Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

G1, Nr. 64a Bad Gandersheim, Stiftskirche 1693

Beschreibung

Sarg für Äbtissin Christine II., Prinzessin von Mecklenburg-Schwerin. Kupfer. Der Sarg befindet sich in der Gruft unterhalb des für Christine und ihre Schwester Marie Elisabeth gestifteten Epitaphs (Nr. G62). Die Kopfseite zeigt das Mecklenburgische Wappen, die Fußseite das Braunschweigische Wappen und die Jahreszahl (A). An den Seiten des Sargdeckels Buckelschilde mit den Inschriften B: B1–B4 vom Kopfende aus gesehen rechts; B5–B8 links. Auf dem Sargdeckel die Inschrift C, der Name der Verstorbenen ist durch größere Buchstaben hervorgehoben. Die Inschriften sind mit heller Farbe auf dunklen Grund gemalt. In den Inschriften B sind einzelne Vokale mit zwei übergeschriebenen Punkten bzw. Strichen bezeichnet, einzelne u mit diakritischen Zeichen. Sie werden in der Edition beibehalten, auch wenn nicht in jedem Fall sicher zu klären ist, ob sie nicht, wie häufig bei gemalten Inschriften, auf einer Restaurierung beruhen.

Maße: H.: 126 cm (Kopfseite), 113 cm (Fußseite); L.: 214 cm; B.: 96–112 cm; Bu.: 5 cm (A), 2,5–3 cm (B), 2–3,5 cm (C).

Schriftart(en): Fraktur (B), Kapitalis mit Versalien (C).

  1. A

    1693

  2. B1

    Jch weiß daß mein Er=/löser Lebet, und er wird / mich hernach auß der / Erden auf erwecken / Job 191)

  3. B2

    Daß looß ist mier / gefallen aufss Leibliche2), mir ist ein schön Erbtheil / worden. psalm. 16.3)

  4. B3

    Herr Wen ich nur / dich habe, so frage ich nichts / nach Himmel ùnd Erden. / psalm. 734)

  5. B4

    wir haben hier keine / bleiben stätt, sondern die / zùkünfftigen sùchen wir / Ebr. 13.5)

  6. B5

    Jch weiß an welchen ich / Glaübe, únd bin gewiß daß er / kan mier meine beylage6) bewa/ren biß an Jenem Tag / 2. thim: 1. v. 127)

  7. B6

    Jch Liege ùnd / Schlaffe gantz mit / Frieden, den dù Herr / allein hilffest mier daß ich / sicher wohne psal: /4. v. 98)

  8. B7

    Jch habe einen gùten / kampff Gekämpffet ich / habe den Laùff Vollendet / 2. thim. 4. v. 7.9)

  9. B8

    Jch wil schaùen dein / Antlitz in gerechtigkeit ich / will satt werden, wen ich erwache nach deinen bilde / psal: 17. v. 15.10)

  10. C

    DIE HOCHWÜRDIGSTE / DURCHLEUCHTIGSTE / FÜRSTIN. UND / FRAU. FRAU. / CHRISTINAa) / DIESES KAYSER(LICH) FREIEN / WELT(LICHEN) STIFTS GANDERS/HEIM ABBATISSIN / HERTZOGIN. ZU MECKE=/LENBURG, FURSTIN. ZU / WENDEN. SWERIN UND RATZEBURG. AUCH / GRÄFFIN. ZU SWERIN. / DER LANDE ROSTOCK. / UND STARGART FRAU, / IST GEBOHREN ZU / SWERIN. A(NN)O M. Db) C. / XXXIX AUG(USTI) VIII: / UND SEELIG GESTOR=/BEN. ZU GANDERS-/HEIM. A(NN)Oc) M. Dd) C. / XCIII. IUNII. XXX. / DIESES STIFTS / GEWESEN CANONIS/SIN. FAST IV. MONAT. / DECANISSIN XVI. IAHR. / ALS ABBATISSIN. REGI/RET. XII. IAHR.

Wappen:
Mecklenburg,11) Braunschweig-Lüneburg12)

Kommentar

Der hier als ß wiedergegebene Buchstabe besteht aus einem Schaft-s und einem hochgestellten, verhältnismäßig kleinen z.

Das auf dem Sarg angebrachte Inschriftenprogramm entspricht in seiner Anordnung dem Typus des evangelischen Fürstensarges, hier allerdings in einer eher schlichten Ausführung. Typisch für diese Särge sind die Wappen an den Kopf- und Fußenden, die biographischen Angaben auf dem Deckel und die meist zahlreichen nach der Luther-Übersetzung zitierten Bibelverse mit Stellenangabe auf den Seiten des Deckels.13)

Biographisches zu Christine von Mecklenburg-Schwerin s. im Kommentar zu Nr. G62. Zu ergänzen ist ihre Amtszeit als Dekanin, die in Inschrift C mit 16 Jahren Dauer angegeben wird: Sie begann 1665 und endete 1681 mit der Übernahme des Amts der Äbtissin.14)

Textkritischer Apparat

  1. CHRISTINA] In Versal-Buchstaben hervorgehoben.
  2. M. D] Neulateinische Zahlzeichen.
  3. A(NN)O] O kleiner und mit darübergesetztem Kürzungsstrich.
  4. M. D] Neulateinische Zahlzeichen.

Anmerkungen

  1. Hi. 19,25.
  2. ‚liebliche‘.
  3. Ps. 16,6.
  4. Ps. 73,25.
  5. Heb. 13,14.
  6. Gemeint ist: ‚das, was mir beigelegt ist‘ bzw. ‚das mir anvertraute Gut‘.
  7. 2 Ti. 1,12.
  8. Ps. 4,9.
  9. 2 Ti. 4,7.
  10. Ps. 17,15.
  11. Wappen Mecklenburg (sechsfeldrig mit Herzschild). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, 1. Abt. Teil 2, Tafel 108, Abb. 2. In Abweichung zu der Wiedergabe bei Siebmacher zeigt das Feld 3 (Fürstentum Schwerin: geteilter Schild, oben Greif, unten leer) einen Greifen im ungeteilten Schild.
  12. Wappen Braunschweig-Lüneburg (zwölffeldrig). Vgl. Veddeler, Landessymbole, S. 79–98, hier S. 87 (Abb.). Das auf dem Sarg ausgeführte Wappen weist bei den Wappenbildern der Einzelterritorien zahlreiche Fehler auf: So sind z. B. die steigenden Löwen der Felder 4, 5 und 6 als schreitende Löwen ausgeführt.
  13. Vgl. z. B. die Särge in der herzoglichen Gruft der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel, beschrieben von Mechthild Wiswe, Die Särge im jüngeren herzoglichen Grabgewölbe der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis. In: Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel, hg. von Hans Herbert Möller, Hannover 1987, S. 193–212.
  14. Goetting, Kanonissenstift Gandersheim, S. 352.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 159f.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, G1, Nr. 64a (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017g10064a4.