Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 257 Bad Gandersheim, St. Georg 1623, 1676

Beschreibung

Kanzel mit Schalldeckel. Holz, bemalt. Aufgestellt am nordöstlichen Ende des Kirchenschiffes. Der fünfseitige Kanzelkorb in Renaissanceformen auf den drei sichtbaren Seiten mit gemalten Darstellungen. Nach Westen und Süden jeweils unter einer Doppelarkade die Evangelisten Matthäus und Markus sowie Lukas und Johannes. Auf der schmaleren Schrägseite dazwischen ein segnender Christus mit Weltkugel. Unter den Darstellungen schwarz ausgemalte Schriftbänder, heute ohne Text. Auf den Sockelfeldern weitere Bilder: unter Christus eine Darstellung des Glaubens (der Fides). Nach Westen Jacob, der mit dem Engel ringt, nach Süden Tobias mit Engel und Fisch an der Hand.1) Auf der Seitenwange der Kanzeltreppe gemalte, von Blumenranken umgebene, gedrehte Barocksäulen.

Der sechsseitige Schalldeckel ist reich ornamentiert. Auf der Unterseite im vertieften Rand umlaufend Inschrift A, im Inneren ein Rankenwerk aus Holzintarsien, gerahmt von einem Kassettenmuster. Die Inschrift besteht aus aufgesetzten, gold gefassten hölzernen Buchstaben, von denen einige fehlen; die den Holzgrund zeigenden Fehlstellen lassen vor dem grünen Hintergrund die Form der abgefallenen Buchstaben erkennen; manche sind bereits durch Goldfarbe nachgezogen. Die Inschrift beginnt an der Nordseite. Die Buchstaben in der Mitte der in die vier Himmelsrichtungen gerichteten Hauptseiten sind von leicht erhabenen Rhomben umgeben. Auf dem Schalldeckel an den freien Seiten Bretter mit Rollwerk. Auf der Seite nach Osten (über dem Kanzelaufgang) in einer ovalen Kartusche die gemalte (gold auf schwarzem Grund) Inschrift B. Auf der Südseite ein erhaben geschnitztes, farbig gefasstes Wappenfeld mit den aneinandergeschobenen Wappen des Stifterpaares; links und rechts an den Seiten begleitet von den bogenförmig verlaufenden, gemalten (gold auf schwarzem Grund) Beischriften C.

Maße: L.: 117 cm; B.: 99 cm; Bu.: 3,3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versal-A (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/3]

  1. A

    GEORG / SC/HRAD/ER / BECKER / ANNO 1623

  2. B

    ANNO / 1676 .

  3. C

    DIDERICH / FREILINGHAUSEN // CATHARINA / ELISABET PÖLEN

Wappen:
Freilinghausen2)Pölen3)

Kommentar

Der Inschrift zufolge hat der Bäcker Georg Schrader 1623 den Schalldeckel zu der stilistisch eng verwandten, vermutlich gleichzeitig entstandenen Renaissancekanzel gestiftet. Dietrich Freilinghausen und seine Frau haben 1676 eine Erneuerung veranlasst, bei der die eher barocke Formen zeigenden Aufsatz-Bretter auf dem Schalldeckel, der Unterhang der Kanzel und die Malerei auf der Treppe hinzugefügt wurden. Dietrich Freilinghausen, der aus einer Einbecker Familie stammte, war Kaufmann und Bürgermeister in Gandersheim. Der Einbecker Pastor Johann Polenius, vermutlich ein Bruder der Catharina Elisabeth Pölen, der Ehefrau des Dietrich Freilinghausen, hielt 1661 die Leichenpredigt auf den Vater Anton Freilinghausen (1597–1661), der Kaufmann und Ratsherr in Einbeck gewesen war.4)

Anmerkungen

  1. Vgl. Tob. 6,1–5.
  2. Wappen Freilinghausen (doppelstöckige Kapelle mit Figur im giebelbekrönten Portal).
  3. Wappen Pölen (Herz, hinterlegt von ins Andreaskreuz gestellten, von unten nach oben gerichteten Pfeilen).
  4. Vgl. Roth, Auswertungen, Bd. 8, R 7953. Zur Familie Freilinghausen/Freylinghausen vgl. Kurt Kronenberg, Das segensreiche Leben des Johann Anastasius Freylinghausen. Eine Würdigung anläßlich seines Geburtstages am 2. Dezember 1670, in: Gandersheimer Chronikblätter, 1. Jg., 1970, S. 73–80, hier S. 74f.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 194.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 257 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0025701.