Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 289 Weilheim, Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt 1624

Beschreibung

Gemaltes Epitaph für Anna Greither (Inv. Nr. MH 109). Im südlichen Eingang, an der Ostseite. Ursprünglich im Friedhof auf dem Betberg1). Es kam dann 1674 in die Friedhofskirche St. Salvator und St. Sebastian2). 1849 wurde das Gemälde in eine Nische im Eingangsbereich der Stadtpfarrkirche gestellt. 1883 im „städtischen Alterthümer-Museum“ aufgestellt und vermutlich in diesem Zusammenhang 1884 durch den Weilheimer Maler Anton Mangold „aufgefrischt“3), wann es zurück in die Stadtpfarrkirche kam, ist unklar. Tafelbild in schwarzem Rahmen. Bild in zwei Zonen übereinander gegliedert. Der untere Teil des Bildes stellt dabei ein Podest dar, auf dem die obere Darstellung ruht. Im oberen Teil, auf einem Sarkophag hingestreckt, ein Skelett, einen angebissenen Apfel (den Paradiesapfel) in der Rechten, auf dem Sarkophag Vergänglichkeitssymbole wie Kröten und eine abgeknickte Kerze. Um den Sarkophag versammelt, fünf Männer in antikisierender Tracht. Den Figuren sind jeweils der Name und ein Epitheton beigefügt (I). Im Hintergrund Stadtansicht (Weilheim?). Am Rand des Sarkophags Sinnspruch (II). Auf der Vorderseite des Sarkophags befinden sich drei gemalte Reliefs mit den Themen Gericht, Himmel und Hölle, die durch jeweils darüberstehende Inschriften erläutert sind, eine entsprechende Inschrift – durch die Schriftgröße als inhaltlich zugehörig gekennzeichnet – befindet sich über den Hüftknochen des Skeletts (III). Auf der Abgrenzung der allegorischen Darstellung des Todes im oberen Bereich steht ein weiterer Sinnspruch (IV). Im unteren Bereich, dem gemalten Podest, in einer Nische in der Mitte ein Trauergerüst mit Vergänglichkeitssymbolen und Kruzifix mit Titulus (V), an der Stirnseite drei Wappen und Initialen (VI). Auf der linken Seite des Trauergerüstes in kniender Stellung ein Mann mit zwei als verstorben gekennzeichneten und zwei weiteren Söhnen, auf der rechten Seite zwei Ehefrauen, die erste mit einer als verstorben gekennzeichneten und vier weiteren Töchtern, die zweite mit zwei Töchtern. Die Kennzeichnung der Verstorbenen sowohl mit Sterbekreuzen als auch mit vor ihnen ruhenden Schädeln. Links (VII) und rechts (VIII) auf den vorkragenden Teilen des Podestes je ein Gedicht. Diese Gedichte waren bereits im Jahre 1843 schwer zu entziffern, sie wurden im Jahre 1884 durch den Weilheimer Maler Anton Mangold entziffert und erneuert. Unter den männlichen Mitgliedern der Familie hat Elias Greither signiert (IX), unter den weiblichen ist angegeben, wem das Epitaph gewidmet ist (X). Dazwischen ist die Jahreszahl der Entstehung aufgemalt (XI), die Jahreszahl ist vermutlich später, da sie auf die Inschrift XII keine Rücksicht nimmt. Unter der Jahreszahl, am unteren Bildrand unter der Darstellung des Trauergerüstes, sind noch Reste einer weiteren Inschrift sichtbar (XII), die jedoch sicher schon im Jahre 1843, als Schmidtner seine Aufzeichnungen machte, nicht mehr lesbar waren und bei der Renovierung im Jahre 1884 wohl nicht mehr beachtet wurden3). Fast in der Mitte verläuft senkrecht eine Schnittstelle, an der mutmaßlich ein schmaler Streifen des ursprünglichen Bildes fehlt (0,3 cm?), wann das Bild zerschnitten wurde, ist unklar.

Maße: H. 125 cm, B. 147 cm4).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis (I, V, VI).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/5]

I.

  1. Schen / ABSALOLONa) Sterkh / SAMSON Gwaltig / ALEXANDERb) · weiß . / SALOMON Kunstreich . / GALENVS ·

II.

  1. der Todt, findt sich selbst iber wundn . Wan er hat senc) bethrachter funden ·

III. Über den Hüftknochen des Skeletts

  1. Todt ·

Über den drei Reliefs des Sarkophags

  1. Gericht · // Höll · // Himelreich ·

IV.

  1. Jn Christo Jesu vnserm Herrn, waend) wir leben vnd sterbn gern .

V.

  1. INRI

VI. Neben dem mittleren Wappen

  1. G. H.

Neben dem rechten Wappen

  1. A.

VII.

  1. Die Höll hatt kein end, und Termin derhalb mich forcht und Traurig : / bine) Täglich beghe ich Sunden vill Die Puß aufs Grab verschieben = / wille). Ja wan der Todt bewilt kein ediekhf) sicher bin ich kein augenblickh Zun Gott send ich mein Laid vnd sch=/merze) gnad mir doch daß verwundte Hertz. seins gliebten sohns Dhue mich da ein=/shliesseng) Daß ich seins Leidens mag geniessen vnd mich auffnem alhie in Puß Von dem der dort bezalen muß.

VIII.

  1. NOSCE TE IPSVM . Erken ich mich alß asch vnd staub Ein madensaakh, der würmer raub. Waß anders soll ich brumen mich, Ich bins mein bruder bschaue dich wir sechen fast einander gleich. Nim dir ab deme kein abscheich. waß du nicht bist, daß kanst noch wer/dene) sich wan die wurn vnß verzern So bleibt am Pain das bildt nit mer wo kombt dann hin gwalt kunst vnd ehr der welt Last man ir eitelkeit So man genoß ein Kurtze Zeit. der Richter vnser seel zitiert Zuer Ebikeit wierd Absolviert. Daß soll vnß Ja Zu hertzen gehn Ebig man nit aussprechen kan.

IX.

  1. Elias Greitherr Maler,

X.

  1. · ·1 Anna Greitherrin, S(eine) · H(aus) F(rau) · / verschid · 29 October A(nn)oh) cci) 1622 ·

XI.

  1. · 16 // 24j) ·

XII. Fragmentarische Inschrift

  1. ---] Der [---] Sẹ[---] Doch helf e[.] mir, Ebigs lebn darṿürk) / [---

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Sprichwort. (VIII)
  • Erkenne dich selbst! (VIII)

Versmaß: Deutsche Reimverse. (II, IV, VII, VIII)

 
Wappen:
Glaner5), Greither (?)6), unbekannt7).

Kommentar

Die im oberen Register des Epitaphs abgebildeten Personen aus dem Alten Testament und der Antike, Absalom (vgl. Sam 14, 25.), Samson (vgl. Ri 16), Salomon, Alexander und Galen können hier im Sinne der biblischen und mittelalterlichen Tradition als Beispiele für die Vergänglichkeit aller Menschen und aller mit ihnen verbundenen Tugenden gelten8).

Elias Greither d. Ä. heiratete im Jahre 1591 in erster Ehe Anna9), die aus der Weilheimer Goldschmiedefamilie Glaner10) stammte. Aus dieser Ehe ging wohl Johann Greither11) hervor. Anna Greither starb, wie auf dem Epitaph angegeben, am 29. Oktober 1622. Greither heiratete 1624 seine zweite Ehefrau, die ebenfalls Anna hieß12).

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Lies ABSALON. Stelle ausgebessert: älterer(?) Schriftzug weiter rechts, jüngerer (?) Schriftzug weiter links, dadurch Überschneidung von Buchstaben: ABSA des jüngeren (?) Schriftzuges, zweites A mutmaßlich gleichzeig Anfangs-A des älteren (?) Schriftzuges (B fehlt?), dann L über S, O über A, N über L, es folgen ON des älteren (?) Schriftzuges.
  2. Im Wort verläuft Schnitt; Schäfte bei g und D beschnitten.
  3. Im Wort verläuft Schnitt, wohl ursprünglich sein.
  4. Im Wort verläuft Schnitt; der zweite Buchstabe, der heute vermeintlich einem a gleicht, besteht aus einem Bogen und einem Schaftrest, möglicherweise stand ursprünglich ol, lies wolen.
  5. Wort bzw. Wortteil rechts unter der Zeile angefügt.
  6. Sic, es folgt ein Haken im Mittellängenbereich, lies mutmaßlich Edikt.
  7. Sic! Wort bzw. Wortteil rechts unter der Zeile angefügt.
  8. o hochgestellt.
  9. Erkennbar zwei c, wohl für etcetera.
  10. Jahreszahl über die Zeile verteilt mit größeren Abständen; offenbar über eine ältere(?) Beschriftung gemalt, die fragmentarisch noch erkennbar ist.
  11. Schriftzug in einer Zeile, es folgt eine weitere Zeile in verkleinerter Schrift, wo jedoch nichts mehr entziffert werden kann.

Anmerkungen

  1. Helm, Elias Greither 23.
  2. SAW Archivbibliothek Nr. 268 p. 34.
  3. Schmidtner, SAW Archivbibliothek Nr. 268 p. 34f., Schmidtner, Weilheims Kirchhöfe 20.
  4. Für die Vermessung des Gemäldes sei Herrn Dr. Joachim Heberlein, Weilheim, gedankt.
  5. Von Schwarz und Gold gespalten, vorn und hinten je ein Halbmond (oder halber Ring?), einander zugewandt, in verwechselten Farben, auf der Spaltungslinie in der Ortsstelle und an der Schildfußstelle je ein sechsstrahliger Stern in verwechselten Farben.
  6. Von Schwarz und Gold geteilt mit einem silbernen Greif.
  7. Auf einem von Schwarz und Gold gespaltenen Schildfuß ein wachsender Türke einen Säbel über dem Haupt schwingend mit einem von Schwarz und Gold gespaltenen Wams.
  8. Vgl. Singer, Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi 13, 156f.
  9. Helm, Elias Greither 5.
  10. Vgl. Nr. 192.
  11. Vgl. Nr. 270; Helm, Elias Greither 8.
  12. Helm, Elias Greither 5.

Nachweise

  1. SAW Archivbibliothek Nr. 268 p. 34f.; Schmidtner, Weilheims Kirchhöfe 19–20; Helm, Elias Greither 23 und 34f.; Katalog die letzte Reise 282, Nr. 358 (mit Abb.); DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 568f. (mit Abb.)

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 289 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0028902.