Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 42 Dassel, St. Laurentius 1447

Beschreibung

Eckquader im ersten Strebepfeiler rechts neben der Tür an der Südseite des Langhauses. Stein. Inschrift A auf der breiteren Südseite, Inschrift B auf der schmaleren Ostseite. Die Zeilen von Inschrift B sind gegenüber (A) etwas nach unten versetzt. Zwischen den Zeilen der vertieften Inschriften und an der linken Seite von (A) vertiefte Linien. Als Worttrenner dienen Quadrangel mit oben und unten angesetzten Zierhäkchen. Die Lesbarkeit von Inschrift B wird durch die ungeübte Ausführung und durch Verwitterungen beeinträchtigt; am Ende der dritten Zeile von (B) ist ein Stück ausgebrochen, was vermutlich den Verlust eines Buchstabens zur Folge hat.

Maße: H.: 36 cm; B.: 70 cm; T.: 45 cm; Bu.: 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/3]

  1. A

    Anno · d(omi)ni · Millesi(m)o / cccc° · xlvii · Fundata (est) / hec · ecclesiaa) in die ka(tharine)b)1) ·

  2. B

    · svb · eodem · / anno · Fve[r]v(n)tc) / · hicd) die) dv(.)at[..]f)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1447 ist diese Kirche gegründet worden am Tag der Katharina. (A) Im selben Jahr waren hier … (B)

Kommentar

Neben das doppelstöckige a, bei dem der linke Teil des gebrochenen oberen Bogens als geschwungener Zierstrich in das Innere des Buchstabens geführt wird, tritt beim ersten a in Fundata und in ka ein unten offenes Kasten-a. In der Jahreszahl und in ecclesia sind die oberen Bogenabschnitte des c waagerecht gestellt und miteinander verbunden; vgl. auch die ebenfalls vertiefte Inschrift Nr. 38. Inschrift B wurde von ungeübterer Hand nachgetragen; die Brechungen fehlen teilweise, die Buchstaben sind weniger klar ausgeführt. Zusammen mit der Verwitterung führt dies nach anno zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Lesung der Inschrift.

Der Vorgängerbau der Kirche soll bereits 1392 zerstört worden sein;2) 1447 wurde die Kirche daher neu gegründet. Da ein Bezug auf den Baufortschritt nach diesem Akt, der laut Inschrift B erst im November stattfand, unwahrscheinlich ist, handelt es sich bei Inschrift B vermutlich um eine Art chronikalischer Notiz, die an ein besonderes Ereignis erinnert. Infrage kommt in erster Linie der Durchzug von etwa 12 000 sächsischen Söldnern im Zusammenhang mit der Soester Fehde, der in der Jahresmitte 1447 bleibende Verwüstungen anrichtete. Auf dem Hinweg zogen die Haufen von Einbeck über Lüthorst, wo sie am 9. Juni lagerten, zur Weser, die sie am 10. Juni bei Holzminden erreichten. Auf dem Rückweg überschritten sie den Fluss etwas weiter südlich am 27. Juli bei Beverungen und Lauenförde. Die Stadt Dassel war davon in beiden Fällen offenbar nicht direkt betroffen; in Lüthorst waren die Söldner allerdings nur etwa sieben Kilometer von Dassel entfernt.3)

Textkritischer Apparat

  1. ecclesia] Vor dem s zwei Buchstaben (se), die teilweise wieder ausgehauen wurden, wodurch ein Haufehler getilgt wurde.
  2. ka(tharine)] sancti Pankratii (12. Mai) Harland, ohne Beleg; danach auch Mirus. Der obere Schrägbalken des k ist zu einem nicht mit dem Schaft verbundenen Quadrangel reduziert.
  3. Fve[r]v(n)t] Zwischen e und zweitem v ursprünglich zwei Schäfte, der rechte wurde ansatzweise wieder getilgt; das zweite v mit etwas verlängertem linken Schaft könnte auch als b wie in svb gelesen werden; darüber ein Kürzungsstrich.
  4. hic] Das c sehr schmal; danach möglicherweise noch ein unter die Grundlinie reichender Schaft, tatsächlich wohl eher ein Artefakt.
  5. di] Angesichts der Verwitterung ist es nicht ausgeschlossen, dass der als i gelesene Schaft ursprünglich ein r oder auch ein x mit schwach ausgeführtem Schrägschaft war.
  6. dv(.)at[..]] Über v ein Kürzungsstrich. Die dritte Zeile war bereits von Mithoff (bzw. seinem Gewährsmann) nicht zu lesen; vgl. Mithoff, Anm. 4. Für Rat und Hilfestellung bei den Entzifferungsversuchen danke ich Rüdiger Fuchs, Mainz.

Anmerkungen

  1. 25. November.
  2. Mirus, Chronik, S. 35.
  3. Zum Durchzug der Söldner vgl. Leiber, Soester Fehde, bes. S. 56f. Mirus, Chronik, S. 41.

Nachweise

  1. Harland, Einbeck, Bd. 1, S. 308.
  2. Mithoff, Kdm. Hildesheim, S. 27 (mit Anm. 4).
  3. Mirus, Chronik, Bildtafel.
  4. Von Poser-Max, Weltgerichtsdarstellung, S. 19.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 42 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0004202.