Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 200 Schoningen, St. Vitus 1599

Beschreibung

Wandgemälde an der Südwand der Sakristei im Ostturm der Kirche. Das 1956 freigelegte1) Wandgemälde besteht aus einem ovalen, außen mit Beschlagwerk verzierten Rahmen, der im Inneren in vier Felder geteilt ist. Im größten, annähernd quadratischen Feld vor einer angedeuteten Landschaft der barfüßige Apostel Andreas, der mit der Rechten auf das neben ihm stehende, von ihm selbst mit der Linken gehaltene Kreuz als Zeichen seines Martyriums verweist; links und rechts vom Kopf Inschrift A. Darüber im halbkreisförmigen Giebelfeld die im linken Drittel zerstörte, sonst durch Abplatzungen beschädigte, in der untersten Zeile teilweise fehlrestaurierte Inschrift B. Unter dem Bild des Apostels in einem querrechteckigen Feld das Stifterpaar in zeitgenössischer Kleidung, in Gebetshaltung kniend einander zugewandt; rechts die Frau, links der Mann, dahinter ein Sohn. Im dreipassartig geformten Sockelfeld darunter Inschrift C.

Maße: H.: 134 cm; B.: 71 cm; Bu.: 3 cm (A, C), 1,5–2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien und Minuskel-z (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg Lampe) [1/2]

  1. A

    S(ANC)T ANDRE[AS] // 1599

  2. B

    [– – –] / [– – –]S CREVTza) NACHT DIR / [– – –] ANGSTb) VORLAN[GK]T MIR · / [– – –N]ZV BEREIT · ZV DIR GEHE ICH MIT GRO/[– – –] [– – – DIC. WIL]STV ANNE ME(N)c) MICH · VMB DES WILLEN / [– – –]d) DE[– – –] HEILIGETe) DICH ·

  3. C

    ANDREAS SPRENGEL · OPPERM(ANN)f) / DER GEMENE · ZV · SCHON(N)IN/GENg) · DEDIT

Übersetzung:

Andreas Sprengel, Opfermann (Küster) der Gemeinde zu Schoningen, hat (das Bild) gestiftet. (C)

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Kommentar

Die Schrift zeigt einen ausgeprägten Gestaltungswillen. Bemerkenswert sind die größeren Versalien in den Inschriften B und C, ausgeprägte, serifenartige Sporen an Schaft-, Balken- und Bogenenden, sowie das R mit durchgebogener, spitzer, unter die Zeile verlängerter Cauda. Deutlich ist der Wechsel von Haar- und Schattenstrich durch Bogenverstärkung am Mittelteil des S, dem rechten Bogen des O sowie C, Schaftverstärkung an P, D und N, dem linken Schaft von A, H und V sowie dem rechten Schaft des M. Der rechte Schaft des V ist regelmäßig über die Zeile verlängert. Beim flachgedeckten A sind der Deckbalken und der durchgebogene rechte Schaft als Haarstrich gestaltet, der in einigen Fällen ebenfalls unter die Zeile verlängert ist. I ist mit Punkten versehen.

Der Text der teilweise verlorenen Inschrift B zeigt charakteristische Züge von Liedtexten des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts, ohne dass eine Vorlage zu identifizieren wäre.

Die heutige Sakristei im Untergeschoss des Ostturms diente bis zum Neubau des Kirchenschiffs in den Jahren 1737 bis 1739 als Altarraum.2) Andreas Sprengel war der erste bekannte Opfermann, also Küster und Lehrer der Gemeinde.3)

Textkritischer Apparat

  1. CREVTz] Das z kleiner und tiefgestellt.
  2. T hochgestellt.
  3. ANNE ME(N)] Über ME Kürzungsstrich.
  4. Lücke allenfalls klein; die unterste Zeile, die rechts weit vor dem Ende des Giebelfeldes endet, ist zentriert angeordnet.
  5. HEILIGET] Befund durch Fehlrestauration: HEDEIGET, das erste E in D eingeschrieben.
  6. OPPERM(ANN)] Kürzungsstrich über dem M.
  7. SCHON(N)IN/GEN] Kürzungsstrich über dem ersten N.

Anmerkungen

  1. Hahn, Anklänge, S. 14f. Hahn, St.-Vitus-Kirche, S. 12.
  2. Hahn, St.-Vitus-Kirche, S. 10–13.
  3. Ebd., S. 12.

Nachweise

  1. Hahn, St.-Vitus-Kirche, S. 12 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 200 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0020000.