Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 221† Polling, Liebfrauenkirche (abgegangen) 1592/1603

Beschreibung

Stifterinschrift des Propstes Kaspar Leis (1591–1616) und Künstlerinschrift des Clemens Petel (Ethle, um 1560–1612) an der Kanzel. Beim Abriß der Kirche abgegangen. Stifter- und Künstlerinschrift in der Kanzelbrüstung (I). Weitere Stifterinschrift im Kapitel der reichgeschnitzten, eichenen Tragsäule. Die Felder der Kanzel waren mit den Bildern der vier Kirchenlehrer in Holzeinlegearbeit geschmückt, zwischen ihnen drei Wappen: das des Herzogshauses, des Stiftes Polling und des Propstes Jakob Schwarz (1571–1591).

Text und Beschreibung nach Gailler.

  1. I.

    a Successore eius absolutum atque refectum est 1592. Clemens Ethle Weilheimensis fecit.

  2. II.

    Casparus Leys Praepositus 1603

Übersetzung:

Von seinem Nachfolger vollendet und renoviert 1592. Clemens Ethle aus Weilheim hat (sie) gefertigt. (I) Kaspar Leis, Propst 1603. (II)

Kommentar

Die Kanzel wurde im Jahre 1592 gefertigt. Offensichtlich hatte sie noch Propst Jakob Schwarz in Auftrag gegeben. Er ist zwar inschriftlich nicht genannt, wurde aber durch sein Wappen am Kanzelkorb repräsentiert. Auf diese Repräsentation des Propstes durch sein Wappen bezieht sich wohl auch die Formulierung von Inschrift I. Unter seinem Nachfolger Kaspar Leis wurde die Kanzel fertiggestellt. Im Jahre 1603 wurde unter der Kanzel eine neue Tragsäule errichtet. Ob diese Säule aufgrund einer ungenügenden Stabilität der ursprünglichen Kanzelkonstruktion eingefügt werden mußte oder nur der Zierde diente, ist nicht feststellbar. Ebenso unbekannt ist der Grund für die Anbringung des herzoglichen Wappens.

Gefertigt wurde die Kanzel vom Weilheimer Kistler, Clemens Petel (auch Petle, Ethle). Er wird erstmals 1586 in Weilheim erwähnt, 1587 erwarb er das Weilheimer Bürgerrecht. Er fertigte in diesem Jahr den im Weilheimer Stadtmuseum ausgestellten prachtvollen Intarsienschrank1). Clemens Petel starb wohl Anfang des Jahres 1612. Sein Sohn war der berühmte Georg Petel (um 1601–1634)2).

Anmerkungen

  1. Zu diesem Schrank vgl. Feulner, Kunstgeschichte 166, Abb. 158, dort als verschollen bezeichnet. Heute im Stadtmuseum Weilheim, Inv.-Nr. F4. Vgl. Helm, Stadtmuseum 20f., und Sauermost, Weilheimer 28–30 (mit Abb.).
  2. Sauermost, Weilheimer 27–30 und 135–164. Vgl. auch zu Georg Petel 52–55.

Nachweise

  1. Gailler, Vindelicia Sacra 257; Bogenrieder, Bau- und Kunstgeschichte 108.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 221† (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0022103.