Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 74 Hutthurm, Pfk. St. Martin 1505

Beschreibung

Figurale Grabplatte für Christoph II. von Watzmansdorf und seine Ehefrau Hedwig, geb. von Tannberg. Innen, an der Südwand des Chores, zweite von Osten. Um 1899 noch hinter dem Hochaltar1). Hochrechteckige Platte, darin Relief: lebensgroße Darstellung des Verstorbenen in Harnisch, die Linke am Griff des Schwertes, mit der Rechten eine Fahne haltend; zu seinen Füßen links und rechts je ein Vollwappen. Um das Relief Umschrift. Rotmarmor. Oberfläche der Platte leicht abgetreten, am unteren linken Eck Beschädigung mit Textverlust.

Maße: H. 176 cm, B. 95 cm, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. An(n)o d(omi)ni Mo CCCCC vn(d) Jn dem 〈27〉 starb / d(er) Edl vest Cristof vo(n) Waczṃstarf zu lewprechti(n)g d(er) Ju(n)g(er) Es ligt auch hie sein / gemachl dy Edl vest fraw hatwich v[on / tanber]ga) dy starb An dem pfingstabent Jm · 1505b) · Jar den Got genad Ame(n)

Datum: 1505 Mai 10.

Wappen:
Watzmansdorf2), Tannberg3).

Kommentar

Bei der Platte handelt es sich um ein Werk des Passauer Bildhauers Jörg Gartner. Die Ausprägung der Buchstaben, vor allem die ovale Form des unzialen d, weisen in seine Frühphase4). Dieses Merkmal und auch der Umstand, dass das Datum für Christoph nachgetragen ist, demonstrieren, dass die Platte beim Tod seiner Ehefrau Hedwig 1505 angefertigt wurde. Die Schrift wirkt hier etwas zierlicher als bei vergleichbaren Ausführungen der Werkstatt. Dies liegt wohl in erster Linie an dem relativ umfangreichen Text. Vielleicht fanden auch deshalb verschiedene Kürzungen – wie beispielsweise der er-Haken bei Ju(n)g(er) – Verwendung.

Christoph II. von Watzmansdorf war ein Sohn des Georg II. von Watzmansdorf zu Leoprechting und der Sabina, geb. Pfäffinger5). Sein Vater, wie auch sein älterer Bruder Degenhart II., sind in Kellberg bestattet, seine Schwägerin, die Ehefrau Degenharts, Barbara, geb. von Waldeck, liegt auch in Hutthurm (Nr. 87). Ihre Grabplatte befindet sich direkt neben der Christophs II.

Christoph wurde nach dem Tod seines Bruders Degenhart mit der Veste Engelsperg6) belehnt und teilte sich mit Degenharts Tochter Sabina die Herrschaft Leoprechting7). Die anderen beiden Brüder waren Wiguleus, der bereits 1484 verstarb, und Wilhelm, der Domkanoniker in Passau war. Christoph war mit Hedwig, geb. von Tannberg, der Tochter des Moritz von Tannberg und dessen erster Ehefrau Margreth, geb. von Truchtling8), verheiratet. Christoph hatte mit Hedwig vier Töchter, Margaretha, Magdalena, Ursula und Benigna9). Da auch sein Bruder Degenhart nur eine Tochter Sabina hatte, starb die Familie mit Christophs Tod im Mannesstamm aus. Er wird daher des Öfteren als der Letzte seines Namens bezeichnet. Nach dem frühen Tod seiner Frau – sie starb laut Grabinschrift über 20 Jahre vor ihm – hatte Christoph offenbar ein Verhältnis mit seiner Dienerin Magdalena Natauer, mit der er zwei weitere Töchter, Hadwig und Anna, hatte10). Nach Krick war Christoph zunächst Domherr in Passau und resignierte 1479 zu Gunsten seines Bruders Wilhelm von Watzmansdorf11).

Christoph von Watzmansdorf nahm am Passauer Landtag von 1498 teil. Unter den Passauer Landständen wird kurioserweise noch im Jahre 1547 Christoph von Watzmansdorf zu Leoprechting aufgeführt12), obwohl dieser schon 1527 verstarb.

Textkritischer Apparat

  1. Nach Erhard, Topographie ergänzt; genauer Zeilenumbruch unsicher.
  2. Worttrenner in Form eines nach links bogenförmig ausgezogenen Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Erhard, Topographie 1,1 156.
  2. OÖ 607f.
  3. BayA1 110.
  4. Vgl. hierzu Einleitungskapitel XLV.
  5. Zur Problematik der Verwandtschaftsverhältnisse der Watzmansdorfer vgl. ausführlicher Kommentar bei Nr. 29; vgl. auch BSB Cgm 2290 30 fol. 451r f.
  6. Engelsperg: laut OÖ 608 am linken Donauufer flussabwärts unterhalb Niederaltaich; heute Dobl, Gde. Winzer, Lkr. Deggendorf (vgl. HAB Deggendorf 312).
  7. HAB Passau 176.
  8. Hundt, Stammenbuch II, 312 und Krick, Stammtafeln Nr. 181 A.
  9. Vgl. Krick, Stammtafeln Nr. 205, OÖ 608 und Hundt/Libius, Stammenbuch III, 766f.
  10. Vgl. Heider, Regesten Nr. 387: in der Urkunde vom 18. Juni 1527 treten die unehelichen Töchter einige Höfe, die sie von Christoph II. geerbt hatten, gegen einen Zins an Ehemänner der ehelichen Töchter Christophs ab. Demnach muss Christoph zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen sein.
  11. Krick, Stammtafeln Nr. 205 und Krick, Domstift 51.
  12. Vgl. zu den Landständen: Hartmann, Landstände, bes. 73 und 76.

Nachweise

  1. Leoprechting, Schätzl 153; ABP OA Sammlung Stinglhamer/Krick 221; Erhard, Topographie 1,1 156; Halm, Plastik 1, 232; Kdm Passau 144, Taf. XII; Harksen, Passauer Plastik 41.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 74 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0007404.