Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 20 Polling, Pfarrkirche Hl. Kreuz (ehem. Stiftskirche) 1393

Beschreibung

Wappengrabplatte des Wilhelm von Seefeld des Älteren und des Wilhelm von Seefeld des Jüngeren. In der Vorhalle am nördlichen Ende der Westwand. Ursprünglich vermutlich in der St. Ulrichs-Kapelle1). 1621 – bei der Erweiterung der Kirche – Gebeine gehoben und neben dem neuen Ulrichs-Altar in der Reliquienkapelle beigesetzt. Über den Verbleib der Platte zu dieser Zeit ist nichts bekannt2). 1714 an der Nordseite der Kirche beim dort neuerrichteten St. Ulrichs-Altar neu aufgestellt, zu diesem Zeitpunkt bereits beschädigt3). Zwischen 1761 und 1764 (unter Propst Töpsl) an den heutigen Platz versetzt und mit einem Stuckrahmen versehen4). Sandstein. In einer Spitzbogenvertiefung, in deren Zwickeln je eine Rosette, oben unter einem Kleeblattbogen ein Vollwappen; darunter aufrecht nebeneinander zwei Wappenschilde. Zahlreiche kreisrunde Vertiefungen, wohl später. Umschrift, an der linken Längsseite eine zweite Zeile darunter. Text an beiden Seiten teilweise zerstört.

Text ergänzt nach der Abzeichnung bei Saller, Seefelder5).

Maße: H. 204 cm, B. 107 cm, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/3]

  1. + anno · domini · m · ccclxxx/xi · v · idus · mart[ii · obii]t · nobi[lis wilhalmusa) dictusb) / seveldc) + an(n)o do(min)i m / cccl]xxxxiii · in d[ie remi]giid) [...e) wilhalmusf) ...]sg) · wilhal/mh) // [de seveld / et ultim]vsi)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1391, an den 5. Iden des März, starb der vornehme Wilhelm, genannt Seefeld. Im Jahre des Herrn 1393, am Tage des Hl. Remigius (starb) Wilhelm ... Wilhelm von Seefeld und Letzter.

Datum: 1391 März 11; 1393 Oktober 01.

Wappen:
Seefelder6), Weilheimer7), Freiberg8).

Kommentar

Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel XLIV.

Ob Teile der Inschrift später nachgetragen wurden, ist am Original nicht zu entscheiden. In einer Urkunde vom Georgstag (23. April) 1390, trifft Wilhelm der Jüngere Vorkehrungen für die Memoria seines Vaters. Neben verschiedenen Meßstiftungen legt er fest, daß ein bereits von seinem Vater nach Polling verbrachter, sich im Kreuzgang befindlicher Stein auf seine Kosten, jedoch unter der Verantwortung des Propstes Ulrich behauen, mit Wappen und Jahreszahl versehen und über das Grab Wilhelms des Älteren in der St. Ulrichs Kapelle gelegt werden soll. Daraus kann geschlossen werden, daß die Grabplatte bereits für den Vater und somit 1390/1391 angefertigt wurde und die Inschrift für Wilhelm den Jüngeren – zumindest in Teilen – nachgetragen sein muß9).

Die Seefelder, ein altes Geschlecht, traten nach Saller erstmals in der Mitte des 11. Jahrhunderts mit einem Degenhardt von Seefeld auf10). Der 1391 verstorbene Wilhelm von Seefeld besaß eine Burg auf dem Peißenberg, welche 1383 zerstört wurde, nachdem die Seefelder sich gegen das bayerische Herzogshaus gewandt hatten11). Nach Versöhnung mit dem Herzogshaus erhielten sie ihre Güter zurück12). Der 1391 verstorbene Wilhelm von Seefeld war in erster Ehe mit einer Ellen (oder Agnes) von Weilheim verheiratet. In zweiter Ehe war er mit Maria Freyberg vermählt13). Der Besitz wurde aufgrund der hinterlassenen Schulden nach dem Tod des jüngeren Wilhelm von den Erben verkauft14).

Textkritischer Apparat

  1. Dominus Wilhelmus Hundt, Stammenbuch.
  2. Domin(us) Cgm 2267.
  3. de Seeuelde Hundt, Stammenbuch; de Sevelde BHStA KL Polling Nr. 220; Sevelder Cgm 2267.
  4. Tagesdatum fehlt bei Hundt, Stammenbuch.
  5. Sic, bei Saller, Seefelder, vier Punkte; obijt Cgm 2267, BHStA KL Polling Nr. 220; O(biit) Clm 27202, Töpsl, Succincta Informatio 65.
  6. Wilhelmus Hundt, Stammenbuch, BHStA KL Polling Nr. 220.
  7. Sic, bei Saller, Seefelder, nur drei Punkte, -s am Wortende am Original erkennbar; dicti Cgm 2267; Filius Clm 27202, Töpsl, Succincta Informatio 65.
  8. Fortsetzung der Inschrift in einer Parallelzeile unterhalb der Rosette im linken oberen Zwickel des Bildfeldes; zu erkennen sind drei Mittellängenschäfte; davor ein weiterer von Putz überdeckter Schaft möglich, da Genitiv (-mi) zu erwarten wäre; nur m Saller, Seefelder; Wilhalmj ohne Zeilentrennung Cgm 2267; Wilhalmi Clm 27202, Töpsl, Succincta Informatio 65.
  9. Eine weitere Fortsetzung der Inschrift in Parallelzeilen im Bildfeld neben dem Oberwappen; zu erkennen ist das Ende einer Zeile, am Ende ein Blattornament, davor sind noch Schäfte erahnbar; möglicherweise zwischen dieser und der linken Langzeile der Umschrift eine weitere Zeile, vgl. hierzu kopiale Überlieferungen: nur Wilhelmus filius vltimus Hundt, Stammenbuch; obiit Wilhelmus de Seveld ultimus BHStA KL Polling Nr. 220; fili(us) · et · / vltim(us) · im Zwickel anstelle der linken Rosette Cgm 2267; Clm 27202 und Töpsl, Succincta Informatio 65, wie Saller, Seefelder.

Anmerkungen

  1. So MB 10, 156ff. und Töpsl, Succincta Informatio 64f., abweichend(?) gibt Hundt, Stammenbuch 1, 334 als Standort das Kapitelhaus an.
  2. Vgl. Saller, Seefelder 556; Angelosanti, Pollinger Pröpste 62. Abweichend (?) gibt Eckher Cgm 2267 I die Sakristei als Standort an.
  3. Vgl. Saller, Seefelder 556f.
  4. Merk, Grabmal 48–51.
  5. In der Abzeichnung Umschrift in Kapitalis wiedergegeben, in der Transkription in Minuskel unter Vernachlässigung von V- und U-Schreibung.
  6. BayA1 108.
  7. BayA3 132.
  8. Bay 35.
  9. Vgl. MB 10, 156ff. und Töpsl, Succincta Informatio 64f.
  10. Saller, Seefelder 541.
  11. Saller, Seefelder 549; nach anderen Angaben 1388, vgl. Biller, Hohenpeißenberger Heimat-Lexikon 171.
  12. Biller, Hohenpeißenberger Heimat-Lexikon 172.
  13. Saller, Seefelder 554–555; Prey, Cgm 2290 32, fol. 63r.
  14. Saller, Seefelder 557.

Nachweise

  1. Cgm 2267 I, p. 127 (fol. 39r); Clm 27202 fol. 58r und 59r (Wappenzeichnung); BHStA KL Polling Nr. 220, fol. 35v; Hundt, Stammenbuch 1, 334; Saller, Seefelder 552; Töpsl, Succincta Informatio 65; Schmidtner, Burgen Nr. 188; Kdm OBB III (Weilheim) 717f.; Biller, Pollinger Heimat-Lexikon 651 (Abb.); DiB I,23 (Weilheim-Schongau) 295 (mit Abb.); Merk, Grabmal 48–53.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 20 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0002006.