Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 30 Gladebeck, St. Nikolai 2. H. 14. Jh., 1. D. 16. Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, die erneuerte Kuppa innen vergoldet.1) Der runde Fuß mit schmalem Standring und mit von Vierpässen durchbrochener Zarge verjüngt sich zum sechsseitigen Schaft. Auf den hohen Schaftstücken die identisch ausgeführte, parallel übereinander angeordnete, glatt vor vertieftem und schraffiertem Hintergrund gestaltete Inschrift A; links neben dem Schaft des i ein blattförmiger Worttrenner. Zwischen den Schaftstücken der flache, gerippte Nodus. Auf dem Fuß über dem glatt vor schraffiertem Hintergrund eingravierten Weihekreuz (Tatzenkreuz) ein später aufgesetztes, gegossenes Kruzifix mit einem an den Enden aufgerollten Schriftband am Kreuzeshaupt; auf diesem die eingravierte Inschrift B. Vom Schriftband ist links ein Teil mit dem ersten Buchstaben des Titulus abgebrochen, ebenso ein Teil vom durchbrochenen Nimbus des Gekreuzigten.

Maße: H.: 20 cm; Dm.: 14,8–15 cm (Fuß), 10,4–10,5 cm (Kuppa); Bu.: 2,2 cm (A), 0,4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg Lampe) [1/3]

  1. A

    · i h e s v s // · i h e s v s

  2. B

    [I](ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)2)

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift A sind sehr gleichmäßig in einer klassischen Goldschmiedeminuskel ausgeführt, die die Vertikalen betont; Einkerbungen deuten die Erscheinung umgelegter Bänder an. Der Schaft des h ist kaum länger als der schaftförmige Bogen; der Bogen des e ist zu einem ausgeprägten, an den Enden umgebogenen Zierstrich reduziert, der bis zum unteren Schaftende reicht; der Zierstrich am langen s reicht bis zur Mitte des Buchstabens. Das runde Schluss-s wird durch zwei gegenläufige Bögen gebildet, der durchgehende Zierstrich ist an den Enden ebenfalls umgebogen. Inschrift B ist in einer Kapitalis mit keilförmig verbreiterten Schaftenden gestaltet; die Cauda des R ist geschwungen.

Der Kelch vereint die ältere, bis ins 13. Jahrhundert zurückweisende Form eines gerippten Nodus ohne Rotuli mit der jüngeren Form des sechsseitigen Schaftes über einem runden Fuß. Die Verwendung der Goldschmiedeminuskel weist auf eine Entstehung des Kelches im späten 14. oder zu Anfang des 15. Jahrhunderts hin. Das Kruzifix wird angesichts der im Titulus verwendeten Kapitalis in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts aufgesetzt worden sein.

Anmerkungen

  1. Mithoff weist 1873 in Gladebeck einen „hübsch gearbeiteten, jedoch nicht alten Kelch“ nach; Mithoff, Kdm. Calenberg, S. 65. Vgl. aber auch Nr. 26. Der Kelch wird (ohne Inschrift) erwähnt bei Lücke, Gladebeck, S. 31.
  2. Io. 19,19.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 30 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0003009.