Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 96: Lkr. Northeim (2016)
Nr. 304 Ellierode (Hardegsen), St. Johannis 1645
Beschreibung
Glocke. Bronze. Unterhalb der Schulter zwischen Doppelstegen Inschrift A, darunter ein hängender Blattfries. Auf zwei Seiten gegenüberliegend der Abdruck von jeweils drei länglichen Blättern, vermutlich Salbei; dazwischen auf einer Seite eine erweiterte Kreuzigungsgruppe mit den beiden Schächern. Oberhalb des Schlages über einem Doppelsteg Inschrift B, am Schlag unterhalb eines Steges in vertiefter Zeile Inschrift C; beide Inschriften füllen die Zeile nicht vollständig aus. Die Inschriften sind erhaben gegossen, in (C) sind drei Wörter eingeritzt. Der Worttrenner in (A) ist sternförmig.
Maße: H.: 63 cm; Dm.: 81 cm; Bu.: 2,2–2,3 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
GODTFRIEDT KOHLER IN CASSEL GOS MICH IN ELGEROTE GEHERE ICH
ANNOa) 1645 · - B
GEORGIVS SCHOWICHTEN SVPERINTENDENS CHRISTOPHORVS BRAVNS PASTOR
- C
STOFFEL SCHRADER . BALTHASAR DETHMER AMPTMANb) IOSTc) SCHRADER HENRICH GAIDENd)
Versmaß: Deutscher Reimvers (A).
Textkritischer Apparat
- ANNO] Das erste N ist verrutscht und nach links geneigt, A ist gestört.
- BALTHASAR DETHMER AMPTMAN] Eingeritzt.
- IOST] Der Schaft des T nach unten über die vertiefte Zeile hinausragend.
- Vor und hinter dem Namen ein großer Abstand.
Anmerkungen
- Vgl. Schilling, Glocken, S. 238f., bes. mit Abb. 479 (Salbei!).
- Walter, Glockenkunde, S. 800. Nur eine Glocke findet sich weiter südlich in Crainfeld (Walter: Krainfeld) am Vogelsberg. Zu zwei Glocken von 1637 und 1648 in Seifertshausen (Rotenburg) und Solz (Bebra) vgl. DI 91 (Lkr. Hersfeld-Rotenburg), Nr. 342 u. 348.
- DI 66 (Lkr. Göttingen), Nr. 357 (Benterode), 1634; Nr. 363 (Escherode), 365 (Oberode), 366 u. 367 (Uschlag), alle 1636.
- Vgl. ebd., Abb. 283, 284, 286 (Fries von Nr. 363 aus Escherode), 287 u. 289.
- Ebd., Nr. 299; zum Neuguss der Geschütze siehe den Kommentar, ebd., S. 290.
- Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 115 u. Bd. 1, S. 461. Vgl. Lechte, Hardegsen, S. 141. Vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 107, Nr. 186 (26. September 1593; mit Anm.); S. 193, Nr. 5; S. 207, Nr. 3.
- Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 156 u. 251. Vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 209, Nr. 101 (6. April 1616; mit Anm.).
- Domeier nennt zwischen 1641 und 1648 keinen Amtmann; vgl. Domeier, Hardegsen, S. 26.
Nachweise
- Menzel, Kirche Ellierode, I. 2. [o. S.].
Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 304 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0030408.
Kommentar
Die Buchstaben sind, mit Ausnahmen von I und P, sehr breit, fast quadratisch ausgeführt. R ist mit geschwungener Cauda gestaltet, die unterhalb des Bogens am Schaft ansetzt; K ist mit gebogenen Schrägbalken, G mit gerader Cauda versehen. Der untere Balken des E ist stark verlängert, der mittlere ist, auch am F, fast punktförmig verkürzt; bei den eingeritzten E sind der obere und untere Balken dagegen gleichlang. Der untere Bogen des B ist größer als der obere. Der Abdruck von Blättern kommt gelegentlich als Glockenzier vor.1)
Walter führt für den Kasseler Gießer Gottfried Kohler zwischen 1627 und 1645 sechs überwiegend in Nordhessen nachweisbare Glocken auf.2) Im südlichen Landkreis Göttingen lassen sich in vier Ortschaften unweit der Grenze zu Hessen weitere fünf Glocken von ihm nachweisen, die 1634 und 1636 entstanden sind.3) Auf diesen Glocken hat Gottfried Kohler die vorliegende Inschrift A, mit leichten orthographischen Varianten vor allem bei seinem Vornamen, ebenfalls angebracht. Die Buchstaben sind immer fast quadratisch geformt, der Fries auf der vorliegenden Glocke ähnelt dem auf der Glocke in Escherode.4) Der Gießer fertigte außerdem bereits 1612 eine bronzene Grabplatte für den Mündener Bürgermeister Joachim Mecke an; 1634 besorgte er den Neuguss von Geschützen für die Stadt Göttingen.5)
Georg Schowicht aus Uslar, der seit 1593 in Helmstedt studiert hatte, wurde 1607 zum Magister promoviert. Er war zunächst Rektor in Uslar, von 1609 bis 1614 Pastor in Lutterhausen (Lkr. Göttingen) und anschließend von 1614 bis zu seinem Tod 1650 Superintendent in Hardegsen.6) Der aus Hann. Münden stammende Christoph Brauns studierte seit 1616 ebenfalls in Helmstedt; von 1618 bis 1623 war er Pastor in Bursfelde (Lkr. Göttingen) und amtierte von 1623 bis 1666 in Ellierode.7) Er wird auch genannt auf der 1645 für Hettensen gegossenen Glocke Nr. 287. Balthasar Dethmer könnte das Amt Hardegsen, zu dem Ellierode gehörte, zwischen dem Tod des Joachim Schünemann im Jahr 1641 (Nr. 294) und dem des Pfandinhabers Johann Hilmar von Steinberg im Jahr 1648 verwaltet haben.8) Dethmer lässt sich sonst nicht nachweisen.