Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 272 Northeim, Museum 1632

Beschreibung

Totenschild für Bengt Lillie.1) Holz, bemalt. Der Schild, der zusammen mit Helm und Degen des schwedischen Offiziers in der St.-Sixti-Kirche aufgehängt war, wurde im Zuge der Renovierung 1845/46 entfernt und zunächst in der Hieronymus-Kapelle der Kirche aufbewahrt. Von 1912 bis zur Aufgabe des Standorts um 1970 war er in der vom Museum genutzten ehemaligen Kapelle St. Fabian und Sebastian am Markt ausgestellt.2) Der mit einem hölzernen Rahmen versehene, hochrechteckige Schild zeigt in einem ovalen Feld das farbige Vollwappen des Verstorbenen; in den Zwickeln Rankenwerk. Die schwarz auf hellerem Untergrund gemalte Inschrift auf einem das Innenfeld begrenzenden, oben und unten unterbrochenen ovalen Schriftband. Das oben und unten unterbrochene Schriftband endet jeweils in Voluten; oben zwischen diesen ein geflügelter Engelskopf. Die Inschrift beginnt oben rechts; die Buchstaben werden im Verlauf der Inschrift kleiner. Als Kürzungszeichen Doppelpunkte.

Maße: H.: 99 cm, 84 cm (ohne Rahmen); B.: 69,5 cm, 54 cm (ohne Rahmen); Bu.: 1,5–1,9 cm, 1,1 cm (SVAE).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/1]

  1. A(NN)O 1632 DEN 27. FEBR(VARII) IST DER WOLEDLE GESTRENG VND MANHAFT(E) BENCT LYLLY, KÖNIG(LICHER) MAIEST(ÄT) ZV // SVEDEN DES LÖBLICH(EN) OTTO VON SACK REGIM(ENT) WOLBESTALTER LEVTENANT IN GOT S(ELIG) ENTSCHLAFFEN, AETATIS SVAEa) 26

Übersetzung:

… im Alter von 26 Jahren (oder: im 26. Lebensjahr).

Wappen:
Lillie3)

Kommentar

Die Buchstaben sind mit serifenartigen Sporen an den Schaft-, Bogen- und Balkenenden versehen, obere und untere Balken- und Bogenenden sind über den Schaft hinaus nach links verlängert. Der Schrägschaft des N, der Mittelbalken des H sowie die oberen (und unteren) Balken von F und E sind als Haarstriche ausgeführt. Beim W sind einmal (WOLEDLE) die linksschrägen Schäfte und einmal (WOLBESTALTER) die rechtsschrägen als Haarstrich gestaltet. Der Mittelbalken von E und F ist verkürzt, die senkrechte Cauda des G ist eingestellt, die Cauda des R ist geschwungen, O ist spitzoval.

Bengt Lillie (Lilly, Lillja), geboren 1605, stammte aus der adligen Familie der Lillie av Aspenäs. Sein Vater Bengt Bryntesson Lillie (1569–1637) war Kammerherr des Herzogs Carl Philipp (1601–1622), des jüngeren Bruders von König Gustav Adolf; seit 1596 war er verheiratet mit Maria Kijl. Bengt Lillie gehörte zum Regiment der Södermanlands-Reiter.4) Angesichts des in der Inschrift angegebenen Todesdatums kann Bengt Lillie nicht an der Seite des schwedischen Königs in der Schlacht bei Lützen gestorben sein, wie es eine ältere Familientradition wollte,5) da diese erst am 6. November 1632 (alten Stils) stattfand. In der Schlacht fiel sein jüngerer Bruder Knut (1606–1632), der im selben Regiment diente.6) Leutnant Lillie dürfte mit seinem Regiment zu den schwedischen Einheiten gehört haben, die im Januar 1632 den Abzug der kaiserlichen Garnison aus Northeim, die seit 1627 in der Stadt gelegen hatte, erzwangen.7)

Otto von Sack kommandierte eine Kürassier-Einheit – wohl das Regiment der Södermanlands-Reiter – die im Oktober und November 1631 zur schwedischen Hauptarmee gehörte.8) Im März 1632 war die Einheit bei Donauwörth9) und nahm im November 1632 an der Schlacht bei Lützen teil.10)

Textkritischer Apparat

  1. SVAE] Der linke Schrägschaft des V setzt unten am rechten, senkrechten Schaft des A an und schneidet den linken Schrägschaft des A. Den senkrechten Schaft teilen sich infolgedessen V, A und E.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 1998/15; Acc. Nr. 2690. Zur Zeit der Aufnahme (Februar 2014) im Magazin.
  2. Vennigerholz, Beschreibung, Bd. 2, S. 82. Hueg, Leichensteine, S. 94. Weigand, Raum, S. 19. Eggeling, Aufgaben, S. 31. Ders., Heimatmuseum, [S. 55].
  3. Wappen Lillie (Lilie). Vgl. Gustaf Elgenstierna, Den introducerade svenska adelns ättartavlor, Bd. 4 (1928), ND Stockholm 1998, S. 659. Hier: doppelte Lilie, die Helmzier (Lilie zwischen Büffelhörnern, außen begleitet von je vier Fahnen), stimmt überein.
  4. Elgenstierna (wie Anm. 3), S. 659f.
  5. Vgl. den Eintrag zum Vater Bengt Bryntesson Lilly (Nr. 55) in der Zusammenstellung der Vorfahren des Unternehmers Eli Lilly: www.genealogy.com/ftm/j/o/h/Teri-Johnson/GENE4-0014.html (14.07.2015).
  6. Elgenstierna (wie Anm. 3), S. 659f.
  7. Vgl. dazu allgemein Hueg, Sturmzeit, S. 178 u. 186.
  8. www.cgsc.edu/CARL/nafziger/631JAA.pdf (14.07.2015).
  9. www.cgsc.edu/CARL/nafziger/632CAA.pdf (14.07.2015).
  10. www.cgsc.edu/CARL/nafziger/632KAC.pdf (14.07.2015).

Nachweise

  1. Vennigerholz, Beschreibung, Bd. 2, S. 82.
  2. Hueg, Leichensteine, S. 94.
  3. Jörns/Engel, Zeugnisse des Bürgertums, S. 29 (Abb. 17).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 272 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0027205.