Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 96: Lkr. Northeim (2016)
Nr. 10 Bad Gandersheim, Rathausturm 2. H. 13. Jh.
Beschreibung
Glocke. Bronze. Die erhaben gegossene, aus Wachsfäden geformte Inschrift unterhalb der Schulter zwischen Schnurstegen. Steinacker zufolge wurde die Glocke im Dreißigjährigen Krieg aus der Georgskirche in den Turm der früheren Moritzkirche gebracht, die nach dem Stadtbrand von 1580 in das erweiterte Rathaus integriert worden war.1)
Maße: H.: 91 cm; Dm.: 101 cm; Bu.: 3 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
+ Αa) · ET · ωb)2) · NOMINE · Q(V)Oc) · (CHRISTE)d) · MALA · PR(E)M(E)e) ·
Übersetzung:
Alpha und Omega (Anfang und Ende). In diesem Namen (d. h. Gottes) halte (Du), Christus, die Übel nieder.
Textkritischer Apparat
- Über dem Deckbalken des A ein kleines Kreuz.
- Minuskel-ω, der mittlere Schaft in ein Kreuz auslaufend.
- Das O kleiner und hochgestellt.
- Befund: XPE mit Kürzungsstrich durch den Schaft des P; XPA Pfeifer.
- PR(E)M(E)] PRON Pfeifer; ON verlesen aus dem links geschlossenen, unzialen M.
Anmerkungen
- Kdm. Kreis Gandersheim, S. 213.
- Apc. 1,8; 21,6; 22,13.
- Vgl. Walter, Glockenkunde, bes. S. 186f.
Nachweise
- Pfeifer, Kirchenglocken (1901), S. 114 mit Abb. 7 u. 8.
- Kdm. Kreis Gandersheim, S. 213.
Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 10 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0001005.
Kommentar
Die Schaftenden weisen keilförmige Verbreiterungen auf, die besonders ausgeprägt beim kapitalen N sind; das unziale E ist abgeschlossen. Kapitales und rundes N wechseln sich ab, das unziale M ist links geschlossen; das flachgedeckte A mit rechtsschrägem Mittelbalken ist einmal mit geschwungenem linken Schaft ausgeführt (erstes A in MALA). Der geschwungene Schaft, die Bögen von rundem N und M sowie O und Q sind mit Bogenschwellungen mit gerader Innenkontur versehen; die am Ende keilförmig verbreiterte Cauda des Q ist waagerecht nach rechts angesetzt. Der Rechtsschrägschaft des X ist geschwungen, der Linksschrägschaft gerade, der Balken des L ist leicht hochgebogen. Die frühe gotische Majuskel mit kapitalen Formen dürfte in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zu setzen sein.
Die am Anfang der Inschrift stehende Formel aus der Offenbarung des Johannes findet sich seit dem Ende des 12. Jahrhundert auf zahlreichen Glocken; sie besaß eine Weihe- und Schutzfunktion, vgl. den Kommentar zu Nr. 4. Die Schutzfunktion findet ihren Ausdruck auch in der weiteren, in ihrem Wortlaut sonst nicht belegten Glockeninschrift, die dem verbreiteten Typus von Inschriften entspricht, die den Glocken apotropäische (schadensabwehrende) Kraft zusprechen;3) vgl. auch Nr. 13.