Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 96: Lkr. Northeim (2016)
Nr. 305 Fürstenhagen, Kirche 1645
Beschreibung
Balken an der Westseite des Turms. Der Auflagebalken der schieferverkleideten Turmkonstruktion ist als Schwellbalken gestaltet. Darauf in zwei Zeilen die beiden Psalterzitate (oben A, darunter B), vertieft und gelb vor braunem Hintergrund gefasst; vor dem Namen des Meisters in Inschrift A drei senkrecht gestellte Punkte. In der Mitte ist ein Teil des Balkens ersetzt und die Inschrift weitgehend originalgetreu nachgeschnitzt (vgl. aber Anm. a). Das entfernte Stück befand sich, geteilt in zwei Segmente, zur Zeit der Aufnahme (August 2013) in der Kirche. Die Buchstaben darauf sind teilweise nur aufgemalt, teilweise bei einer früheren Restaurierung nachträglich vertieft.
Maße: H.: 27,5 cm; B.: 26,5 cm u. 96,5 cm (Originalteile); Bu.: 6 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
PSAL. 27 EINS BIT ICH VOM HERREN DAS HETTE ICH GERN DAS ICH IM HAVSE DES HERREN BLEIBE<N MÖGE MEIN LEBEN LANG ZV SCHAWENa) DIE> SCHÖNEN GOTTESDIENSTE DES HERREN VND SEINEN TEMPEL ZV BESVCHEN1) · M(EISTER) HANS · TILEN
- B
CNb) PSAL. 84: WIE LIEBLICH SIND DEINE WOHNVNGE HERR ZEBAOTH MEINE SEELE VERLANGET VN<D SEHNET SICH NACH DEN VORHÖFEN> DES HERREN MEIN LEIB VND SEEL FREVWT SICH IN DEM LEBENDIGEN GOTT:2) ANNO 1645 DEN 4. SEBTEMPER ·
Textkritischer Apparat
- LEBEN LANG ZV SCHAWEN] Der Befund auf dem Originalstück lautet LEBE ANZVSCHAWEN (so auch Kunze, Kirche in Fürstenhagen); allerdings folgt nach LEBE noch ein senkrechter Schaft, wohl der Rest eines L (an der Stelle des Balkenstücks befindet sich ein Loch), die Buchstaben ZVS sind schmaler und nur aufgemalt. Vermutlich lautete der ursprüngliche Text: LEBE LAN[G] SCHAWEN; ZV wurde später ergänzt.
- CN vermutlich zu ergänzen: C(ANTATE)N. Vgl. Kommentar.
Anmerkungen
- Ps. 27,4.
- Ps. 84,2–3.
- Görges, Wehrturm, S. 4.
- SWV Nr. 29, bes. S. 7f. (auch zur liturgischen Stellung).
- SWV, S. 30f. u. 34, Nr. 181a. Vgl. Heinrich Schütz, Der Beckersche Psalter. Erstfassung. Hgg. von Werner Breig, (Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 40), Kassel, Basel, London, New York 1988, S. 96f.
- Kunze, Fürstenhagen, S. 336.
Nachweise
- Kunze, Kirche in Fürstenhagen, S. 4.
- Kunze, Fürstenhagen, S. 335.
- Görges, Wehrturm, S. 3.
Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 305 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0030506.
Kommentar
Bemerkenswert an der schlichten Kapitalis ist die überwiegende Verwendung des offenen D und des breiten verschränkten W; das H in HANS ist mit nach unten gebrochenem Mittelbalken gestaltet. Der Schaft der 1 ist unten gespalten und beidseitig nach oben umgebogen.
Der 4. September wird in Fürstenhagen als Tag der Kirchweih begangen.3) Die Ergänzung von CN zu C(ANTATE)N wird dadurch bestätigt, dass Psalm 84 als Introitus zur Kirchweih gesungen wurde. Heinrich Schütz hatte 1619 in seinem Opus 2 verschiedene Kantaten nach Psalmen Davids veröffentlicht.4) 1628 folgte die Vertonung des 1602 veröffentlichten Psalters von Cornelius Becker (1561–1604),5) dessen Text bei der Inschrift aber nicht zu Grunde gelegt wurde.
Meister Hans Thiele wird 1656 und 1660 auch als Müller genannt.6)