Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 83 Rottenbuch, Krummengraben 1506

Beschreibung

Bildsäule zwischen den Orten Rottenbuch und Peiting. Die Säule ist aufgrund der gravierenden Schäden mit einem hölzernen Schutzbau versehen, sodaß sie nicht vollständig zugänglich ist. Über einem achteckigen Schaft befindet sich ein fialenartiger Aufsatz, der durch die Übereckstellung zweier quadratischer Blöcke, eines unteren größeren und eines schlankeren oberen, gegliedert ist1). Im unteren Würfel steht unter einer kielbogenförmigen Arkade an der Straßenseite eine Mondsichelmadonna, an den Schmalseiten gegen Rottenbuch zu das von einem Engel gehaltene Wappen von Rottenbuch, gegen Peiting zu das Wappen des Herzogtums Bayern und auf der Rückseite das der Stadt Landsberg2). Auf dem oberen Würfel zur Straßenseite hin sind die Figuren eines Mannes und einer Frau, welche ein Kirchenmodell halten3). Auf der Vorderseite die Jahreszahl (I), darunter eine rätselhafte Zeile mit vermutlich hebräischen Buchstaben. Die untere Zeile weist zwischen zwei Buchstaben ein Handwerkerzeichen in der Form eines Y auf, dessen Schaft von einem rechten Winkel geschnitten wird (II).

Maße: H. 270 cm, B. 60 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/4]

  1. I.

    xvC · vjto a) ·

  2. II.

    c · // vb) ·

Wappen:
Rottenbuch4), Bayern, Landsberg5).

Kommentar

Die Schriftzeichen der zweiten Zeile auf der mit 1506 datierten Säule geben einige Rätsel auf. Vermutlich handelt es sich um einen Versuch eines des Hebräischen unkundigen Steinmetzen oder vielleicht auch Textverfassers, die hebräischen Buchstaben des Gottesnamens יחוה darzustellen. Er orientiert sich bei der Gestaltung der Buchstaben an dem ihm geläufigen Kanon der Gotischen Minuskel, was zur Ausbildung des Waw (ו) als dem deutschen Z ähnlichem Buchstaben führt. He (ה) und Chet (ח) werden als Buchstaben zwar unterschieden, die wesentliche Unterscheidung eines oben rechts offenen und geschlossenen Buchstabens aber nicht nachvollzogen. Unterhalb der Inschrift befindet sich ein Zeichen, das schwer zu deuten ist, Harbauer bezeichnete es als Handwerkerzeichen6).

Die Säule befindet sich auf der alten Straße von Peiting nach Rottenbuch, nahe dem Dorf Ramsau. In der Zeit um 1506 gehörte Peiting zum Landgericht Schongau. Rottenbuch bildete eine eigene Hofmark, die mutmaßlich im Bereich der Säule an das Gericht Schongau grenzte. Jurisdiktionell gehörte die Klosterhofmark jedoch nicht zu Schongau, sondern zum herzoglich-bayerischen Landgericht Landsberg. Rottenbuch unterstand somit der Hochgerichtsbarkeit des Gerichts Landsberg7). Bei der Säule handelt es sich mutmaßlich um die „steinerne Martersäule“ auf „Ramsauer Moslen“, die in einem undatierten, spätmittelalterlichen Weistum genannt wird. An dieser Säule sollten die Verbrecher, für die die Hochgerichtsbarkeit zuständig war, vom Hofmarksrichter dem Landgericht Landsberg übergeben werden. Wahrscheinlich stand hier schon vor 1506 eine (ältere) Säule8).

Textkritischer Apparat

  1. Jeweils paragraphenförmige Trennungszeichen; es folgt eine Zeile mit pseudohebräischen Zeichen.
  2. Buchstaben durch Handwerkerzeichen getrennt, nicht auflösbar.

Anmerkungen

  1. DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 368.
  2. Kdm OBB II (Schongau) 589.
  3. Nach Kdm OBB II (Schongau) 589, möglicherweise Welf I. (Welf IV.) und Judith, die Stifter des Klosters Rottenbuch.
  4. Zimmermann, Klosterheraldik 141, Wappen 1480.
  5. St 4.
  6. Harbauer, Alte Handwerker- und Händlermarken 60f.; Kdm OBB II (Schongau) 589.
  7. HAB Altbayern I, 22/23 (Rauhenlechsberg) 103f. und 223.
  8. MB 8, 113 und HAB Altbayern I, 22/23 (Rauhenlechsberg) 103; Bertl, Steinerne Säule 40.

Nachweise

  1. Weishaupt, Beiträge 14, Tafel I; Zacher, Urkundliche Beiträge Tafel II; Graf, Grenzsäule 65–70; Kdm OBB II (Schongau) 589; Harbauer, Alte Handwerker- und Händlermarken 60f. (mit Abb., zum Steinmetzzeichen); DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 368 (mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 83 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0008303.