Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 286 Polling, Pfarrkirche Hl. Kreuz (ehem. Stiftskirche) 1623 / 1624

Beschreibung

Wandgemälde mit Votivinschriften an den vorgesetzten Pilastern der Durchgänge zu den südlichen und nördlichen Seitenkapellen der Klosterkirche und an den Durchgängen zur Vorhalle. Hochelliptische Felder mit Perlstab eingefaßt, nur bei Inschrift XI oben halbrund abgeschlossen, oben jeweils Darstellung, darunter Schriftfeld mit Inschrift in einer Rahmenleiste. 1751–65 im Zuge der Restaurierung übertüncht. 1902 freigelegt, restauriert, teilweise gänzlich neu gemalt. Heute sind nur noch einige der Bilder – meist fragmentarisch – erhalten.

Maße: H. 80,5–90,5 cm, B. 38,5–64 cm, Bu. 1,2–2 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/11]

I. Durchgang zur ersten nördlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster. Ansicht eines Dorfes mit einer brennenden Kirche.

  1. Zu Vffingen auf ainen tag, Den Thurn traff eina) donner schlag / Welcher mit Schindlen war bedeckhtb), Ein Starkher Windt das / feur erweckht. Dasselbig vbrc) die heüser warf, Sogar / zu eisserst in dem darff. Alß gschach zumd) heyling / Creitz ein glib, Ein grosser Regn das Feur v(er)trib / Ein Creitzgang ist dasselbig Zwar, Den sie / verichten alle Jare) / · 1605 ·

Textkritischer Apparat

  1. traff und ein zusammengeschrieben.
  2. war und bedeckht zusammengeschrieben.
  3. Über v zwei Striche für ü.
  4. gschach und Zum zusammengeschrieben.
  5. Es folgt ein Schlussornament.

II. Durchgang zur ersten nördlichen Kapelle von Osten, westlicher Pilaster. Innenansicht einer Kirche mit Blick auf einen Altar – mutmaßlich der alte gotische Flügelaltar aus Polling (vgl. Nr. 41) –, davor ein Priester und ein Betender, ein weiterer Betender links.

  1. Veit pärtl von Schlechdorff hat ghabt Zwar / Das gschoß im arm fünffzechen [J]ar / Dreya) Jar, den gar nit brauchen khundt / Verlobt sich her, vnd Wardt bald gsundt / Ain Meß, vnd Kerczen warb) sein glib, / Das im den schmerczn vom arm Thribc) / · 160 ·

Textkritischer Apparat

  1. e stark verkleinert.
  2. Kerczen und war zusammengeschrieben.
  3. Verkleinerte Schrift, nach oben versetzt.

III. Durchgang zur zweiten nördlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster. Ansicht eines Raumes, darin in der Mitte ein Bett, in dem ein offenbar krankes Mädchen liegt, links davon wohl die Mutter, rechts davon wohl der Vater, betend.

  1. Ein Handtwercksman Zu weilhaim sa Des namen / [C]aspar grass[r] was. Der hett ein [Toc]hter die khrank[h] / war, Auch nit gehen khundt ein halbes Jar / Den gsundt Verli[c] ihr Gott der Herr, Sobald / sie wurdt verlobt hieher. Mit ainer meß / vnd Kherczen gmacht. Von wax, die / ie alher gebracht . 16̣0̣7̣

IV. Durchgang zur zweiten nördlichen Kapelle von Osten, westlicher Pilaster.

Darstellung und Inschrift fast vollständig zerstört, zu erkennen ist noch die Basis einer Säule(?), wohl in einer Raumansicht.

  1. ---]eyli[a)---/---], baldb) [---/---]t Gott zur sc[---

Textkritischer Apparat

  1. Von den ehemals darüber befindlichen Zeilen an manchen Stellen noch Schaftreste erkennbar; ergänze hier mutmaßlich zu heyling Creitz, vgl. z.B. I.
  2. Es folgt ein Wortbeginn mit v oder w.

V. Durchgang zur vierten nördlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster.

Malerei fast vollständig zerstört.

  1. G[eo]g Kharl v[on --- W]ịṣḷen wer geblagta) · / [A]lso das iner zwaye[---] vmbkhomen warn . / Zuem Heyling Chreit[z ---]meß, mit wöxener / Kherczn herb). Ein Opfe auch in stockh l[e]gt ein. Drauf / Thet im Gott genedig seinc). Kh[ain] Wislen1) war mer / gspirt noch gsechn. [..]s Lo[b T]het er Gott / hie veriechn. A(nn)od) 1620 ·

Textkritischer Apparat

  1. wer und geblagt zusammengeschrieben.
  2. Reim bis hierher nicht mehr nachvollziehbar.
  3. genedig und sein zusammengeschrieben.
  4. o hochgestellt.

VI. Durchgang zur ersten südlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster.

Darstellung stark beschädigt, zu erkennen ist ein Haus, davor diverse Personen, in der Mitte eine Frau(?), am rechten Bildrand eine Truhe(?), dahinter ein Mann.

1. Am oberen Rand des Inschriftenfeldes.

  1. [.]6[.] /

2.

  1. Geor [..]au[.] Maurers Kind woḷf̣[gan]g, von [Wesso]bronn, alt [ei]n Ja[r] / [la]ng · Fiel in ein erschröcklichs v[er]gicht2) [...]ey tag eß[---] / Drob Jederman vermainen thet, Vnmögliches de[---] / Ein Meß Zum Heiling Creicz verhieß, Sein Vatter, [---] / nachließ · vnd wurd inner · 8 · tagen gsund, Des danckht [---] / sie Mit hercz vnd mund . Gott, der mit gnaden i[---].

VII. Durchgang zur ersten südlichen Kapelle von Osten, westlicher Pilaster.

Darstellung erheblich zerstört.

1. Am oberen Rand des Inschriftenfeldes.

  1. · 162 ·

2.

  1. ---]ngls Je[---]os[....]ier[.]=/[---]ig . [---]schwech[.] / [---]kh[---]so[.../---] g̣lei[---]e[---/ ---]ese[---/---]ig kreia)[---/---

Textkritischer Apparat

  1. Ergänze an dieser Stelle möglicherweise zu heilig kreitz; es folgen fünf Zeilen, in denen nur noch Buchstabenreste erkennbar sind.

VIII. Durchgang zur zweiten südlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster.

Oberfläche teils stark zerstört. Außenansicht eines Hauses, davor diverse Personen erkennbar, im Hintergrund ein Pferd mit einem stürzenden Reiter.

  1. ---] Der kham gehling in[.]ro=/[---] seinem Pferdt, wọṛḍ / [---]d in seim Leib ein [---/---] leben [---/---] daß im [---/--- H]eyling C̣ṛeicz [---/---] danckht er [....]

IX. Durchgang zur dritten südlichen Kapelle von Osten, westlicher Pilaster.

Oberfläche der Darstellung mäßig, des Schriftfeldes erheblich zerstört. Ansicht eines Kircheninnenraumes (Polling), rechts der Altar mit dem Pollinger Kreuz, davor diverse Betende, in der Mitte, direkt vor dem Altar, ein Mann, eine Frau und ein Mädchen.

  1. ---]rleina) [---] A[---/---]ein v[---

Textkritischer Apparat

  1. Ergänze mutmaßlich zu Töchterlein (vgl. auch Darstellung).

X. Durchgang zur vierten südlichen Kapelle von Osten, östlicher Pilaster.

Oberfläche der Darstellung fast vollständig, des Schriftfeldes erheblich zerstört.

  1. ...]in dein [---]ing . [...]h[...]ß̣kher, / [---] er nichts zu besorgen / [...] A[---]khs weib verbri[..] / Ḍẹṣ ạṇḍẹṛ [---]n . v[.]d[....] / [---]s Als sie verlob[..] / [.]be[---]/ei[...] ẉạṣ[---] / Lob[....] C[---]ech[---] / M[..] Be[---] Heyligem Ṣạc̣[---/---]ot ·

XI. Nördlicher Durchgang von der Vorhalle ins Langhaus, südlicher Pilaster.

Oberfläche beschädigt. Perspektifische Ansicht eines Kircheninnenraumes (Polling), zu erkennen ist rechts der ältere gotische Pollinger Flügelaltar, davor ein Priester bei der Wandlung, hinter dem Priester eine kniende Person, etwas weiter dahinter zwei kniende Frauen.

  1. Zwo dinstmagt hie in dem Mairhauß, Zu mitternacht khombt an ein [---] / Heben im s[chlaff] zu schreyen an · Das sie gleich heret jeder man / Die in dem [au]ß gewesen s[...] In ein schwers fraiß3) sie gfallen ṣẹịṇ / Des thet sie in die höch auf [---] zwen starckh [---] / Zwo stunḍṭ [---]th solḥẹ [---] Das man [---]ạḥ[---] / Die ander [---] M[---] / I lter[---]ligen [---] / Nur [---]

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die Fresken entstanden im Zuge der unter Propst Kilian Westenrieder (1616 bis 1623) in den Jahren 1621 bis 1628 vollzogenen Umgestaltung der ursprünglich gotischen Kirche4). Elias Greither d. Ä. soll die Fresken mit den Beischriften gemalt haben5). Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel LII.

Diese Fresken wurden wohl im Zuge der unter Propst Franz Töpsl (1744 –1796) in den Jahren 1761 bis 1765 durchgeführten grundlegenden Restaurierung übertüncht6). Ein Teil war aber wohl schon beim Bau der Eingangshalle im Jahre 1733 zerstört bzw. übermalt worden7). Die Fresken wurden 1902 wieder aufgefunden und zum Teil freigelegt8).

Bei dem in der Inschrift V genannten Kharl könnte es sich um ein Mitglied der Weilheimer Familie Karl handeln9). Die übrigen Personen sind nicht bekannt.

Anmerkungen

  1. Mit wislen könnte zum einen das Wiesel gemeint sein, das im Volksglauben für diverse Krankheiten verantwortlich gemacht wurde, als auch eine dieser Krankheiten selbst gemeint sein. Für diesen Hinweis sei Frau Dr. Andrea Schamberger-Hirt, Kommission für Mundartforschung München, gedankt (vgl. hierzu auch Höfler, Deutsches Krankheitsnamenbuch 804 und Schatz, Wörterbuch der Tiroler Mundarten 709).
  2. Vergicht = Epilepsie, vgl. Metzke, Krankheitsbezeichnungen 119.
  3. Frais = Krämpfe, vgl. Metzke, Krankheitsbezeichnungen 63.
  4. Angelosanti, Pollinger Pröpste 42.
  5. Angelosanti, Pollinger Pröpste 50; Helm, Elias Greither 23.
  6. Rückert, Restauration 664–665.
  7. Vgl. Reste des Votivfreskos unmittelbar nördlich neben dem Eingang in der Vorhalle.
  8. Rückert, Restauration 665, Anm. 3.
  9. Vgl. Nr. 158†, Nr. 173†.

Nachweise

  1. Helm, Elias Greither 32–34, Abb. 23; DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 285 und 289 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 286 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0028604.