Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 57 Polling, Pfarrkirche Hl. Kreuz (ehem. Stiftskirche) vor 1491 Oktober 18

Beschreibung

Stifterinschrift des Propstes Johannes II. Vendt (1454–1491) auf der Deckplatte für die Prälatensepultur. Vorhalle, am nördlichen Pfeiler gegenüber dem Eingang. Ursprünglich in der Prälatengruft unter dem Kapitel1). Vermutlich entweder anläßlich der Umgestaltung anfang des 17. Jahrhunderts oder der Umgestaltung 1760 an den heutigen Platz verbracht2). Rotmarmor. Tumbadeckplatte. Im Feld der Propst in Chorkleidung mit Almutia und Birett unter einem Kielbogen in der linken Hand ein Standkreuz, mit der rechten führt er eine segnende Geste aus. Hintergrund der Bildfläche damastiziert. An den unteren beiden Ecken befinden sich schräg nach innen gestellt rechts und links zwei Wappenschilde. Inschrift erhaben, auf der äußeren Schräge der Tumbadeckplatte zwischen runden Profilleisten rechts oben beginnend, gegen den Uhrzeigersinn umlaufend.

Maße: H. 220 cm, B. 120 cm, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/5]

  1. Hic · e(st) · sep(u)ltvraa) · o(mn)i(u)mb) · p(re)latoru(m)c) · h(uius)d) · / monastery · q(ua)m · co(n)strui · fecit Ven(er)abil(is)e) · p(ate)r · d(omi)n(u)s · Joh(ann)es · Vennd / · h(uius)d) · Cenoby · p(re)po(s)it(us)f) · q(ui)g) · p(ri)m(us)h) · hanc / sep(u)ltura(m)i) · recepit · laudabilit(er)j) · rex(it) · xx⟨xv⟩ an(n)os · et · ob(iit) ⟨i(n) die Luce 1491k)

Übersetzung:

Hier ist die Grabstätte aller Prälaten dieses Klosters, welche der verehrungswürdige Vater Herr Johannes Vendt, der Propst dieses Stiftes, errichten ließ, welcher als erster diese Grabstätte bekam. Er regierte lobenswert 35 Jahre und starb am Lukas‑Tag.

Datum: 1491 Oktober 18.

Wappen:
Michael Spett3), Johannes Vendt4).

Kommentar

Nach Liedke bestellte Propst Vendt noch zu Lebzeiten bei den Haldnern in München ein Hochgrab, das bereits 1474 fertiggestellt wurde5). Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel LIII.

Die in der Inschrift nachgetragenen Daten Johannes Vendts sprechen für eine Anfertigung noch zu Lebzeiten des Propstes. Dem entgegen steht jedoch die Tatsache, daß auf dem Denkmal bereits das Wappen seines Nachfolgers, des Propstes Michael Spett (1491–1499), angebracht ist. Unklar ist, wann die Platte genau angefertigt wurde und ob das Spett-Wappen erst später ausgeführt oder in einem anderen Zusammenhang angebracht wurde.

Johannes Vendt, Propst von Polling (1454–1491), erhielt von Kaiser Friedrich III. die Erlaubnis, mit rotem Wachs zu siegeln. Er erbaute die St. Wolfgangskapelle6). In seiner Regierungszeit gelangte die Schreibkunst im Kloster Polling zu großer Blüte7).

Textkritischer Apparat

  1. Nach l Kürzungszeichen.
  2. Kürzungsstrich über m.
  3. Kürzungsstrich über p und u.
  4. h mit us-Haken über der Zeile.
  5. Ohne erkennbares Kürzungszeichen.
  6. Kürzungszeichen über o und i, us-Haken nach t.
  7. Kürzungszeichen über q.
  8. Kürzungshaken über p, us-Haken nach m.
  9. Kürzungshaken nach t, Kürzungszeichen über m.
  10. Kürzungshaken nach t.
  11. 1491 in verkleinerter Schrift.

Anmerkungen

  1. Angelosanti, Pollinger Pröpste 26. Abweichend nimmt Liedke, Haldner 104 eine Aufstellung an einem unbekannten Ort in der Klosterkirche an. Als Standort des Denkmals käme auch der über der Prälatengruft liegende Kapitelsaal in Frage.
  2. Liedke, Haldner 104; Biller, Pollinger Heimat-Lexikon 647.
  3. Zimmermann, Klosterheraldik 120.
  4. Zimmermann, Klosterheraldik 120.
  5. Als Schöpfer des Grabmals ist nach Liedke, Haldner 104, Marx Haldner anzunehmen, während Biller, Pollinger Heimat-Lexikon 647, und DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 295f., Mathäus Haldner und Angelosanti, Pollinger Pröpste 25, Johannes Haldner angeben.
  6. Vgl. Nr. 53†.
  7. Biller, Pollinger Heimat-Lexikon 647.

Nachweise

  1. Clm 27202 fol. 58r; Schmidtner, Prälatengruft 107; Schmidtner, Überblick Polling 31, 51; Kdm OBB III (Weilheim) 718; Liedke, Haldner 104–105; Biller, Pollinger Heimat-Lexikon 647 (mit Abb.); DiB I,23 (Weilheim-Schongau) LXXXIV und 295f. (mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 57 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0005703.