. 1158 davor am Rand.
  8. 1165 davor am Rand.
  9. 1166 davor am Rand.

Anmerkungen

  1. Clm 1462 p. 46; Khamm, Hierarchia Augustana III, 475: In Frontispicio templi juxta eius portam effigiati stant Guelpho VI. et VII. verae, sed giganteae staturae, rhytmis germanicis honorati. Möglicherweise handelte es sich dabei um ähnliche Darstellungen, wie sie heute unter der Empore an der Westwand neben dem Eingang der Kirche zu sehen sind. Diese Fresken stammen jedoch erst aus der Phase der Ausmalung des 18. Jahrhunderts, möglicherweise aus der Zeit um 1751, vgl. DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 477 (mit Abb.).
  2. Clm 1462 p. 44; Hager, Steingaden 148.
  3. Vgl. Nr. 110†.
  4. Vgl. zu Hugo II., Pfalzgraf von Tübingen ADB 13 (1881) 311–319; Neuburg, heute Burgruine bei Koblach, Pol. Bez. Feldkirch/Vorarlberg.

Nachweise

  1. Clm 1462 p. 46–48; Hager, Steingaden 148–150; Graf, Geschichte Steingaden 3–4.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 111† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0011102.