Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 39† Hardegsen, St. Mauritius 1442

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Tumba für Margarethe von Berg. Holz. Von der Tumba ist nur die stark restaurierte ursprüngliche Liegefigur der Herzogin erhalten, die 1861 mit einer neugotischen Umrahmung in der St.-Georgs-Kapelle aufgestellt wurde;1) zu ihren Füßen heute ein Wappenschild mit neuem Bild.2) Ursprünglich war ein im 17. Jahrhundert grob abgezeichnetes Allianzwappen auf dem Grabmal angebracht. Vier dazugehörige Wappen befanden sich in einem Fenster der Kapelle; wegen des Zusammenhangs werden sie unten in einer besonderen Wappenzeile aufgeführt.3) Die mit einem blauen Mantel und weißem, über den Kopf gelegten Schultertuch bekleidete Figur ruhte auf einem blauen Kissen, über der Figur (?) befand sich ein festgeklebtes Leinentuch.4) Zwischen 1768 und 1771 musste die Tumba von zwey Fuß Höhe und sieben Fuß Länge,5) die über der Gruft der Herzogin im Chor errichtet worden war, einem Kirchengestühl weichen; die Reste wurden an einen Abort [abgelegenen Ort] gesetzet.6) Vor dem Standbild befindet sich heute die Tumba für ihren Sohn Wilhelm; vgl. Nr. 20. Die Inschrift verlief auf der Deckplatte der Tumba umlaufend in gelb gefassten Buchstaben vor rotem Hintergrund.7) Mithoff gibt die Inschrift nach einem „alten Kupferstich“ wieder, der sich in „Spilcker’s Collectaneen“ befand,8) die im Zweiten Weltkrieg im Staatsarchiv Hannover vernichtet wurden.

Inschrift und Schriftart nach Mithoff.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover (cup 4060) [1/1]

  1. anno · domini · m° cccc · xxxxiia) · obiit · illustris · margarethab) · de · monte · ducissa · brunesuicensisc) · hic · sepulta · in · die · s(an)ct(orum) · marci · et · marcelli(a)ni9) · martÿru(m) · cuius · anima · requiescatd) · in · sanctae) · pace · amenf) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1442 starb die erlauchte Margarethe von Berg, Herzogin von Braunschweig; sie ist hier bestattet worden am Tag der heiligen Märtyrer Marcus und Marcellianus. Ihre Seele ruhe in heiligem Frieden. Amen.

Wappen:
Wappen (Tumba):Braunschweig/Berg-Ravensberg10)
Wappen im Fenster:Braunschweig11) Berg-Jülich-Ravensberg12)
Pfalz13)Sizilien-Aragon14)

Kommentar

Die um 1364 geborene Margarethe von Berg, Tochter des Grafen Wilhelm II. von Berg (seit 1380 Herzog Wilhelm I., vor 1348–1408) und seiner Frau Anna von der Pfalz (1346–1415), wurde im Juni 1379 die zweite Gemahlin Herzog Ottos „des Quaden“ von Braunschweig-Göttingen (um 1340–1394); zu diesem vgl. Nr. 21. Nach dem Tod ihres Mannes lebte die verwitwete Herzogin 48 Jahre auf der Burg Hardeg15) und stiftete den Neubau der Kirche (vgl. Nr. 31 u. 33), die sie und ihr Sohn Otto (Cocles) weiter ausstatteten; vgl. auch den Kommentar zu Nr. 20.

Die hölzerne Grabtumba mit ihrer Liegefigur hatte die Herzogin bereits zu Lebzeiten anfertigen lassen; nach ihrem Tod wurde sie neben der Tumba ihres Sohnes im Chor der Kirche aufgestellt.16) Die oberen Wappen im Fenster stehen für den Ehemann und die Herkunftsfamilie der Verstorbenen; in dem auf dem Tumbendeckel angebrachten Allianzwappen waren sie vereinigt. Die beiden unteren Wappen erinnerten an die Mutter Anna von der Pfalz, Tochter des Kurfürsten Ruprecht II. (1325–1398) und dessen Frau Beatrix von Sizilien-Aragon (1326–1365), die Großmutter der Verstorbenen.

Textkritischer Apparat

  1. anno · domini · m ° cccc · xxxxii] A(nno) D(omi)n(i) MCCCCXXXXII Praun; Anno Domini MCCCCXLII Domeier (beide), Halliday; Anno d(omi)ni mccccxlij Steinmann.
  2. illustris · margaretha] Illustris Margaretha Praun; Ottonis Margreta Domeier (beide); Ottonis Margrete Domeier (Topographie); Ottonis Margaretha Halliday, Steinmann.
  3. brunesuicensis] de Brunsv. Praun.
  4. anima · requiescat] Ebenso Domeier (beide), Halliday u. Steinmann.
  5. sancta] fehlt Praun.
  6. A(nn)o D(omini) 1442 (obiit) Illustris Principessa Margret Ducissa Montens(ii) in die sanctorum marchi et uxoris … c(uius) a(nima) r(equiescat) i(n) p(ace) A(men); vor marchi mit dem Zusatz: puto (‚ich glaube‘); Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.

Anmerkungen

  1. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 95. 1861 wurde ein Gipsmodell der Figur angefertigt, das in das Welfenmuseum in Hannover, den Vorläufer des heutigen Landesmuseums, gelangte; vgl. Welfen-Museum, S. 17.
  2. Wappen Ravensberg (fünfmal sparrenförmig geteilt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1.1, Abt. 3, S. 29 u. Tafel 41. Dies ist das einzige Wappen, das von Domeier noch erkannt wurde; vgl. Domeier, Hardegsen, S. 52; Domeier, Topographie, S. 56; danach Halliday, House of Guelph, S. 339.
  3. Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r. Danach die Wappenbeschreibungen in Anm. 10–14.
  4. Halliday, House of Guelph, S. 338f.
  5. Entspricht einer Höhe von ca. 57 cm und einer Länge von ca. 2 m.
  6. Domeier, Hardegsen, S. 52. Vgl. Halliday, House of Guelph, S. 338. 1768 war die Kirche baufällig; das Schiff wurde abgebrochen und neu gebaut, Chor und Kapelle blieben erhalten; vgl. Domeier, Hardegsen, S. 47.
  7. Beschreibung des Grabmals mit Angabe der Farben nach Domeier, Hardegsen, S. 52. Kürzer Domeier, Topographie, S. 56; danach Halliday, House of Guelph, S. 339.
  8. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 95, Anm. 3. Eine gute Lesung danach oder nach dem Original auch bei Praun, Spiegelcabinet, S. 73. J. G. Domeier und seine teilweise von ihm abhängigen Nachfolger lasen nur die in Anm. a–d ausgewiesenen Bruchstücke der Inschrift. Die in Anm. f zitierte Lesung, wohl aus dem 17. Jahrhundert, ist zwar länger, aber sichtlich unzuverlässiger als die von Mithoff benutzte.
  9. 18. Juni.
  10. Allianzwappen Braunschweig/Berg-Ravensberg (quadriert mit Herzschild, 1. u. 4. zwei Löwen [Braunschweig, wie Anm. 11], 2. u. 3. Löwe? [nur angedeutet, aber mit der richtigen Tingierung bezeichnet: Berg], Herzschild sparrenförmig geteilt [Ravensberg], wie Anm. 12). Beschreibung nach Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  11. Wappen Braunschweig (zwei Löwen). Vgl. Veddeler, Leopardenwappen, S. 32f. Ders., Landessymbole, S. 81–83. Beschreibung nach Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  12. Wappen Berg-Jülich-Ravensberg (quadriert mit Herzschild, 1. u. 4. Löwe?, 2. u. 3. Löwe? [nur angedeutet, aber mit der richtigen Tingierung], Herzschild sparrenförmig geteilt); eigentlich: 1. u. 4. roter Löwe mit geteiltem Schwanz auf Silber (Berg), 2. u. 3. schwarzer Löwe mit einfachem Schwanz auf Gold (Jülich); Herzschild fünfmal sparrenförmig geteilt (Ravensberg). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1.1, Abt. 3, S. 32 u. Tafel 44 (Nr. 4), Tafel 45 (Nr. 1 u. 2). Beschreibung nach Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  13. Wappen Pfalz (schräggerautet, eigentlich schräggeweckt). Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, S. 15f. u. Tafel 18. Das Rautenwappen wurde im 14. Jahrhundert von der Pfälzer wie von der bayerischen Linie der Wittelsbacher neben dem eigentlich Pfälzer Löwen verwendet; die gegen Ende des 14. Jahrhunderts eingetretenen Verfestigungen des kurpfälzischen Wappens sind der Margarethe von Berg offenbar nicht mehr zur Kenntnis gekommen. Historisches Lexikon Bayern, s. v. Bayerisches Wappen: www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45123 (16.02.2015). Beschreibung nach Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  14. Wappen Sizilien-Aragon (schräggeviert, oben und unten mehrfach geteilt [eigentlich: vier Pfähle für Aragon], rechts und links Adler [Sizilien]). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, 2. Tl, S. 2 u. Tafel 2. Beschreibung nach Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  15. Urkundlich hat die Herzogin erst 1409 ihr Leibgedinge Münden, Scharfenstein, Dransfeld und Hedemünden gegen Stadt und Amt Hardegsen getauscht; vgl. HStAH Cal. Or. 2, Nr. 4 (1409, 29. Dez.).
  16. Letzner, Hardessische Chronik, fol. 58v.

Nachweise

  1. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 95.
  2. Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 131r.
  3. Domeier, Hardegsen, S. 52.
  4. Praun, Siegelcabinet, S. 73.
  5. Domeier, Topographie, S. 56f.
  6. Halliday, House of Guelph, S. 339 (nach Domeier, Topographie).
  7. Steinmann, Grabstätten (1885), S. 188 (teilweise nach Halliday).
Addenda & Corrigenda (Stand: 24. Mai 2022):

Abbildung 1 ergänzt.

Ein Abzug des (etwa 1725–1727 von Nicolaus Seeländer angefertigten) Kupferstichs, nach dem Mithoff die Inschrift ediert hatte, existiert noch in der GWLB in Hannover: Ms. XXIII, 442, Bl. 1. Die Abbildung nach der originalen Kupferstichplatte im Besitz der GWLB (cup 4060); vgl. Kupferstichplatten in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. Katalog. Bearb. von Reinhardt Oberschelp (Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Schriften 1), Hannover 2005, S. 342f. (K 885) u. 439 (Abb. 79).

Die Edition der Inschrift ist vor allem um die Zeilenwechsel zu ergänzen. Weitere erwähnenswerte Änderungen gegenüber der bisherigen Edition nach Mithoff ergeben sich nur bei der Schreibung von margareta ohne h. In drei Ecken und nach dem Ende der Inschrift Quadrangel mit kreuzförmig angesetzten Zierstrichen, die hier als Kreuze wiedergegeben werden.

  1. + anno · domini · m · cccc · xxxxii + / obiit · illustris · margareta · de · monte · ducissa · brunesuicensis · hic · sepulta · in die · s(an)ct(orum) · / marci · et · marcellini · martyru(m) + / cuius · anima · requiescat · in sancta · pace · amen + · + + +

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 39† (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0003903.