Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 56 Kellberg, Gde. Thyrnau, Kap. St. Leonhard 1495

Beschreibung

Wappengrabplatte für Georg von Watzmansdorf. Innen, an der Westwand, erste Platte von Süden. Die Platte befand sich zunächst in der Pfarrkirche St. Blasius links auf dem Boden vor dem Hochaltar, dann um 1920 außen am Chor der Leonhardskapelle1). Hochrechteckige Platte, in der oberen Hälfte Inschrift, im unteren Teil Relief: zwei sich zugewandte Vollwappen in vertieftem Feld, das oben in einem Schulterbogen abschließt, die reich gezaddelten Helmdecken füllen den Hintergrund fast vollständig aus. Rotmarmor. Platte mit Text- und Bildverlust erheblich abgetreten; Wappenbilder erloschen2).

Maße: H. 212 cm, B. 106 cm, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Hie ligt begrab(e)n der Edel vnd / Gestreng Ritter Her Jorg von / waczmstarff zw Leuprechting der / gestorb(e)n Jst an pfincztag nach des / heilign krercztaga) Erhohung dem / got genadig sey An(n)o d(omi)nj M cccc lxx/xxv

Datum: 1495 September 17.

Kommentar

Auf Grund des abgetretenen Zustandes der Inschrift lassen sich Details nur schlecht nachvollziehen. Die Schrift ist aber allgemein sehr schmal und gestreckt. Ober- und Unterlängen treten nicht besonders hervor. Der untere Bogen des g reduziert sich auf einen Quadrangel, der durch einen Haarstrich mit dem relativ kurzen Schaft verbunden, dem gegenüber jedoch nach links versetzt ist. Von den Großbuchstaben ist eigentlich nur E erkennbar, das einen unten verkürzten und oben abgeknickten Schaft aufweist; vom Knick oben führt ein Bogen zur Grundlinie, der den Schaft einschließt und der links fast spitz zuläuft.

Bei dem in der Inschrift genannten Jörg handelt es sich um den in der Literatur bezeichneten Georg II. von Watzmansdorf zu Leoprechting. Er war mit Sabina, geb. Pfäffinger, verheiratet3). Sie wird in der Inschrift nicht aufgeführt; mutmaßlich zeigte die Platte jedoch ihr Familienwappen2). Georg war höchstwahrscheinlich der Sohn Degenharts I. von Watzmansdorf (Nr. 29) und der Amalei von Mermosen. Sein Bruder war Christoph I. von Watzmansdorf (Nr. 55). Georg hatte mutmaßlich vier Töchter und vier Söhne, darunter Christoph II. (Nr. 74) und Degenhart II. (Nr. 75)4). Georg ist als Pfleger in Rathsmannsdorf nachgewiesen5). Daneben tritt er als Zeuge des Schwurs der Passauer Bürgerschaft an Bischof Ulrich von Nußdorf (1451–1479) im Jahre 1455 auf6).

Textkritischer Apparat

  1. Sic, für Kreuztag.

Anmerkungen

  1. Vgl. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 2. Seite „Kirche zu Kellberg“; Erhard, Topographie 1,1 210; Angabe in Kdm Passau 154.
  2. Das heraldisch rechte Wappen dürfte das der Watzmansdorfer mit dem Spitzhut darstellen (vgl. OÖ 607). Bei dem heraldisch linken Wappen handelt es sich wohl nicht, wie Kdm Passau vermerkt, um das Wappen der Pächel (= Pschächl, vgl. Nr. 79; BayA1 31), da deren Wappen einen Flug als Helmzier aufweist, was hier deutlich nicht der Fall ist. Vielmehr dürfte es sich um das Wappen der Ehefrau Georgs, Sabina, geb. Pfäffinger, handeln. Die noch schematisch erkennbaren Formen des Oberwappens könnten mit einer für die Familie Pfäffinger belegten Helmzier, einer mit einem Pfauenbusch besteckten Trommel (vgl. BayA1 23), korrespondieren. Auch die Reste des Wappenbildes könnten auf den halben Wolf des Pfäffingerwappens deuten. Die Wappen waren zu Zeiten Brunners um 1842 vom Altargitter verdeckt, vgl. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 2. Seite „Kirche zu Kellberg“.
  3. Vgl. OÖ 608; Hundt/Libius, Stammenbuch III, 767; BSB Cgm 2290 30 fol. 449rf.
  4. Zur Problematik der Watzmansdorfergenealogie vgl. den Kommentar bei Nr. 29.
  5. Vgl. Heider, Regesten Nr. 358 (Urkunde vom 25. August 1469) und Nr. 476 (Urkunde vom 26. Mai 1478), Krick, Stammtafeln Nr. 205, OÖ 608 und Hundt/Libius, Stammenbuch III, 765, 767; in HAB Passau findet sich keine Angabe darüber, dass Georg Pfleger in Rathsmannsdorf war.
  6. MB 18b, 455.

Nachweise

  1. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 2. Seite „Kirche zu Kellberg“; Leoprechting, Schätzl 153; ABP OA Sammlung Stinglhamer/Krick 221 (bez. „Tafel 8“); Kdm Passau 154.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 56 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0005606.