Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 99† Polling, Kloster 1521

Beschreibung

Tafel mit Gedenkinschrift zur Erinnerung an den Aufenthalt von Dr. Johannes Eck in Polling. In der Klosterbibliothek. In der Säkularisation verschollen. Gemalte Tafel. Oben stehend die Heiligen Johannes der Evangelist, Johannes der Täufer und Johannes Chrysostomus mit ihren Attributen. Über ihnen je ein Spruchband mit Inschrift (I). Unter der Figurengruppe befindet sich links ein Vollwappen. Rechts vom Wappen ist die Gedenkinschrift (II) angebracht.

Text und Beschreibung nach Abzeichnung British Library Ms Add. 24181.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. I.

    Est // uolucera) // Estb) // uoxa) // Estc) aurevs // ore Johannesd)

  2. II.

    Joh(annes) · eckius, art(ium) · decret(orum) · et theol(ogiae) · doc(tor) · / peste Ingoldstady seuiente, huc / ad pAtrese), amore et fama eoru(m)f) / allectus, secessit : et obrei · MeM(oriam) · / patronis · s(uis) · sicg) · ex uoto F(ieri) · C(uravit) · /Joa(nne) · sta(n)nifusore p(rae)p(osito) . Ch(unrado) · hertl D(e)c(ano) · / · M · D · XXIh) ·

Übersetzung:

Das ist Johannes, der hochfliegende (Adler), das ist Johannes, die Stimme, das ist Johannes, der Goldmund1). (I)

Als in Ingolstadt die Pest wütete, hat sich der Doktor der schönen Künste und Wissenschaften, der Dekretalien und der Theologie, Johann Eck, von der Liebenswürdigkeit und dem guten Rufe der Ordensgeistlichen angezogen, hierher zu ihnen zurückgezogen; und zur Erinnerung daran hat er im Jahre 1521, als Johannes Zinngießer Propst und Konrad Hertl Dekan war, in Erfüllung eines Gelübdes seinen Beschützern dieses (Bild) verfertigen lassen. (II)

Versmaß: Hexameter. (I)

Wappen:
Eck2).

Kommentar

Johannes Eck, der große katholische Theologe von der Universität Ingolstadt und berühmte Gegner Martin Luthers, ließ diese Tafel aus Dankbarkeit für seine Aufnahme in Polling anfertigen. Eck hielt sich bereits vor 1521 mehrfach in Polling auf, weil er von den Gesprächen mit dem damaligen Propst Johannes Zinngießer (in der Inschrift latinisiert stannifusor) profitieren konnte. Im Jahre 1521 flüchteten die meisten Professoren der Universität Ingolstadt wegen des Ausbruchs der Pest. Eck fand wiederum in Polling Aufnahme. Dekan war zu dieser Zeit der nachfolgende Propst Konrad Härtl (1530–1531). Als Maler der Tafel wird der Weilheimer Maler Jörg Greimold vermutet3).

Textkritischer Apparat

  1. Schrift durch Knick(e) im Spruchband unterbrochen.
  2. Davor Wechsel von erstem zu zweitem Schriftband.
  3. Davor Wechsel von zweitem zu drittem Schriftband.
  4. Schrift durch Knick(e) im Spruchband unterbrochen; Joannes Cgm 5743.
  5. Kapitales A hochgestellt zwischen p und t.
  6. fama und eorum ohne Abstand.
  7. hoc BHStA KL Polling Nr. 220.
  8. Letzte Zeile mit Datierung zentriert.

Anmerkungen

  1. Die Bezeichnung volucer bezieht sich auf das dem Hl. Johannes dem Evangelisten zugewiesene der vier apokalyptischen Wesen, seit Hieronymus wird Johannes hier der Adler als Kennzeichnung der hochfliegenden Worte im Logosprolog des Evangeliums zugewiesen. Der Beiname vox bzw. vox clamantis für Johannes den Täufer findet sich in diversen Bibelstellen, vgl. Mt 3, 3, Mc 1, 3, Lc 3, 4 und Io 1, 23; os aureus entspricht dem griechischen Beinamen des Johannes Chrysostomus; vgl. hierzu auch dankenswerten Hinweis von Herrn Dr. Uwe Dubielzig, München.
  2. BayA1 33.
  3. Bogenrieder, Bau- und Kunstgeschichte 106; zu Greimold vgl. auch Nr. 122.

Nachweise

  1. BHStA KL Polling Nr. 220 fol. 48r (nur Inschrift II); British Library Ms. Add. 24181; Cgm 5743 fol. 12v; Ferner-weite Fortführung 521; Töpsl, Succincta Informatio 89; Bogenrieder, Bau- und Kunstgeschichte 106.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 99† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0009905.