Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 209 Northeim, St. Sixti 1603

Beschreibung

Gemälde. Ganzfiguriges Bild des Johann Arend. Öl auf Leinwand. Das ehemals im Chor der Sixti-Kirche aufgehängte Bild wurde im Zuge der Renovierung von 1845/46 entfernt und in der Hieronymus-Kapelle gelagert. Von 1912 bis etwa 1970 befand es sich im Besitz des Museums und wurde in der ehemaligen Kapelle St. Fabian u. Sebastian am Markt ausgestellt.1) Zur Zeit der Aufnahme (2014) hing das Bildnis im Bibliotheksraum über der Hieronymus-Kapelle. Unter einem hölzernen Gesims mit Zahnschnitt zeigt das Bild Johannes Arend als Prediger im schwarzen Talar mit Barett und Halskrause, in der Hand eine hell eingebundene Bibel haltend. Das bärtige, asketische Gesicht wirkt streng. Unter dem lebensgroß Dargestellten eine heute grau gefasste Fläche, auf der sich eine weitere Inschrift befunden haben dürfte, vermutlich ein Grabgedicht. Die hell gemalte Inschrift beginnt auf dem oberen Fries über einer schmalen Holzleiste und läuft auf dem schwarzen Holzrahmen um das Bild herum, am Ende der linken Langseite sind die Buchstaben sehr eng gedrängt. Die Inschrift ist, wie das ganze Bild, überarbeitet. Ein Fragment der Grabplatte des Pastors befindet sich ebenfalls in St. Sixti; Nr. 210.

Maße: H.: ca. 270 cm; B.: 114 cm; Bu.: 8,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg Lampe) [1/2]

  1. EFFIGIES REVERENDI ET DOCTI / VIRI IOHANNIS AQUILAEa) QUONDAM HUIUS ECCLESIAE PASTORIS / FIDELISSIMI QUI ANNO 1603 / 1. NOVEMB(RIS) E VIUIS EXCESSIT AETATIS SUAE 58 . VOCATIONIS HUIUS VRBIS 18 MINIS(TERII) TOTIUS 31

Übersetzung:

Bildnis des hochwürdigen und gelehrten Mannes Johannes Aquilejus (Arend), einst allertreuester Pastor dieser Kirche, der im Jahr 1603 am 1. November von den Lebenden schied, im 58. Jahr seines Lebens (oder: im Alter von 58 Jahren), im 18. Jahr seiner Berufung in diese Stadt, im 31. Jahr seines Amtes.

Kommentar

Johann Arend, der sich auch Aquilejus nannte, war von 1585 bis 1603 Pastor an St. Sixti. Die Angabe der Inschrift ‚im 18. Jahr seiner Berufung in diese Stadt‘ bestätigt 1585 als Jahr des Amtsantritts; die Zweifel Meyers, der, anders als Friese und Vennigerholz, auch 1589 nennt, sind also nicht begründet. Schwieriger ist die Angabe Frieses aufzuklären, der zufolge Arend zuvor 12 Jahre in „Gottesgabe“ amtiert habe, was Philipp Meyer mit dem Zusatz „bei Querfurt“ ergänzt hat.2) Dort gibt es aber keinen entsprechenden Pfarrort. Die 1533 gegründete, ursprünglich sächsische Bergstadt „Gottesgab“ (heute Boží Dar), die 1546 infolge des Schmalkaldischen Krieges an Böhmen fiel, blieb zwar bis in die 1620er Jahre evangelisch.3) Eine Verbindung dorthin ist aber unwahrscheinlich. Möglich ist, dass Johann Arend vor 1585 in der von Herzog Julius projektierten Gewerbestadt „Gotteslager“ vor Wolfenbüttel gewirkt hatte,4) obwohl er in den Pastorenverzeichnissen nicht nachzuweisen ist. In Wittenberg wurde ein Iohannes Aquileius Northeimensis am 13. April 1569 immatrikuliert;5) sollte dieser mit dem Verstorbenen identisch sein, hätte er erst mit etwa 24 Jahren dort studiert und wäre wahrscheinlich 1572 ordiniert worden.

Johann Arend stammte vermutlich aus der Northeimer Familie Arndes/Arend(e)s, die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Geistliche (Kalandsherren) sowie Ratsherren und Bürgermeister stellte.6) Zum Bildnistypus vgl. das im Jahr 1600 angefertigte Bild des 1597 gestorbenen Göttinger Predigers Theodosius Fabricius.7)

Textkritischer Apparat

  1. AQUILAE] Verrestauriert aus AQUILAEI; die – sehr kurzen – Balken des E jetzt an das frühere I gesetzt, über dem sich noch ein Punkt findet; der Balken des A ist über den Rechtsschrägschaft hinaus verlängert, das U besteht heute aus zwei unten nach rechts umgebogenen Schäften ohne Verbindung.

Anmerkungen

  1. 1926 im Museum unter der Acc. Nr. 2692 geführt; Hueg, Leichensteine, S. 76. Vennigerholz, Beschreibung, Bd. 2, S. 82. Weigand, Raum, S. 19. Behrens, Heimatmuseum, S. 77.
  2. Friese, Andeutungen, 1840, S. 384f. Vennigerholz, Beschreibung, Bd. 2, S. 208 u. 182. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 209. [Jörns], Pastoren, S. 52. – Zum Dienstantritt 1585 des in der Akte Johann Arndes Genannten vgl. HStAH Hann. 83 III, Nr. 553 I, Bl. 28.
  3. Vgl. Bruno Wähner, Stadtgeschichte von Gottesgab in Wort und Bild, Gottesgab 1936/37, bes. S. 23–29, 37–57, 67–77 u. 78–88. Eine Übersicht der evangelischen Geistlichen fehlt leider.
  4. Vgl. Kdm. Stadt Wolfenbüttel, S. 13–22 u. 80. Wiswe, Handel und Wandel, S. 22–26. Uppenkamp, Pentagon, S. 53f.
  5. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, Sp. 154a, Z. 24.
  6. Vgl. Prietzel, Kalande, S. 470. Jaeger, Bürgermeister, S. 56.
  7. Vgl. DI 19 (Stadt Göttingen), Nr. 130; eine Abb. nur auf DIO.

Nachweise

  1. Hueg, Leichensteine, S. 76f.
  2. Friese, Andeutungen, 1840, S. 384.
  3. [Jörns], Pastoren, S. 65 u. 53 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 209 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0020904.