Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 110† Steingaden, Stiftskirche St. Johannes d. Täufer (1527)

Beschreibung

Gedenkinschrift auf der Deckplatte des Stifterdenkmals für Welf VI. und Welf VII. Im Mittelschiff1). 1527 unter Abt Johannes Dimpt (1523–1535) als Ersatz für ein in den Bauernkriegen zerstörtes Denkmal neu errichtet2). Durch Abt Augustin Bauer (1687–1699) mit vergoldeten Schranken umgeben3). 1747 anläßlich der barocken Umgestaltung des Mittelschiffes abgebrochen4). Überliefert durch die Abzeichnung der Platte in Monumenta Boica. Unter einem flachen, auf Säulen ruhenden Rundbogen knien links Welf VI. und rechts sein Sohn Welf VII. im vollen Harnisch, die Visiere geöffnet, jeweils auf einem Podest. Die beiden gegenüber Knienden halten mit jeweils gesenkter Hand zwischen sich einen Wappenschild, mit der anderen erhobenen Hand ein Modell der Klosterkirche. Oben zu beiden Seiten des Modells Halbfiguren der Kirchenpatrone, links Johannes der Täufer mit dem Lamm, rechts der Evangelist Johannes mit Kelch, aus dem die Schlange emporsteigt. Unter der Wandnische Sockel zwischen Pilastern in zwei Felder geteilt. Links die Inschrift für Welf VI. (I), rechts für seinen Sohn (II).

Text und Beschreibung nach Stich von Joseph Zimmermann in MB 6.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

I. linke Seite

  1. Vuelfo · dux · / fundavit monasterivm / istud · an(no) · 1 · 1 · 47 · / obijt · an(no) · 1 · 1 · 91 · / in · die · luciae ·

Übersetzung:

Herzog Welf gründete dieses Kloster im Jahre 1147 und starb im Jahre 1191 am St.-Lucien-Tag.

II. rechte Seite

  1. Vuelfo · filivs · ei(us) / in italia peste · interijt · / an(no) · 1 · 1 · 67 · sed hic · / ossa ei(us) translata · / et · reposita ·

Übersetzung:

Welf, sein Sohn, starb in Italien an der Pest im Jahre 1167, aber hierher sind seine Gebeine überführt und beigesetzt worden.

Datum: 1191 Dezember 13.

 
Wappen:
Steingaden Stifterwappen5).

Kommentar

Das Grabmal stammte laut Hager6) von demselben Steinmetz, von dem Abt Johannes im Jahre 1529 das Monument mit seinem und seines Vorgängers Bildnis herstellen ließ7). Nach dem Abbruch des Hochgrabes wurden – wohl als Ersatz – 1747 an dem zweiten nördlichen Langhauspfeiler Welf VI. und am gegenüberliegenden südlichen Pfeiler Welf VII. im Relief durch Johann Baptist Straub dargestellt. Unterhalb der Darstellungen befindet sich je eine Inschriftenkartusche. Straub orientierte sich – nach dem Stich in Monumenta Boica (1766) zu schließen – sehr genau an der Darstellung auf der verlorenen Deckplatte des Hochgrabes. Auch die Inschriften geben bis in Schriftdetails hinein die Inschriften der verlorenen Hochgrabdeckplatte wieder8).

Welf VI., Markgraf von Tuszien, Herzog von Spoleto, starb am 15. Dezember 1191 (nicht wie in der Inschrift genannt am 13.) in Memmingen. Er gründete im Jahre 1147 das Kloster Steingaden.

Sein Sohn Welf VII. starb am 12. September 1167 in Siena an der Pest. Seine Gebeine wurden nach Deutschland überführt und in Steingaden beigesetzt.

Anmerkungen

  1. Clm 1921 fol. 1r gibt als Standort in medio templi an. Vgl. auch Hager, Steingaden 144, er nimmt als Standort innerhalb des Mittelschiffes „in der Mitte der Längsachse, westlich von den Chorstufen und dem unter dem Triumphbogen stehenden Kreuzaltar“ an.
  2. Clm 1921 fol. 6v–7r; Hager, Steingaden 138 und 143; vgl. zu Abt Johann Dimpt Pörnbacher, Steingaden Festschrift 55.
  3. Hugo, Praemostratensis Annales I,II,1 Sp. 883.
  4. Hager, Steingaden 144 und 146; Hofmann, Stift Steingaden 91.
  5. Zimmermann, Klosterheraldik 155. Greifenlöwe, als Symbol für die welfischen Stifter.
  6. Hager, Steingaden 145.
  7. Vgl. Nr. 113.
  8. Goldberg, Staatsgalerie Füssen 64; Kruppa, Herrscher 265–269, mit Abb. 9 des barocken Epitaphs.

Nachweise

  1. Clm 1462 p. 45; Clm 1921 fol. 1r–1v; Cgm 2960 2. Teil p. 4; MB 6, Taf. IV (nach 480); Hager, Steingaden 144–145.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 110† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0011005.