Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 220 Imbshausen, St. Marcus 1608

Beschreibung

Grabplatte für Sievert von Steinberg d. J. Stein. Vor einer angedeuteten Nische mit punktiertem Hintergrund ist der bärtige Verstorbene im Harnisch dargestellt, die Rechte hält das senkrecht gestellte Schwert, zu seinen Füßen der übergroße Helm; die Schamkapsel ist abgemeißelt. Die erhaben in vertiefter Zeile ausgeführte Inschrift A umlaufend um die Nische, unterbrochen durch die Ellenbogen und die Füße der Figur sowie unten rechts durch den Helm; unten links ist der Name vermutlich nachgehauen. In den Zwickeln geflügelte Puttenköpfe. Auf dem Rahmen des Steins ist die sechzehnteilige Ahnenprobe angebracht; je sechs der auf ovalen Medaillons angebrachten Vollwappen befinden sich an den Längsseiten, weitere zwei zwischen den obersten bzw. untersten Wappen der Schmalseiten. Die Ahnenprobe ist von den beiden mittleren Wappen über dem Kopf ausgehend jeweils nach links und rechts und dann nach unten bis zu den beiden mittleren Wappen unter den Füßen zu lesen. Die vertieften, teilweise nicht sehr deutlich ausgeführten Beischriften B sind möglicherweise nachgehauen. Die Beischriften zu den beiden mittleren Wappen der oberen Schmalseite auf dem Rand über Inschrift A, unterbrochen durch die Medaillons, die übrigen in zweifach vertieften Feldern. In dem Feld zwischen den beiden obersten Wappen rechts und links die Beischriften für das Wappen darüber und darunter, die folgenden beziehen sich jeweils auf die Wappen unterhalb des Feldes. Die beiden Wappen unten rechts sind nicht ausgeführt, auch das Inschriftenfeld zwischen ihnen war nicht beschriftet. Zu den beiden mittleren Wappen unten wurden keine Beischriften angebracht.

Maße: H.: 239 cm; B.: 115 cm; Bu.: 4 cm (A), 2,4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/3]

  1. A

    ANNO 1608 DEN <.>a) IVN/II IST DER EDELL // VNDT ERNVESTE SIVERT / VON / STEINBERG INb) GOT SELIG ENTSCHLAFFEN // DEM GOT GENAD

  2. B
    STEIN//BERCK·  SA//LDER 
    HANSTEIN  D(IE) V(ON) ASSEBVRG 
    HANSTEIN  D(IE) V(ON) STEINBERG 
    MEISEBVCK  D(IE) V(ON) HAVS 
    BODENHVSEN  VELTEM 
    SPEIGEL  WESTPALEN 
    CASTINGRODE 
Wappen:
Steinberg1)Saldern9)
Hanstein2)Asseburg10)
Hanstein3)Steinberg1)
Meysenbug4)Haus11)
Bodenhausen5)Veltheim12)
Spiegel6)(leer)13)
Kerstlingerode7)(leer)14)
Warpke?8)Papenheim?15)

Kommentar

Die regelmäßige Kapitalis der Inschrift A zeichnet sich durch ausgeprägte keilförmige Verbreiterungen der Schaft-, Balken- und Bogenenden aus; die Cauda des R ist gebogen, der geschlossene Bogen ist relativ klein. Bemerkenswert an den vertieft gehauenen Buchstaben der Inschrift B ist, dass sich die Bögen am B sowie Bogen und Cauda am R teilweise nicht berühren.

Sievert von Steinberg d. J. aus der Linie Wispenstein war der älteste Sohn von Melchior von Steinberg (1521–1578), Statthalter von Wolfenbüttel, aus dessen erster Ehe mit Jutta von Saldern (1529?–1567).16) Seine Großmutter war Katharina von Hanstein, Ehefrau des Sievert von Steinberg d. Ä., der 1550 starb.17) Die mütterlichen Vorfahren, deren Wappen die rechte Seite der Ahnenprobe zeigt, sind Jakobe von der Asseburg (1507?–1571), verheiratet mit Burchard von Saldern (1483–1550), Jutta von Steinberg, Ehefrau von Heinrich von Saldern (gest. 1515) sowie Anna von Haus, verheiratet mit Hildebrand von Saldern.18) Eine Schwester des Verstorbenen, Maria von Steinberg, wurde 1577 in St. Paul in Hildesheim beigesetzt.19)

Sievert von Steinberg d. J. hatte das Gut Imbshausen, das zuvor der „Kriegsoberst“ Adrian von Steinberg (Nr. 167, 178) besessen hatte, nach dem Tod von dessen gleichnamigem Sohn Adrian d. J. im Jahr 1591 zusammen mit seinen Brüdern Melchior d. J. und Christoph (gest. 1598) von ihrem Onkel Sievert d. Ä., einem Bruder Adrians d. Ä., erstritten. Dies führte zu einem Prozess vor dem Hofgericht in Wolfenbüttel, das 1592 die Sequestration (Zwangsverwaltung) des Gutes anordnete, wogegen die Brüder Beschwerde beim Reichskammergericht einlegten. Nachdem dieses 1596 die Rückübertragung an den Onkel befohlen hatte, legten die Brüder dagegen Revision ein, die zu ihren Gunsten ausgegangen sein muss.20) Später ist Sievert von Steinberg d. J. allein Inhaber. Nach seinem Tod 1608 lösten die von ihm verursachte Überschuldung des Gutes und weitere sich überkreuzende Schuldforderungen Streitigkeiten zwischen mehreren Parteien aus, die das Hofgericht in Wolfenbüttel und das Reichskammergericht fast sechzig Jahre beschäftigten. Forderungen auf den Besitz von Imbshausen erhoben die Brüder Georg Burchard (gest. 1621) und Melchior d. J. (gest. 1623) von Steinberg zu Wispenstein, die Witwe des Sievert von Steinberg, Johanna von Gladebeck (gest. 1634), ihr Vetter Barthold von Rautenberg (1577–1647) sowie zunächst auch Statius von Münchhausen (1555–1633),21) der bis zu seinem eigenen Konkurs im Jahr 1617/18 ökonomisch erfolgreichste Adelige des Landes.22)

Textkritischer Apparat

  1. Platz ist nur für eine Ziffer.
  2. STEINBERG IN] Buchstaben offenbar nachgehauen.

Anmerkungen

  1. Wappen Steinberg (steigender Steinbock). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 16 u. Tafel 18.
  2. Wappen Hanstein (drei rechtsgewendete Mondsicheln 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 8 u. Tafel 9.
  3. Wappen Hanstein (drei Mondsicheln 2:1); wie vorige Anm.; hier gewendet.
  4. Wappen Meysenbug (Vogelbein). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 31 u. Tafel 33.
  5. Wappen Bodenhausen (drei rechtsgewendete Mondsicheln 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 4 u. Tafel 3.
  6. Wappen Spiegel (drei runde Spiegel 2:1). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 119; Bd. 2, Tafel 301.
  7. Wappen Kerstlingerode (gespalten, rechts drei Schindeln 2:1, links zwei Halbmonde übereinander). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 7, Abt. 3 Suppl., S. 27 u. Tafel 21.
  8. Wappen Warpke? (Lanzenspitze). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 128; Bd. 2, Tafel 328.
  9. Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
  10. Wappen Asseburg (sprungbereiter gekrümmter Wolf). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 5 u. Tafel 11.
  11. Wappen Haus (pfahlweise gestellter, gestümmelter Baumstamm). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 66; Bd. 2, Tafel 160.
  12. Wappen Veltheim (quadriert; 1 u. 4 Baumstamm, beidseitig mit Lindenblättern, 2 u. 3 breiter Balken mit zwei Leisten belegt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 10 u. Tafel 9.
  13. Wappen nicht ausgeführt. Nach der Beischrift hätte hier das Wappen Westfalen angebracht werden müssen.
  14. Nach der Ahnenprobe auf dem Grabmal Ilse von Salderns, einer jüngeren Schwester der Jutta von Saldern, müsste hier das Wappen Stöckheim stehen; vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 720.
  15. Wappen (Rabe von) Papenheim (rechtsschreitender, bekrönter Rabe). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 98; Bd. 2, Tafel 240. Das Wappen war auch auf dem Grabmal der Schwester des Verstorbenen, Maria, angebracht; vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 439. Vgl. auch die Ahnenprobe der Ilse von Saldern; DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 720.
  16. Vgl. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 195. Behrens, Steinberg, S. 63, N. 155.
  17. Vgl. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 153. Behrens, Steinberg, S. 60, N. 140.
  18. Vgl. Neukirch, Adelskultur, S. 125. Zu Jakobe von der Asseburg vgl. auch DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 420.
  19. Vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 439. Laut Behrens starb diese 1597; Behrens, Steinberg, S. 63, N. 154.
  20. Vgl. HStAH Hann. 27 Hild., Nr. 1707/1–4 und Nr. 1708; StAW 2 Alt Nr. 16736 (alle zit. nach Findbuch).
  21. Vgl. HStAH Hann. 27 Hild., Nr. 1720/1–2, 1717, 1726, 1728, 1513/1–3 u. 1732/1–2. StAW 2 Alt, Nr. 4695 u. 17461 (alle zit. nach Findbuch). Vgl. bereits Behrens, Steinberg, S. 63, Nr. 156.
  22. Vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 237, 238 u. ö. Neukirch, Adelskultur, S. 208–218.

Nachweise

  1. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 116f.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 220 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0022004.