Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 142 Weilheim, Stadtmuseum 1561

Beschreibung

Bibelspruch auf Steinätztafel des Rottenbucher Propstes Urban Schwaiger (1558–1582). Im Depot (Inv. Nr. Na 515). Die Platte stammt wohl aus dem Kloster Rottenbuch1). Solnhofer Plattenkalk. Querrechteckige Platte. In einem Ornamentrahmen. Oben Inschrift (I), darunter ein Relief in einem rechteckigen Rollwerkrahmen, dessen beide Seiten von je einem oben mit Aufhängung und Schleife versehenen Wappenschild flankiert werden. Das Relief zeigt eine Auferstehung Christi. Unten zwischen Schilden und Relief Jahreszahl (II). Die Platte ist diagonal von links unten nach rechts oben zersprungen. Nach Greinwald waren einige der Figuren golden gefaßt1).

Maße: H. 37cm, B. 42,5 cm, Bu. 1,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien (I), Arabische Ziffern (II).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    Gotta) hat die Welt also geliebt das er sein Aingebor=/nen Sunb) dar gebe(n) hatc) · aufd) das wer an in glaubetc) · / nit verloren werdec) · sunderd) habe das ewiglebene) · / Christusf) ist die Warhaitc) · das Lebe(n) · vnd die aufer=/stehung will er vnß gebe(n)c) · wer an in glaubt · d(a)z ewigleb=/eng) · Amen · Joha(nnes) 3h) ·

  2. II.

    1//5//6//1i)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Joh 3,16. (I)
Wappen:
Schwaiger2).

Kommentar

Die Buchstaben dieser Inschrift sind mit vielfältigen Zierelementen versehen. Die Oberlängen sämtlicher Buchstaben sind gegabelt und vielfach mit sog. „Elefantenrüsseln“ versehen. Die Großbuchstaben, nicht nur die beiden Anfangsversalien G und C, sind jeweils reich verziert und ragen weit über die übliche Oberlänge hinaus. Viele Buchstaben sind in die Unterlänge durch Zierstriche und Zierlinien verlängert. Zur Schrift vgl. auch Einleitungskapitel XLV.

Die Darstellung der Auferstehung orientiert sich weitestgehend an einem Holzschnitt des Monogrammisten HE3).

Greinwald gibt an, daß ihm das Motiv für die Erstellung dieses Monuments ein „dunkles Rätsel“ ist. Er vermutet, daß Propst Urban Schwaiger (1558–1582) damit seine Dankbarkeit für die Genesung von einer schweren Krankheit im dritten Jahr seiner Amtszeit ausdrücken wollte4). Mois bezweifelt diese Aussage und vermutet, die Tafel habe zur Ausstattung für die 1561 neugebaute Stube bei der Prälatenkammer gedient5).

Propst Urban Schwaiger wurde 1532 in Geigersau (Gde. Böbing) als Sohn eines Bauern geboren. Er besuchte in Schongau die Lateinschule. 1548 legte er das Ordensgelübde ab. Am 10. Dezember 1558 wurde er erst 26jährig zum Nachfolger Propst Wilhelm Vends gewählt. Urban Schwaiger konnte die Schulden des Konvents verringern, er förderte das Bildungswesen des Klosters, unter seiner Regierung wurde der neue doppelstöckige Kreuzgang des Klosters mit seinen Kapellen errichtet. Er verstarb am 27. Juni 15826).

Textkritischer Apparat

  1. G als reich geschmückter Zierversal vor den linken Schriftrand gesetzt.
  2. Anschwung des S rahmt den vorhergehenden Wortteil nen ein. U mit diakritischem Zeichen in Form von zwei nebeneinander stehenden Quadrangeln.
  3. Folgender Worttrenner in Form eines schrägen Strichs.
  4. Diakritische Zeichen in Form von zwei nebeneinander stehenden Quadrangeln.
  5. ewigleben ohne Abstand; Zeilenfüller in Form zweier nebeneinander liegender Quadrangel mit Zierstrichen.
  6. C als reich geschmückter Zierversal vor dem linken Schriftrand; u mit diakritischem Zeichen in Form von zwei nebeneinander stehenden Quadrangeln.
  7. Ab hier in verkleinerter Schrift, ca. 1/5 der Größe unter der letzten Schriftzeile am rechten Rand; nach en Worttrenner in Form eines Paragraphenzeichens, nach Amen in Form eines Punktes.
  8. Kürzungszeichen bei Johannes in Form eines Doppelpunktes.
  9. Sowohl 1 und 5 als auch 6 und 1 durch Wappen getrennt.

Anmerkungen

  1. Sie dürfte mit derjenigen identisch sein, die Greinwald in seinen handschriftlichen Notizen zur Geschichte des Klosters Rottenbuch beschreibt. Greinwald, AEM Nachlaß Clemens Braun Nr. 49, p. 39: „Es ist ein Quadrat, der einst irgend in einer Maur festgemacht war, vorhanden, auf dem sich Geschichte der Auferstehung Jesu, Inful und Stab, das Wappen des Propstes Urban, eine Aufschrift und die Jahreszahl 1561 ….. befinden“. Als Größe gibt Greinwald eine Breite von zwei Spannen und fast ebensoviel für die Höhe an.
  2. Der linke Schild zeigt die Elemente des Oberwappens, Inful und Stab, der rechte Schild das Wappenbild des Propstes Urban Schwaiger. Vgl. Zimmermann, Klosterheraldik 140, dort als Variante angegeben. In geteiltem Feld oben drei achtstrahlige Sterne (1 zu 2), unten Lilie.
  3. Für diesen Hinweis sei Herrn Dr. Tobias Güthner, Stadtmuseum Weilheim, gedankt.
  4. Greinwald, AEM Nachlaß Clemens Braun Nr. 49 (Konvolut zu Urban Schwaiger p. 39f.). Greinwald erwähnt darüber hinaus ein Grabmal Propst Urban Schwaigers, das sich im Altenmünster befunden hatte.
  5. Mois, Stift und Hofmark 320.
  6. Vgl. Mois, Stift und Hofmark 287–322.

Nachweise

  1. AEM Nachlaß Clemens Braun Nr. 49 (Konvolut zu Urban Schwaiger p. 39); Mois, Stift und Hofmark 319f.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 142 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0014207.