Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

G1, Nr. 16 Ottbergen (Lkr. Hildesheim), kath. Pfarrkirche St. Nikolaus 1452, vor 1650?

Für eine ältere Fassung dieser Katalognummer, siehe DIO02 Nr. 16

Beschreibung

Monstranz. Silber, vergoldet. Die Monstranz stammt der Stiftungsinschrift zufolge aus Clus und wurde, wie ein später unter dem Fuß eingravierter Kaufvermerk zeigt, erst in der Amtszeit des Abts von St. Godehard in Hildesheim, Joseph Dannhausen (1793–1803), für die Kirche in Ottbergen erworben.1) Auf dem Sechspassfuß sind sechs Figuren eingraviert: drei Engel, der eine trägt das Kreuz, der andere die Lanze und der dritte die Kreuzesnägel Christi. Weiterhin der Evangelist Johannes, der heilige Georg mit dem Drachen und ein Bischof, der einen Topf in der Rechten hält. Die Monstranz wird bekrönt von einer jüngeren Darstellung Christi am Kreuz mit dem teilweise in doppelter Kontur gravierten Titulus A. Die glatt erhaben vor bearbeitetem Hintergrund ausgeführte Inschrift B beginnt auf dem Nodus und setzt sich auf dem Fuß fort. Das Datum ist auf dem umgeschlagenen Schriftband am Ende der Inschrift B in kleineren Ziffern eingraviert.

Maße: H.: 67 cm; Dm.: 18 cm (Fuß); Bu.: 0,35 cm (A), 0,3 cm und 0,7 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), gotische Minuskel (B).

Christine Wulf [1/7]

  1. A

    I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDAEORUM)2)

  2. B

    · deo · d(omi)uoa) · telse · ekeg · d(e) r(e)lict(is) · ei · bonis · // + soc(eri) · sui · gerd · bimeb) · (et)c) · alheid(is) · vxor(is) · sue ded(it) · ha(n)c · mo(n)str(anc)ia(m) mo(na)st(er)io · i(n) · clusa · ord(inis) s(an)c(t)i · b(e)n(e)d(icti) · p(ro)pe ga(n)dersem q(uorum) · a(n)i(m)e · req(ui)escu(n)t i(n) pace // 1452d)

Übersetzung:

Gott dem Herrn. Telse Ekeg hat von den ihr hinterlassenen Gütern ihres Schwiegervaters Gerd Bime und dessen Ehefrau Adelheid diese Monstranz dem Benediktiner-Kloster in Clus bei Gandersheim geschenkt. Ihre Seelen ruhen in Frieden. 1452. (B)

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift B sind mit kleinen Schleifen verziert.

In der Gandersheimer Überlieferung sind die Namen ekeg und bime nicht nachzuweisen, auch die Namensform Telse für Elisabeth ist im ostfälischen Mundartgebiet eher ungewöhnlich, während sie in nördlichen Regionen häufiger vorkommt. Die Stifterin dürfte daher mit der in den Jahren 1461 und 1462 in den Hamburger Kämmereirechnungen nachzuweisenden Tilse Eegkeyges identisch sein.3)

Eine solche Stiftung aus einer norddeutschen Hansestadt ist in Clus kein Einzelfall. In der Amtszeit des Abts Gottfried von 1446 bis 1460 gehörte ein in ökonomischen Fragen kundiger Donat namens Johannes Buxtehude der Klostergemeinschaft an. Er war selbst vermögend und erschloss dem Kloster auch neue Kapitalressourcen, die noch weit über seinen Tod hinaus für Clus von außerordentlicher Wichtigkeit waren. Dank persönlicher Beziehungen gewann er das Interesse der reichen Kaufmannschaft in den Städten Hamburg, Bremen und vor allem Lübeck für Clus und schuf mit diesen Stiftungen die materielle Grundlage für den Ausbau und die Ausstattung des Klosters.4) Offenbar galt das zwar bescheiden ausgestattete, aber mustergültig reformierte Clus als zuverlässiger Garant für die Erfüllung der mit diesen Stiftungen verbundenen Gebetsleistungen.

Textkritischer Apparat

  1. d(omi)uo] Gravurfehler, statt d(omi)no.
  2. bime] Über i ein (redundanter?) Kürzungsstrich; alternative Lesung bu(n)ne.
  3. Tironisches et.
  4. 1452] Schlingenvier und linksgewendete Fünf.

Anmerkungen

  1. A(NN)O 1728 ECCL(ES)IAE : OTTBERGENSI : COMPARAUIT : F(RATER) : I(OSEPH) : DANHAUSEN : ORD(INIS) : S(ANCTI) : B(E)N(E)D(IC)TI : INTER : ALIOS : R(EVEREN)D(ISSI)MUS : D(OMINUS) : ABBAS : AD : S(ANCTUM) : GODHARDUM : B(E)N(E)D(IC)TUS : BENEFACTOR : SPECIALIS : Bei der Jahreszahl am Beginn der Inschrift dürfte ein Gravurfehler vorliegen: Joseph Dannhausen amtierte als Abt an St. Godehard in Hildesheim von 1793 bis 1803. Der Kaufvermerk sollte wohl das Datum 1798 statt 1728 tragen. Vgl. die Abtsliste von St. Godehard in: Germania Benedictina VI, S. 211.
  2. Io. 19,19.
  3. Vgl. Kämmereirechnungen der Stadt Hamburg, hg. vom Verein für Hamburgische Geschichte, Bd. 2: 1401–1470, bearb. von Karl Koppman, Hamburg 1873, S. 122,3; S. 124,29 und S. 162,18. – In Lübeck ist der Familienname Ekeg in der Form Ekey ebenfalls nachzuweisen, vgl. Online-Recherche in den Beständen des Stadtarchivs Lübeck: http://findbuch.luebeck.de/fnet/domains/1000/php/main.php?ar_id=1000 (29. 12. 2010).
  4. Goetting, Benediktiner(innen)kloster Brunshausen, S. 215f.; s. a. Bodo, Chronica Coenobii Clusini, fol. 140r.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Marienburg, S. 155.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, G1, Nr. 16 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017g1001603.